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Am Montag (27.1.2025) wurde bekannt, dass sich SPD, Bündnis 90/die Grünen und CDU/CSU auf Gesetzesänderungen im Energiebereich geeinigt haben. Diese Änderungen stehen am Freitag, den 31. Januar 2025, auf der Tagesordnung des Bundestages zur Beratung und Entscheidung. Die Vorhaben umfassen unter anderem Regelungen zum Umgang mit Einspeisespitzen von erneuerbaren Energien und Flexibilisierungen von Biogasanlagen.
Veröffentlicht am: 30. Januar 2025Windenergie- und Photovoltaikanlagen erzeugen Strom, wenn der Wind weht bzw. die Sonne scheint. Solange erneuerbare Energien nur einen kleinen Beitrag zur gesamten Stromerzeugung leisteten, konnten andere Erzeuger ihre Produktion entsprechend anpassen – ein normaler Vorgang im Stromsystem.
Mittlerweile sind erneuerbare Energien jedoch ein wesentlicher Bestandteil unseres Energiesystems. Im Jahr 2024 deckten sie 55,4 % der Last im deutschen Stromnetz (Anteil erneuerbarer Energien | Energy-Charts). An einzelnen Tagen, vor allem im Sommer zur Mittagszeit, können erneuerbare Energien sogar mehr Strom produzieren, als benötigt wird (Extremwert letztes Jahr: 120 % am 24. August 2024 Stromproduktion | Energy-Charts). In solchen Fällen ist es nicht mehr möglich, die hohe Produktion durch das Abregeln konventioneller Kraftwerke auszugleichen. Gleichzeitig gibt es Tage, an denen nicht ausreichend Energie aus Wind und PV erzeugt werden kann. Hierfür sind flexibel einsetzbare Kraftwerke erforderlich, die bspw. über Biogas betrieben werden können. Dies führt zu zwei Herausforderungen auf dem Weg zu einem erneuerbaren Energiesystem:
Strommarkt / Kosten:
Zeiten der Überproduktion führen zu sehr niedrigen, manchmal sogar negativen Strompreisen an der Strombörse. EEG-geförderte Anlagen erhalten jedoch weitestgehend auch für in diesen Zeiten produzierten Strom eine Vergütung. (Eine bereits existierende Ausnahme sind Anlagen ab einer Größe von 400 kWp, die ab drei Stunden aufeinanderfolgender negativer Strompreise keine Vergütung erhalten, siehe § 51 EEG). Dies belastet das EEG-Konto.
Es ist sinnvoll, die Überproduktion in Batterien zu speichern oder zur Produktion von grünem Wasserstoff zu verwenden. Private Betreiber von PV-Dachanlagen können durch angepassten Verbrauch (z.B. Laden des E-Autos, Nutzung der Waschmaschine) die Einspeisung zur Mittagszeit verringern. Die aktuellen Förder- und Marktbedingungen schaffen jedoch insbesondere für Betreiber kleinerer Anlagen kaum Anreize, die Produktionsspitze zu nutzen; wann der Heimspeicher geladen wird, ist für den Betreiber unerheblich.
Die angestrebten Gesetzesänderungen sollen unter anderem die Belastungen für das EEG-Konto reduzieren und zugleich einen ersten Anreiz zur flexiblen Nutzung von Speichern schaffen, indem zukünftig Strom von neuen Anlagen, der zu Zeiten negativer Strompreise produziert wurde, nicht vergütet wird. Damit die Anlagen dadurch nicht unwirtschaftlich werden, soll es möglich sein, die „verlorene“ Zeit an den üblichen Förderzeitraum von 20 Jahren anzuhängen.
Stromnetz:
Zu jedem Zeitpunkt müssen sich Einspeisung und Verbrauch von Strom im Netz die Waage halten, andernfalls wäre die Stabilität des Netzes bedroht. Zeiten erheblicher Überproduktion stellen daher auch eine Herausforderung für die Steuerung des Stromnetzes dar. Die Netzbetreiber sehen deshalb die Notwendigkeit, Anlagen zu solchen Zeiten abregeln oder gar abschalten zu können.
Insbesondere kleine PV-Anlagen bieten diese Möglichkeit bisher nicht. Zugleich stellen Dach-PV-Anlagen mit zwei Dritteln der installierten Leistung den Löwenanteil der PV-Kapazität in Deutschland. Damit ein weiterer PV-Ausbau nicht mittelfristig zu einem Problem für die Netzstabilität wird, soll die Fernsteuerung der Anlagen durch Netzbetreiber ermöglicht werden. Dafür sind Smart-Meter notwendig. Bis diese installiert sind, ist eine Spitzenlastdeckelung für PV-Anlagen im Gespräch, also eine Begrenzung der möglichen Stromeinspeisung auf 60 % der nominalen Leistung der Anlage. Dies bedeutet jedoch nicht, dass nur 60 % des produzierten Stroms eingespeist werden können, da die Anlagen morgens und abends insgesamt weniger als 60 % der nominalen Leistung produzieren. Bei Ost-West-ausgerichteten PV-Anlagen wird 60 % der nominalen Leistung grundsätzlich nur selten erreicht, da die gesamte Anlage als nominaler Bezugspunkt gilt
Im zukünftigen Energiesystem können auch Zeiten geringer Produktion von Wind- und PV-Strom („Dunkelflaute“) eine Herausforderung sein. Zur erneuerbaren Deckung der sogenannten Residuallast, also der nachgefragten elektrischen Leistung, die aktuell nicht durch Wind- und PV-Strom gedeckt werden kann, sind flexibel einsetzbare Kraftwerke notwendig, z.B. Biomasseanlagen.
Der Ausbau von Biomasseanlagen zur Stromerzeugung wurde zwischen 2004 und 2011 stark vorangetrieben, um einen wichtigen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Nach Ablauf der 20-jährigen Erstförderung ist die Zukunft vieler diesen Anlagen unsicher. Die geplanten Regelungen sehen daher Unterstützungen vor, in dem sie Anreize für eine flexiblere Nutzung setzen.
Zukünftig soll die Förderung auf eine bestimmte Anzahl an Betriebsstunden anstatt auf die jährliche Bemessungsleistung abgestimmt, und der Flexibilitätszuschlag von 65 auf 100 €/kWh erhöht werden. Biogasbestandsanlagen, besonders jene, die an die Wärmeversorgung angeschlossen sind, sollen bis 2027 in einem Zuschlagsverfahren bevorzugt den Zuschlag erhalten. Zudem soll die Anschlussförderung auf 12 Jahre verlängert und Ausschreibungen auf die Jahre 2025 und 2026 gelegt werden. Diese Maßnahmen sollen eine schnelle und zukunftsfähige Integration der Biogasanlagen in das zukünftige Energiesystem ermöglichen.
Fazit:
Die geplanten Änderungen kann man als Teil des „Erwachsenwerdens“ des erneuerbaren Energiesystems betrachten. Jetzt, da die Erneuerbaren eine tragende Rolle in unserem Energiesystem spielen, sind Regeln für Zeiten der Überproduktion zweifelsohne notwendig. Darüber hinaus benötigt es flexibel einsetzbare Kraftwerke, die das Energiesystem in Zeiten von zu wenig Wind und Sonne versorgen. Neue Förderimpulse für die flexiblere Nutzung von Biogasanlagen können dabei einen entsprechenden Beitrag leisten. Diese Änderungen sind jedoch nur ein Schritt auf dem Weg; weitere Gesetzesänderungen werden in der folgenden Legislaturperiode notwendig sein, um den weiterhin schnellen Ausbau der Erneuerbaren durch tragfähige Geschäftsmodelle für Speicher und flexible Verbraucher zu unterstützen.
Dr. Sarah Kajari-Schröder
0511 89 70 39-54
sarah.kajari-schroeder [at] klimaschutz-niedersachsen.de