- Arbeitsfelder
- Themen
- Energieberatung
- Förderprogramme
- Gesetze + Normen
- Aus der Praxis
- Aktuelles
- Veranstaltungen
- Über uns
In der vergangenen Woche wurden knapp 1,3 Milliarden Euro Fördergelder an insgesamt 10 Wasserstoff-Großprojekte aus Niedersachsen vergeben. Hiermit sollen insbesondere Infrastrukturprojekte gefördert werden, die den Wasserstoff-Hochlauf ermöglichen. Doch welchen Beitrag kann Wasserstoff für die Energiewende leisten? In welchen Bereichen sollte der knappe Energieträger eingesetzt werden und welche Rolle spielt Niedersachsen beim Wasserstoff-Hochlauf? Wir haben es in einem Artikel zusammengefasst.
In der vergangenen Woche war es so weit: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck übergab zusammen mit dem Niedersächsischen Energieminister Christian Meyer in Berlin eine gemeinsame Bund-Länder-Förderung für zehn niedersächsische „IPCEI“-Projekte (Import Projects of Common European Interest) – im Umfang von insgesamt 1,28 Milliarden Euro. Das Land Niedersachsen beteiligt sich daran mit 384 Millionen Euro. Mit dem Geld werden insbesondere Infrastruktur-Projekte in Niedersachsen gefördert, welche die Grundlage für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft bieten sollen. Zu den geförderten Projekten zählen daher neben Projekten zur großtechnischen Erzeugung von grünem Wasserstoff auch Vorhaben zum Transport und zur Speicherung von Wasserstoff.
Die Förderbescheidübergabe durch Robert Habeck und Christian Meyer in Berlin. Bildquelle: BMWK
Niedersachsen als „Wasserstoff-Drehscheibe“
Niedersachsen ist mit seinen natürlichen und infrastrukturellen Bedingungen besonders geeignet, zur „Wasserstoff-Drehscheibe“ zu werden. So gibt es in Niedersachsen Salzkavernen, die zur Wasserstoff-Speicherung im Großmaßstab geeignet sind, sowie Häfen, die den Import von grünen Gasen ermöglichen. Darüber hinaus gibt es bereits eine gut ausgebaute Gas-Infrastruktur, die im Rahmen der Planungen zum Wasserstoff-Kernnetz teils umgerüstet werden soll – und ein hohes Angebot an Erneuerbaren Energien.
Wo soll der grüne Wasserstoff eingesetzt werden?
Doch wo soll der grüne Wasserstoff künftig zum Einsatz kommen? Aufgrund der Energieverluste bei der Wasserstoff-Produktion (in Form von Wärme) gilt im Kontext der Energiewende: Elektrifizieren, wo immer dies möglich ist! Der Einsatz von Wasserstoff im Individualverkehr, oder auch als Brennstoff für die dezentrale Wärmeerzeugung im Gebäude ist daher mit Skepsis zu sehen – auch vor dem Hintergrund von Unsicherheiten hinsichtlich der Verfügbarkeit und Preisgestaltung des Wasserstoffs. Ähnliche Skepsis hatte zuletzt ein Rechtsgutachten der Umweltrechtskanzlei Günther hinsichtlich der Einbindung von Wasserstoff in die kommunale Wärmeplanung formuliert (zu dem Rechtsgutachten ist eine Info-Veranstaltung im September geplant – beachten Sie hierzu unsere Webseite oder unseren Newsletter). Einen Überblick zu der Rolle von Wasserstoff in der Wärmewende gibt am 10. September auch KEAN-Mitarbeiter Dr. Alexander Bedrunka während des diesjährigen Leuphana Energieforums in Lüneburg.
Sinnvoll ist der Einsatz von Wasserstoff also insbesondere dort, wo eine Elektrifizierung nicht oder nur sehr schwer möglich ist. Hier ist insbesondere die Industrie zu nennen, so z.B. die Stahlindustrie oder die Chemieindustrie, die viele Prozesse nur schwerlich oder gar nicht elektrifizieren kann. Da in diesen Industriesparten ein erheblicher Teil der deutschen Emissionen ausgestoßen wird, ist die Verwendung von grünem Wasserstoff hier überaus sinnvoll. Im Verkehrssektor wird die Anwendung von Wasserstoff – direkt oder indirekt in Form von synthetischen Kraftstoffen – insbesondere eine Rolle im Schiffs- und Flugverkehr spielen.
Wichtige Rolle im Energiesystem der Zukunft
Eine weitere zentrale Funktion kommt dem grünen Wasserstoff im Kontext der Flexibilisierung unseres Energiesystems zu. So können Wasserstoff-Kraftwerke in Zukunft sukzessive Gas-Kraftwerke ersetzen, die in Zeiten eines geringeren Angebots an erneuerbaren Energien zur zuverlässigen Stromversorgung beitragen. Hierzu hat die Bundesregierung Anfang Juli 2024 die Kraftwerksstrategie veröffentlicht, welche u.a. die Errichtung neuer H2-ready-Gaskraftwerke mit einer Kapazität von 5 Gigawatt sowie 500 Megawatt reiner Wasserstoffkraftwerke vorsieht. Die ersten Ausschreibungen sollen bereits Ende 2024 / Anfang 2025 erfolgen. Mehr dazu hier.
Trotz zahlreicher H2-Projekte: Wasserstoff-Importe nötig
Hier schließt sich der Kreis: Denn um über genügend grünen Wasserstoff für H2-Kraftwerke, Stahlindustrie und Co. zu verfügen, ist Deutschland auf eine gute Wasserstoff-Infrastruktur mit Speichern, Transportnetzen und nicht zuletzt Import-Möglichkeiten angewiesen.
So werden speziell in Niedersachsen zwar bereits große Wasserstoff-Erzeugungskapazitäten aufgebaut, wie Niedersachsens Wasserstoff-Karte zeigt (hier sind auch Wasserstoff-Leitungen, Elektrolyse-Kapazitäten und weitere H2-Projekte verzeichnet). Trotz alledem wird der deutsche Wasserstoff-Bedarf in Zukunft nicht durch Eigenerzeugung zu decken sein. So geht die am heutigen Mittwoch vorgelegte Importstrategie der Bundesregierung im Jahr 2030 für Deutschland von einem Bedarf an Wasserstoff und Derivaten in Höhe von 95-130 TWh aus – bei einem Importanteil von 50-70 %.
Wasserstoff-Importe werden daher für Niedersachsen, aber auch für ganz Deutschland eine wichtige Rolle spielen. Aus diesem Grund wurden in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche Abkommen und Absichtserklärungen abgeschlossen (z.B. mit Namibia, Norwegen, Ägypten u.A.), die den Wasserstoff-Transport nach Deutschland fördern sollen. Niedersachsen spielt hierbei als Küstenland eine entscheidende Rolle – die mit der Förderung des Bundes und des Landes nun weiter untermauert wurde.
Dr. Alexander Bedrunka
0511 89 70 39-18
alexander.bedrunka [at] klimaschutz-niedersachsen.de