Rechtsgutachten kommt zu eindeutigem Ergebnis

Gebäude mit Wärmepumpen: Rechtsgutachten sieht keinen Anschluss- und Benutzungszwang für Fernwärme

Die Wärmewende soll durch das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) und das „Wärmeplanungsgesetz“ (WPG) schneller voranschreiten. In diesem Zusammenhang kommt oftmals die Frage auf, ob ein Anschluss- und Benutzungszwang durch Fernwärmesatzungen durchsetzbar ist, auch wenn man bereits klimafreundlich heizt. Für Wärmepumpen wurde diese Frage nun rechtsgutachterlich geklärt.

Rechtsgutachten zu Anschluss- und Benutzungszwang in Fernwärmesatzungsgebieten

Grundsätzlich stehen Wärmepumpen in Fernwärmesatzungsgebieten unter besonderem Schutz. Zu diesem eindeutigen Ergebnis kommt das Rechtsgutachten der auf Energierecht spezialisierten Kanzlei re|Rechtsanwälte. Auftraggeber des Rechtsgutachtens war der Bundesverband Wärmepumpe e.V. (BWP). Mehr noch: Ein Zwangsanschluss oder gar eine Zwangsnutzung von Fernwärme ist in Fernwärmesatzungsgebieten laut Rechtsgutachten bei bestehenden Wärmepumpen als auch bei neuen Wärmepumpen in der Praxis nahezu ausgeschlossen.

Grund ist, dass der Erlass eines Anschluss- und Benutzungszwangs sowohl „geeignet“ als auch „erforderlich“ und „angemessen“ sein muss, um einem Gemeinwohl zu dienen. Andernfalls sind Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang zu gewähren. Daraus folgt laut Gutachten auch, dass sowohl neue Fernwärmesatzungen als auch bestehende Fernwärmesatzungen solche Ausnahmeregelungen beinhalten müssen. Andernfalls sind diese rechtswidrig und damit nichtig. Hannover, aber auch andere Satzungen leben dies bereits heute in der Praxis vor (z.B. Osnabrück, Rostock).

In Summe bleibt mit Blick auf das Rechtsgutachten also festzuhalten: Die Befürchtung, dass heutige Investitionen in Wärmepumpen, durch zukünftige Wärmepläne und daraus resultierende Fernwärmesatzungen konterkariert werden, ist unbegründet! Dies ist ein wichtiges Signal für alle Hausbesitzer:innen, die bereits heute einen Beitrag für die Wärmewende leisten wollen. Gute und pragmatische Lösungen für Wärmepumpen im Bestand gibt es unterdessen sowohl in Einfamilienhäusern als auch in Mehrfamilienhäusern.

Andererseits zeigen diese Beispiele aber auch: In der Wärmewende bedarf es einer frühzeitigen Beteiligung aller relevanten Akteure. Nur so können zukünftige Netzausbaugebiete frühzeitig identifiziert, Satzungsgebiete und Satzungen im Interesse aller gestaltet werden und ein Interessenausgleich zwischen Energieversorgern, Wohnungswirtschaft, Mieter:innen und Anwohner:innen u.v.m. erreicht werden. Die Kommunale Wärmeplanung bietet für diese Akteursbeteiligung einen idealen Rahmen und kann so einen ersten, wichtigen und zielgerichteten Schritt in Richtung Wärmewende bedeuten.

Das Rechtsgutachten sieht für Wärmepumpenbetreiber:innen keinen Zwang zum Anschluss an ein Wärmenetz. Bild: Stefan Koch

 

Hintergrundinformationen – Begründung und Ausnahmen in Satzungen

Der Erlass eines Anschluss- und Benutzungszwangs muss grundsätzlich dem Gemeinwohl dienen. Dieses Gemeinwohl kann lt. §109 GEG nun auch „allgemeine Klimaschutzerwägungen“ ohne örtlichen Bezug sein. Halten Fernwärmeanschlüsse nun die gesetzlichen Vorgaben (65% erneuerbare Wärme, lt. 71 b GEG) ein, ist hier zu vermuten, dass Fernwärmesatzungen ein geeignetes Mittel zur Förderung des Klimaschutzes sind.

Ausnahmen müssen laut Autoren dennoch gewährt werden, wenn Wärmepumpen die Alternative zur Fernwärme sind. So führen die Autoren aus, dass die „Geeignetheit“, „Erforderlichkeit“ und „Angemessenheit“ des Zwangsanschlusses und der Zwangsnutzung von Fernwärme nicht gegeben ist, wenn z.B.:

  1. Wärme aus einer Wärmepumpe weniger emissionsintensiv ist als die Nutzung der Fernwärme,
  2. Wärme aus einer Wärmepumpe durch Nutzung von Ökostrom weniger emissionsintensiv als die Nutzung der Fernwärme gewonnen werden kann,
  3. ein Zugriff auf andere, emissionsintensivere Heizungen als die Wärmepumpe nicht möglich ist oder keinen größeren Klimaschutzbeitrag leistet
  4. keine triftigen Gründe für die vollständige Entwertung der Investitionen in eine Wärmepumpe vorliegen (wobei dies lt. Autor:innen der Studie kaum vorstellbar ist).

Ferner führen die Autor:innen mit Blick auf die o.g. Kriterien aus, dass der Nutzen solcher Zwangsmaßnahen nur vorübergehend ist. Grund ist, dass es einen verbindlichen Minderungspfad für den Stromsektor gibt. Und auch die grundsätzliche Gleichstellung von Wärmepumpen und anderen emissionsfreien Technologien als Erfüllungsoption für die Verpflichtungen des GEG (s. § 71 (3) GEG) lässt solche Zwangsmaßnahmen grundsätzlich sehr anfechtbar erscheinen.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die Autor:innen mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit des Fernwärmenetzes festhalten, dass auch steigende Kosten als Folge des Einbaus von Wärmepumpen den Zwangsanschluss oder die Zwangsnutzung von Fernwärme nicht rechtfertigen können.

Kontakt

Dr. Georg K. Schuchardt

0511 89 70 39-26
georgkonrad.schuchardt [at] klimaschutz-niedersachsen.de

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