- Arbeitsfelder
- Themen
- Energieberatung
- Förderprogramme
- Gesetze + Normen
- Aus der Praxis
- Aktuelles
- Veranstaltungen
- Über uns
Die Landeshauptstadt Hannover hat im Dezember 2023 – also bereits vor dem Inkrafttreten gesetzlicher Pflichten – ihre Wärmeplanung an das Land Niedersachsen übermittelt und geht damit im Kontext der Wärmewende mit gutem Beispiel voran. In diesem Artikel werden die Pläne der Landeshauptstadt näher vorgestellt und auf „Lessons learned“ eingegangen, die auch für andere niedersächsische Kommunen relevant sind.
„Die Wärmeplanung der Landeshauptstadt Hannover zeigt eine Strategie, wie die Umstellung auf eine treibhausgasneutrale Wärmeversorgung gelingen kann. Unser Vorschlag weist Gebiete aus, die sich besonders zur Fern- und Nahwärmeversorgung und für die Beheizung einzelner Gebäude vornehmlich mittels Wärmepumpen eignen“, so kommentiert die Wirtschafts- und Umweltdezernentin Anja Ritschel den Wärmeplan der Landeshauptstadt Hannover, der im Dezember an das Land Niedersachsen übermittelt wurde. Ein entsprechendes Kartenwerk ist in enger Zusammenarbeit mit dem lokalen Energiedienstleister enercity erstellt worden und im Internet einsehbar. Die zentralen Ergebnisse sind im Erläuterungsbericht zusammengefasst.
Die Ergebnisse im Überblick
Rolle von Wärme- und Wasserstoffnetzen: Die Fernwärme soll in Hannover ca. 2/3 des Wärmebedarfs decken und eine zentrale Rolle in der Wärmewende einnehmen. Andererseits heißt dies aber auch, dass ein erheblicher Anteil der Wärme (gut 1/3) dezentral und in erster Linie mit Wärmepumpen erzeugt werden soll. Wasserstoff spielt in den Planungen trotz der günstigen Lage Hannovers in der Nähe des geplanten Wasserstoffkernnetzes keine Rolle. Gründe sind die absehbar geringe Verfügbarkeit und die voraussichtlich hohen Preise des Einsatzes von Wasserstoff. Lediglich der Anschluss bestehender Kraft- und Heizwerke an das Wasserstoffkernnetz ist zur Abdeckung winterlicher Lastspitzen angemeldet.
Verfügbare Wärmequellen: Insbesondere Umweltwärme und andere niedertemperierte Wärmequellen werden laut Planungen eine herausragende Rolle für die Wärmeversorgung einnehmen. So übersteigen allein die Potenziale für die Nutzung von Luft- und Erd-Wärmepumpen deutlich den heutigen Wärmebedarf in der Landeshauptstadt. Hinzu kommen weitere Niedertemperatur-Potenziale aus industriellen Abwässern, der Kanalisation oder Fließgewässern (wie der Leine).
Abnahme des Wärmebedarfs: Eine wichtige Rolle spielt in den Planungen auch die Abnahme des Wärmebedarfs. Durch Wärmeeinsparmaßnahmen soll der Wärmebedarf bis zum Jahr 2045 um ca. 40% abnehmen. Neben Sanierungstätigkeiten tragen auch Betriebsoptimierungen zur Wärmeeinsparung bei und unterstützen die Erschließung niedertemperierter Wärmequellen sowohl für die zentrale als auch die dezentrale Wärmeversorgung.
Wärmeprognose 2045 und verfügbare erneuerbare und Abwärme-Potenziale für die Landeshauptstadt Hannover. Bildquelle: Landeshauptstadt Hannover
In Summe ergibt die Kommunale Wärmeplanung der Landeshauptstadt eine schlüssige Wärmewendestrategie. Aber was können Kommunen aus den Ergebnissen der Landeshauptstadt lernen?
Die Einordnung für Niedersachsen
Als eines der wenigen großen Ballungszentren Niedersachsens nimmt die Landeshauptstadt Hannover eine Sonderrolle im Hinblick auf die Wärmeplanung ein. Die Ergebnisse lassen aber durchaus einige Rückschlüsse für Niedersachsen und seine eher ländlich geprägten Kommunen zu. So ist davon auszugehen, dass – anders als in Hannover – in weniger „fernwärmetauglichen“ (weil weniger verdichteten) Gemeinden dezentrale Lösungen vorherrschen werden und Fernwärme nur punktuell zur Wärmewende beitragen kann. Ein ähnliches Bild sollte sich auch für die Nutzung von Wasserstoff ergeben, wenn man fernab des Wasserstoffkernnetzes die Wärmewende vorantreiben möchte.
Darüber hinaus zeichnet die Wärmeplanung der Landeshauptstadt ein klares und übertragbares Bild mit Blick auf mögliche nachhaltige Wärmepotenziale. So finden sich selbst unter den vergleichsweise guten Rahmenbedingungen des urbanen Raums kaum Wärmepotenziale aus (industrieller) Abwärme, Kanalisationsabwässern etc. Andererseits bieten die Luft- und Erdwärmenutzung selbst bei den widrigen Bedingungen des hochverdichteten Raums in Hannover sehr große Umweltwärmepotenziale. Dieses Bild dürfte in ländlich geprägten Gebieten noch stärker in Richtung der Umweltwärmepotenziale ausschlagen.
Dezentrale Lösungen - und speziell die Wärmepumpe - spielen bei der Umsetzung der Wärmewende in Niedersachsen eine zentrale Rolle. Bildquelle: Stefan Koch
Damit Umweltwärmepotenziale in vornehmlich dezentral versorgten Gebieten effizient und kostengünstig nutzbar sind, bedarf es vorbereitender Maßnahmen im Gebäudebestand. Der Fokus muss dabei auf allen Möglichkeiten zur Absenkung der Temperaturanforderungen bei den Abnehmern liegen, also sowohl auf Dämmmaßnahmen als auch auf kostengünstigen Verbesserungen des Anlagenbetriebs und der Anlagentechnik (vergrößerte Heizflächen, hydraulischer Abgleich etc.). Angesichts der komplexen Wechselwirkungen zwischen Effizienzmaßnahmen und der Nutzbarkeit nachhaltiger Wärmepotenziale ist absehbar, dass in ländlichen Kommunen ein erheblicher Informations-, Beratungs- und Vernetzungsbedarf besteht.
Lessons Learned und Ausblick
Ungeachtet der Einreichung der Wärmeplanung beim Niedersächsischen Umweltministerium laufen in Hannover derzeit verschiedene Beteiligungsformate. BürgerInnen, Unternehmen, Wärmeversorgungsunternehmen, Gewerbebetriebe mit Abwärme-Angeboten und weitere Akteure sind aufgerufen, Stellungnahmen zur Wärmeplanung einzubringen. Außerdem fand am 19.01.2024 eine Anhörung von Verbands- und Interessenvertretungen relevanter Akteursgruppen statt.
„Die Wärmeplanung Hannover entwickelt sich zur Mitmachaktion. Es sind bereits über 60 Stellungnahmen eingegangen, die uns viele konstruktive Hinweise zur Weiterentwicklung liefern.“, stellt Anja Ritschel fest und ergänzt „Aus den Anregungen der Beteiligung werden wir die geplanten Umsetzungsmaßnahmen konkretisieren“. Die öffentliche Beteiligung läuft noch bis zum 29.02.2024. Anschließend wird die Stadtverwaltung alle Anregungen prüfen und eine Drucksache zum Wärmeplan Hannover vorlegen.
Zusammenfassend darf man gespannt bleiben, wie sich die Wärmeplanung in der Landeshauptstadt weiterentwickelt und welche Beschlüsse die zuständigen Ratsgremien zur weiteren Umsetzung der Wärmewende fassen.
Die Kommunale Wärmeplanung als wichtiges Instrument zur Umsetzung der Wärmewende. Bildquelle: Shutterstock_1951391308
Hintergrund
Das Niedersächsische Klimagesetz verpflichtet niedersächsische Mittel- und Oberzentren zur Durchführung einer Kommunalen Wärmeplanung. Auf Basis dieser (und nur auf Basis dieser) Rechtsgrundlage sind seit dem 01.01.2024 insgesamt 95 Kommunen zur Durchführung einer Wärmeplanung verpflichtet. Im Einzelnen müssen Sie eine Bestands- und Potenzialanalyse durchführen, um darauf aufbauend Szenarien zur Transformation der Wärmeversorgung zu entwickeln sowie Handlungsstrategien und Maßnahmen zur Umsetzung der Wärmewende zu benennen. Regelungen des Bundesgesetzes zur Wärmeplanung sind hierfür hingegen nicht rechtlich verpflichtend, da diese erst in geltendes Landesrecht überführt werden müssen.
Dr. Georg K. Schuchardt
0511 89 70 39-26
georgkonrad.schuchardt [at] klimaschutz-niedersachsen.de