Aktuelle Zahlen zur Energiewende in Niedersachsen

Energiewendebericht 2020 für Niedersachsen veröffentlicht

Der Energiewendebericht 2020 klärt über den aktuellen Stand der Energiewende in Niedersachsen auf. Mit vielfältigen Zahlen und Statistiken zeichnet der Bericht ein geteiltes Bild der niedersächsischen Energiewende. Wenngleich einige Zwischenerfolge zu verzeichnen sind, zeigen die Zahlen auch, dass noch viel zu tun bleibt, um die selbstgesteckten Ziele zu erreichen. Wir haben die wichtigsten Erkenntnisse näher dargestellt.

In den vergangenen Monaten gab es einige weitreichende Entscheidungen auf juristischer und politischer Ebene, die dem Klimaschutz mit verschärften Klimazielen Auftrieb verliehen haben. Das ist erfreulich, doch verdeutlicht der aktuelle Energiewendebericht 2020 für Niedersachsen, das neben ambitionierten Zielen nun auch ambitioniertere Klimaschutzmaßnahmen nötig sind.
Denn im Zeitraum von 1881 bis 2020 hat sich die Temperatur im Jahresdurchschnitt in Niedersachsen bereits um etwa 1,7 °C erhöht. 2020 war mit einer Durchschnittstemperatur von 10,9 °C zudem das bisher wärmste Jahr in Niedersachsen. Mit diesen Feststellungen zeigt der Energiewendebericht Niedersachsen den Handlungsbedarf auf, um den globalen Temperaturanstieg gemäß der Pariser Klimaziele auf deutlich unter 2 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu beschränken.

Energiewendebericht verdeutlicht: Wir brauchen mehr Tempo

Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, ist insbesondere eine deutliche Reduktion der Treibhausgasemissionen nötig. Bis 2018 wurden die Treibhausgasemissionen in Niedersachsen um knapp 20 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 1990 reduziert.


Neben Methan und Lachgas setzen sich die Treibhausgasemissionen zu knapp 80% aus energiebedingten CO2-Emissionen zusammen. Für das Jahr 2020 prognostiziert der Energiewendebericht zwar eine Abnahme dieser um 27,8 Prozent – doch haben die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie hierauf wesentlichen Einfluss genommen – und nicht etwa reale Transformation. Die Zahlen zeigen, dass für die geplante Klimaneutralität Deutschlands bis 2045 noch viel zu tun bleibt.

Ein wichtiger Hebel für die Reduktion von Treibhausgasemissionen ist die Umstellung des Energiesystems auf erneuerbare Energien. Und tatsächlich weist der Energiewendebericht Niedersachsen darauf hin, dass der bilanzielle Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch in Niedersachsen im Jahr 2020 auf rund 96 Prozent gestiegen ist. Bundesweit lag dieser Anteil bei rund 45 Prozent. Die Zahlen lesen sich erfreulich, es ist jedoch zu beachten, dass einerseits der aus Windkraft auf der Nordsee produzierte Strom (der in Niedersachsen angelandet wird) statistisch Niedersachsen zugerechnet wird und sich andererseits der Stromverbrauch im Zuge der Corona-Pandemie verringert hat. Auch Umweltminister Olaf Lies stellt in diesem Zusammenhang fest: „Die Zahlen wirken erstmal so, als würde beim Thema Klimaschutz im Energiesektor voll im Plan liegen. [...] Was hier aber [...] deutlich Einfluss nimmt, ist der Corona-Effekt. Durch die Lockdown-Phasen wurde weniger produziert, konsumiert und gereist", wodurch der Energiebedarf gesunken und der Anteil der Erneuerbaren am Stromverbrauch gestiegen ist.

 

Primärenergieverbrauch:

Der gesunkene Energiebedarf wird im Primärenergieverbrauch (PEV) gut sichtbar. Nachdem der PEV im Jahr 2018 noch um 1,9 Prozent angestiegen ist, hat er laut Prognosen von rund 368 Mrd. kWh im Jahr 2019 auf 350 Mrd. kWh in 2020 abgenommen. Dies entspricht im Vergleich zum Referenzjahr 1990 einem Rückgang von rund 12 Prozent. Bundesweit nahm der PEV im Jahr 2020 gegenüber 1990 deutlich stärker ab, nämlich um gut 21 Prozent, was sich unter anderem auf den Strukturwandel in den östlichen Ländern nach der Wiedervereinigung zurückführen lässt.

Bruttostromverbrauch:

Auch beim Bruttostromverbrauch konnte bis 2017 eine Abnahme festgestellt werden, die jedoch nur gering ausfiel. Im Jahr 2018 kam es dann zu einem erneuten Anstieg auf 58,8 Mrd. kWh. Ab 2019 stellte sich die abnehmende Tendenz wieder ein; sodass der Bruttostromverbrauch im Jahr 2020 unter dem Einfluss der Corona-Pandemie laut Prognosen auf 55 Mrd. kWh gesunken ist.

Bruttostromerzeugung:

Der Energie- und Stromverbrauch hat demnach in Niedersachsen leicht abgenommen, gleichzeitig hat – auch das zeigen die Prognosen des Energiewendeberichts – die Stromerzeugung leicht zugenommen.
Im Jahr 2018 wurden in Niedersachsen noch 89,2 Milliarden kWh Strom erzeugt, für 2019 wird eine Bruttostromerzeugung von 90,2 Milliarden kWh erwartet und für 2020 werden 92,5 Milliarden kWh prognostiziert. Die Bruttostromerzeugung insgesamt nimmt also langsam zu – entscheidend für den Erfolg der Energiewende ist jedoch der Anteil der Erneuerbaren an der Bruttostromerzeugung.

 

 

Erneuerbare:

Der Anteil der erneuerbaren Energieträger an der gesamten Bruttostromerzeugung in Niedersachsen wurde 2018 mit 42 Milliarden kWh auf einen Anteil von 47 Prozent gesteigert. Für 2019 betrug die regenerative Bruttostromerzeugung in Niedersachsen bereits 46,7 Milliarden kWh (was einem Anteil von 51,8 Prozent an der Bruttostromerzeugung entspricht), im Jahr 2020 werden etwa 53 Milliarden kWh erneuerbarer Strom prognostiziert. Da der Bruttostromverbrauch für 2020 auf 55 Mrd. kWh prognostiziert wird (s. o.), ergibt sich der hohe bilanzielle Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch von etwa 96 Prozent.

Laut der Prognose im Energiewendebericht hat die Windenergie zur erneuerbaren Bruttostromerzeugung im Jahr 2020 etwa drei Viertel bzw. 40,2 Milliarden kWh beigetragen. Die Bruttostromerzeugung aus Biomasse lag in den letzten Jahren relativ konstant bei ca. neun Milliarden kWh und damit laut Prognose bei einem Anteil von rund 17 Prozent an der erneuerbaren Stromerzeugung im Jahr 2020 in Niedersachsen.
Der Anteil der Photovoltaik an der erneuerbaren Bruttostromerzeugung nimmt zwar leicht zu, lag der Prognose zufolge in 2020 jedoch nur bei etwa 3,55 Milliarden kWh. Damit machte die PV einen Anteil von nur etwa sieben Prozent an der regenerativen Bruttostromerzeugung in Niedersachsen aus. Der geringe Anteil der PV an der erneuerbaren Bruttostromerzeugung Niedersachsen verdeutlicht den Handlungsbedarf im Solarsektor.

Für die nächsten beiden Jahre erwartet das Umweltministerium jedoch einen deutlichen Aufwärtstrend beim PV-Zubau mit Zubauleistungen von 350 Megawatt. Mit der PV-Batteriespeicherrichtlinie hat die niedersächsische Landesregierung im vergangenen Jahr zudem eine Fördermaßnahme veröffentlicht, die großen Anklang gefunden hat und der Solarenergie in Niedersachsen weiter Auftrieb verleihen dürfte.

Dass die PV im Energiesystem der Zukunft in Niedersachsen eine wichtige Rolle spielen muss, wurde auch während des vierten Niedersächsischen Forums Solarenergie aufgezeigt. Das Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren und insbesondere der PV muss daher deutlich erhöht werden – auch um die selbstgesteckten Ziele von 65 GW PV-Leistung bis 2040 zu erreichen.
Auch Umweltminister Lies betont vor dem Hintergrund dieser Zahlen: „Wir benötigen nach wie vor eine schnellere und deutlichere Wiederbelebung des Ausbaus."

 

Wärme / Gebäude:

Mit über 50 Prozent entfällt der größte Anteil des Endenergieverbrauchs auf den Wärmesektor, sei es zur Heizwärmebereitstellung, zur Warmwasserbereitung oder auch zur Erzeugung von Prozesswärme in der Industrie.
Um die Klimaziele zu erreichen, bedarf es daher einerseits einer Reduktion des Energieverbrauchs in Gebäuden; andererseits muss jedoch auch im Wärmesektor der Einsatz erneuerbarer Energien deutlich verstärkt werden – was auch die Energieeffizienzstrategie für Niedersachsen 2020 des Landes Niedersachsens herausstellt.
Der Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch im Wärmesektor ist jedoch zwischen 2008 und 2017 von 6,2 auf 8,0 Prozent nur gering angestiegen. Für das Prognosejahr 2020 wird von einem sehr geringen Anstieg beim Einsatz von erneuerbaren Energien auf 8,2 Prozent ausgegangen. Die Zahlen zeigen, dass die Wärmepumpen-Initiative der KEAN und ihrer Partner an der richtigen Stelle ansetzt – mit dem Ziel den Einsatz von erneuerbaren Energien im Wärmesektor zu erhöhen.
Mit dem KEAN-Beratungsangebot ‚Eignungs-Check Wärmepumpe' können Interessierte zudem in einem ersten Schritt zentrale Fragen klären und erfahren, ob ein Gebäude für den Einsatz der effizienten Technik geeignet ist und welche Maßnahmen dazu getroffen werden können.

 

Mobilität:

Um die Klimaziele zu erreichen, bleibt auch im Handlungsfeld Mobilität viel zu tun – denn auf das Konto des Mobilitätssektors gehen etwa 25 Prozent der energiebedingten Treibhausgasemissionen Deutschlands.
Wie bereits das Fachgutachten „NeueWege: Wege zur nachhaltigen Mobilität in Niedersachsen" gezeigt hat, bleibt der motorisierte Individualverkehr in Niedersachsen weiterhin vorherrschend und der Pkw das meistgenutzte Verkehrsmittel. Der Pkw-Bestand in Niedersachsen ist laut Energiewendebericht von 2009 bis 2020 um rund 19 Prozent auf mehr als 4,8 Millionen Fahrzeuge angestiegen. Mit einem Anteil von etwa zwei Prozent der in Niedersachsen zugelassenen Pkw (etwa 110.000 Fahrzeuge) nahmen Pkw mit alternativen Antrieben (Flüssiggas, Erdgas und Elektroantrieb, Hybrid) im Jahr 2020 weiterhin nur einen geringen Anteil ein.
In den vergangenen Monaten haben Pkw mit Elektroantrieb jedoch einen starken Aufwärtstrend erlebt. Im Vergleich zu 2019 hat sich der Elektrofahrzeugbestand in Niedersachsen im Jahr 2020 um ca. 80 Prozent auf nun etwa 12.500 Fahrzeuge erhöht.

Fazit

Der Energiewendebericht verdeutlicht, dass es ambitionierterer Klimaschutzmaßnahmen bedarf, um die Klimaziele zu erreichen. Wenngleich in einigen Bereichen bereits erfreuliche Fortschritte erzielt wurden, ist deutlich mehr Tempo nötig; so z. B. auch beim Ausbau der Erneuerbaren. Speziell im Wärme- und Verkehrssektor bedarf es ambitionierterer Klimaschutzmaßnahmen. Die KEAN setzt hier an und engagiert sich mit vielfältigen Kampagnen und Beratungsangeboten zunehmend im Mobilitäts- und Wärmesektor.  

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