Schülerinnen der IGS Friesland-Nord im Interview

Ein aktueller Blick der jungen Generation auf den Klimaschutz und die Transformation

Um auch Grundschulkinder für die Bedeutung des Klimaschutzes zu sensibilisieren, haben Abiturientinnen der IGS Friesland-Nord in Schortens ein Buch für Sechs- bis Zehnjährige verfasst. Die KEAN und die Niedersachsen Allianz für Nachhaltigkeit haben mit den Schülerinnen gesprochen und wollten wissen, was junge Menschen bewegt und was sie von der Politik erwarten – aber auch, wie sie mit Kritik umgehen. Denn eines ist klar: Mehr denn je benötigt der Klimaschutz die junge Generation, die sich mit anderen, neuen Ideen engagiert.

Die junge Generation, die heutigen Schülerinnen und Schüler, Azubis und Studierenden, ist für das Thema Klimaschutz in hohem Maße sensibilisiert und hat zu Recht klare Vorstellungen davon, wie Gesellschaft und Politik auf die Herausforderungen des Klimawandels zu reagieren hat - oder besser noch, zu agieren hat.

Denn klar ist, dass in nahezu allen Bereichen des alltäglichen und wirtschaftlichen Handelns ein Umdenken und eine Transformation zu mehr Klimaneutralität stattfinden muss. 

Dazu führten wir Ende November 2021 ein Interview mit den fünf Autorinnen des Buches „Die Klimadedektive". Helena, Geesa, Jule, Lena und Rike sind Schülerinnen des 13. Jahrganges der IGS-Friesland Nord in Schortens und haben in ihrem Seminarfach das Buch für Sechs- bis Zehnjährige geschrieben und auch selbst illustriert.

Das Buch "Die Klimadetektive" wurde für Sechs- bis Zehnjährige Kinder erstellt. 

© IGS-Friesland-Nord, illustriert von Jule P.

 

KEAN/ NAN: Wie seid ihr auf die Idee gekommen, ein Klima-Handbuch für Sechs- bis Zehnjährige zu machen?

- Klimawandel und Klimaschutz sind im Moment ja in aller Munde und vor allem bei jungen Menschen wird das Interesse an diesen Themen immer größer. Der Klimawandel soll kein Tabuthema für kleinere Kinder sein, so wie wir es früher wahrgenommen haben: Wir haben als Kinder zwar gelernt, dass wir bestimmte Sachen tun oder lassen sollten, aber uns wurde nicht so genau erklärt warum. Da wollten wir mit unserem Buch für mehr Aufklärung bei den Jüngeren sorgen.

- Uns war es deshalb wichtig, bereits bei den Kleinen anzufangen. Wer z.B. bereits als Kind für das Thema Mülltrennung sensibilisiert wird, wächst deutlich bewusster auf und wird sich auch als Erwachsener umweltfreundlicher verhalten.

Welche Bedeutung hat das Thema Klimaschutz für euch im Privatleben und in eurem schulischen, aber auch im beruflichen Umfeld, das ihr wählen möchtet?

- Natürlich beschäftigt uns das Thema auch ganz privat, wenn wir über unsere eigene Zukunft nachdenken. Dann macht man sich auch schon Gedanken, was wir selber tun können – wie und wo wir aktiv werden können.

- In der Schule war das Thema zwar schon früh indirekt präsent, wenn wir zum Beispiel das Licht ausmachen oder das Fenster schließen sollten – aber es wurde nicht erklärt, warum wir das tun sollten. Tiefergehend wurde das Thema Klimawandel nur im Wahlfach Erdkunde thematisiert. Dennoch haben wir die Entwicklungen natürlich verfolgt und mit dem Alter wuchsen dann auch die Sorgen.

- In Hinsicht auf die berufliche Zukunft ist uns natürlich klar, dass viele Berufsfelder unter dem Klimawandel leiden werden. Aber auch, dass es viele Möglichkeiten gibt, sich im Beruf für mehr Klimaschutz zu engagieren. Z.B. im Lehramt, wo man mit Schülerinnen und Schülern innerhalb der Lerninhalte über das Thema spricht, oder auch als Ernährungsberaterin, wo man über eine gesunde, nachhaltige Ernährung mit bio-regional-saisonalen Lebensmitteln informiert.

Was denkt ihr, kann und sollte jede/r Einzelne für mehr Klimaschutz tun? Wo seht ihr die „Big Points", also die größten Stellschrauben, die wir als Erste angehen sollten?

- Ein großes Thema bei uns auf dem Land ist die Mobilität. Im ländlichen Raum mit langen Anfahrtswegen müssen öffentliche Verkehrsmittel wie Bus und Bahn attraktiver und auch günstiger gemacht werden. Auch die Schulbus-Taktung müsste erhöht werden, damit der Weg zur Schule nicht zum Abenteuer wird. Elterntaxis sind im Schulalltag ebenfalls ein permanentes Thema. Dort könnte man mit seinen Kindern – womöglich – auch zur Schule laufen, was Staus verringert und gesünder ist. Als Teenager können wir aber natürlich auch selbst etwas tun, indem wir nicht den Roller zur Schule nehmen, sondern für kurze Wege das Rad nehmen oder laufen.

- Ein weiterer wichtiger Bereich ist für mich die Ernährung. Hier hat jede/r Einzelne einen großen Hebel, indem man weniger Fleisch isst, da die Fleischproduktion sehr schlecht für das Klima ist. Man muss ja nicht gleich zum „Veggie" werden, aber vielleicht zum „Flexitarier". Zudem sollte man regionale Lebensmittel kaufen.

- Beim Einkaufen kann man dann zum Beispiel auch den eigenen Stoffbeutel mitbringen und dann nachhaltigere Produkte kaufen, wie z.B. Bioprodukte. Außerdem sollten wir die Verschwendung reduzieren. Insbesondere beim Thema Kleidung sollten wir höherwertige Produkte kaufen, aber dafür weniger häufig.

- Und was die Fridays-for-Future-Bewegung gezeigt hat: Es lohnt sich, sich politisch zu engagieren.

Zum Thema Politik und Klimaschutz kommen wir gleich noch einmal. Wir hören bei euch raus, dass ihr euch bereits in der Klima-Bewegung engagiert. Habt ihr dabei Erfahrungen mit Klima-Leugnern und -Skeptikern gemacht? Wie seid ihr damit umgegangen?

- Ich glaube viele junge Menschen wurden schon mal von Älteren für ihr Klimaschutz-Engagement belächelt. Aber: Wir sind die Zukunft! Denn als heute junge Menschen werden wir vom Klimawandel am stärksten betroffen sein. Deshalb haben wir auch das Recht, uns zu diesem Thema zu äußern und aktiveres Handeln zu fordern.

- Außerdem ist politisches Engagement doch etwas Gutes! Lange wurde jungen Leuten ja vorgeworfen, zu wenig Engagement zu zeigen, deshalb sollte man nun eigentlich froh sein, dass sich junge Leute für ihre Überzeugungen einsetzen.

- Häufig wird ja Kritik an widersprüchlichen Dingen geäußert, wenn z.B. jemand mit dem Auto zur Klima-Demo fährt. Das ist dann erstmal auch in Ordnung – dadurch wird aber die Sache, für die man sich einsetzt, nicht weniger wichtig. Daher lassen wir uns von solcher Kritik auch nicht verunsichern.

- Ich habe häufig auch das Gefühl, dass ältere Menschen, die unser Engagement belächeln, nur ihr eigenes Verhalten nicht hinterfragen oder ändern möchten.

Was wünscht ihr euch von der Politik? Wie und wobei könnten wir euch unterstützen?

- Wir haben häufig das Gefühl, von der Politik belächelt zu werden. Dabei sollte die Jugend und junge Menschen aktiver einbezogen und die Meinungen wertgeschätzt werden.

- Man sollte unsere Wünsche ernst nehmen! Sonst besteht die Gefahr, dass junge Menschen die politische Motivation verlieren und auch keinen Sinn mehr darin sehen, wählen zu gehen. Die häufig verallgemeinernde Kritik an Fridays-for-Future kann schon frustrierend sein, wir wollen aber, dass unsere Stimmen gehört und unsere Zukunftssorgen ernst genommen werden.

- Zudem würde ich mir wünschen, dass das Wahlalter auf 16 gesenkt wird, damit auch wir als Teil der Gesellschaft unsere Stimme abgeben können.

In Niedersachsen ist ja zumindest bei Kommunalwahlen das Wahlalter bereits auf 16 Jahre gesenkt worden. Auf Bundesebene steht es im Koalitionsvertrag der neuen Regierung – die Chancen stehen damit ganz gut. Aber noch zu einem anderen Thema: Welchen Beitrag zum Klimaschutz können eurer Meinung nach Unternehmen leisten, um den Klimawandel abzumildern?

- Die Industrie gehört zu den Hauptverursachern des Klimawandels, deshalb muss dort Bewegung rein. Der wichtigste Schritt ist dabei doch offensichtlich die Umstellung auf erneuerbare Energien.

- Größere, aber auch kleinere Unternehmen sollten sich meiner Meinung nach aktiver für den Klimaschutz einsetzen. Das sorgt dann wiederum für mehr Aufmerksamkeit für das Thema und ist auch positiv für das Image des Unternehmens.

- Ich denke, Unternehmen sollten auch selbst ein Interesse an mehr Nachhaltigkeit haben, denn immer mehr Kundinnen und Kunden wünschen sich nachhaltige Produkte.

Schildert uns eure Version von der „Welt von morgen" – was wünscht ihr euch für die Zukunft? Wie könnte euer Beitrag dazu aussehen? Womit würdet ihr anfangen?

- Oberstes Ziel muss es natürlich sein, den Klimawandel so gut es geht zu begrenzen. Dafür kann jeder etwas tun. Im besten Fall wird in Zukunft bei der Bevölkerung ein stärkeres Bewusstsein für den Klimaschutz herrschen. Wir müssen weniger, aber besser konsumieren und mit unserem Verhalten zu mehr Nachhaltigkeit beitragen. Dafür müssen in der „Welt von morgen" nachhaltige Produkte aber auch günstiger werden. Ich glaube, wenn immer mehr Menschen diese Produkte kaufen, wird dies auch der Fall.

- Ich denke, dass die junge Generation in Zukunft viel bewegen wird – wenn ihr denn zugehört wird. Junge Menschen setzen sich aktiv ein, sind interessiert und gehören in den nächsten 10 bis 20 Jahren zu den EntscheiderInnen. Daher bin ich zuversichtlich, dass sich in den nächsten Jahren vieles in die richtige Richtung bewegen wird. Aber es ist Eile geboten.

- Unsere Generation hat in der Regel auch keine Probleme damit, wenn uns Klimaschutz-Maßnahmen unmittelbar betreffen. Windräder zum Beispiel stören uns hier in Friesland nicht, da wir damit aufgewachsen sind. Und wir wissen, dass sie für die Energiewende notwendig sind. Die meisten von uns würden sich auch selbst gerne mit Strom aus einer PV-Anlage versorgen oder ein E-Bike nutzen statt das Auto, um so einen eigenen Beitrag zu leisten.

Möchtet ihr an der „großen Transformation" von Wirtschaft und Gesellschaft mitwirken? Welche Berufsperspektiven seht ihr für euch, um einen aktiven Part zu übernehmen?

- Es gibt natürlich viele Möglichkeiten, sich für die Transformation der Gesellschaft einzusetzen. Zwei von uns überlegen, Lehramt zu studieren, um Schülerinnen und Schüler z. B. im Erdkunde- oder Physikunterricht über die Zusammenhänge aufzuklären und mit dem erlernten Wissen zu einem bewussten Lebensstil zu animieren.

- Ich könnte mir vorstellen, Architektur oder Ernährungswissenschaften zu studieren. In beiden Bereichen hat man die Möglichkeit, sich für mehr Nachhaltigkeit einzusetzen – sie es beim Bau und Sanierung von zukunftsfähigen Gebäuden oder auf dem Weg zu einer klimafreundlicheren Ernährung.

- Ich könnte mir gut vorstellen, bei der Berufsfeuerwehr anzufangen. Vor dem Hintergrund von Hitzeereignissen und Waldbränden wird dieser Job in Zukunft noch wichtiger, aber bestimmt auch anstrengender.

NAN/KEAN: Vielen Dank für das Gespräch! Wir wünschen euch viel Erfolg für eure Zukunft und sind uns sicher, dass eure Generation auch in Zukunft den Klimaschutz vorantreiben wird. Lasst uns dieses Gespräch in ein paar Jahren fortsetzen - wir sind gespannt, was aus euren Ideen und Plänen geworden ist.

 

Weitere Informationen:

Die fünf Schülerinnen haben das Buch "Die Klimadetektive" für Sechs- bis Zehnjährige geschrieben und illustriert. Das Buch wurde mit Unterstützung der NAN gedruckt und erfreut sich bereits einer hohen Nachfrage. Die Schülerinnen lassen nun weitere Exemplare drucken und bieten diese gegen ein kleines Entgelt an. Den Erlös spenden sie an die Organisation Ozeankind e.V. KEAN und NAN freuen sich über das tolle Engagement!
Haben Sie auch Interesse an den „Klimadetektiven" und möchten damit einen guten Zweck unterstützen? Dann melden Sie sich gerne bei: Yannick Heringhaus (siehe Kontakt unten)

Tipp: Für eine Vertiefung der Themen Klimawandel und Klimaschutz im Unterricht an Grundschulen hat die KEAN kostenfreie Unterrichtsmaterialien erstellt! Diese enthalten neben Hintergrundwissen für die Lehrkräfte 16 Unterrichtseinheiten mit Kopiervorlagen und Experimenten für den Einsatz im Sachkundeunterricht der Klassen 3 bis 5. Die Materialien wurden zu Beginn dieses Jahres neu aufgelegt und aktualisiert. Weitere Informationen und die Grundschulmaterialien zum Download finden Sie hier. Kostenfreie Printexemplare der Broschüren können Sie bei unserem Sekretariat bestellen unter info@klimaschutz-niedersachsen.de. Dabei bitte beachten, dass die Broschüren für Lehrkräfte erstellt wurden und nicht im Klassensatz abgegeben werden.

Kontakt

Yannick Heringhaus

0511 89 70 39-31
yannick.heringhaus [at] klimaschutz-niedersachsen.de

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