Wenn die Bauabteilungen öffentlicher Einrichtungen Gebäude errichten oder sanieren sollen, stehen sie dabei stark gestiegenen Anforderungen gegenüber: Die Technik ist sehr komplex und der Markt der Fachplaner und ausführenden Unternehmen zunehmend angespannt. Gleichzeitig ist es erforderlich, die Gebäude so energieeffizient wie möglich zu bauen, um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren und steigenden Energiekosten entgegenzuwirken. Komplexe Anforderungen führen häufig zu komplizierten, teuren Planungsprozessen.
Per Standardisierung zum erfolgreichen Bauprojekt
In dem Projekt „Starke Bauherren - Gute Gebäude" werden öffentlichen Bauherren daher Standards an die Hand gegeben, mit denen sie eine energieeffiziente und erprobte Bauweise ihrer Gebäude sicherstellen können. Die Standards helfen dabei, überflüssige Schleifen im Planungsprozess vorzubeugen und unnötige individuelle technische Einzellösungen zu vermeiden, welche die Kosten und den Aufwand in die Höhe treiben.
Die Region Hannover gehört zu den Teilnehmenden des Projekts und hat schon eine Reihe von Erfahrungen in der Anwendung gesammelt. Herr Nicolas Ahrens-Hein ist bei der Region Hannover in der Stabsstelle für Bauliches Nachhaltigkeitsmanagement aktiv und befasst sich unter anderem mit der Standardisierung von Neubau- und Sanierungsprojekten.
KEAN: Herr Ahrens-Hein, vor etwa einem Jahr haben wir mit Ihnen darüber gesprochen, was Sie zur Teilnahme an dem Projekt bewogen hat und welche Vorteile die Standardisierung mit sich bringt. Wie wurde das Projekt in der Zwischenzeit bei der Region Hannover weiter vorangetrieben?
Ahrens-Hein: Im letzten Jahr konnten wir die Entwicklung der Baustandards aus dem Projekt „Starke Bauherren – Gute Gebäude“ abschließen. Die Ergebnisse sind in eine Studie eingeflossen, die festhält, wie der Gebäudebestand der Region Hannover bis zum Jahr 2035 klimaneutral werden kann. Die Standards wurden in die einzelnen Fachabteilungen übergeben, wo sie nun sukzessiv „in die Praxis“ überführt werden.
KEAN: Die Standards sollen insbesondere die Umsetzung nachhaltiger Gebäude mit hohen Effizienzstandards ermöglichen – gleichzeitig aber auch dabei helfen, Bauprojekte zielgerichteter und strukturierter anzugehen, um Schleifen im Planungs- und Bauprozess zu vermeiden. Inwiefern konnte das Projekt dazu beitragen, das Zielvorhaben „Klimaneutraler Gebäudebestand 2035“ strukturierter anzugehen?
Ahrens-Hein: Das Projekt hat insbesondere dazu beigetragen, alle relevanten Aspekte, die für ein erfolgreiches Bau- oder Sanierungsprojekt nötig sind, von Beginn an in die Planungen einzubeziehen. Hierdurch konnten wir auf der Ebene der Projektentwicklung als auch der operativen Ebene gesamtheitliche Prozesse entwickeln, die möglichst alle Stakeholder berücksichtigt. Denn um Bauprojekte erfolgreich umsetzen zu können, brauchen wir zunächst ein übergeordnetes Ziel, auf das sich alle einigen können und das Verlässlichkeit schafft.
KEAN: Häufig wird bei diesem übergeordneten Ansatz kritisiert, dass viel Zeit für die Planung verwendet wird – was dem notwendigen Tempo zur Erreichung eines klimaneutralen Gebäudebestandes und nötigen Flächenbedarfen entgegenstehen könnte. Wie bewerten Sie diesen Konflikt?
Ahrens-Hein: Gerade bei Bauprojekten ist ein gesamtheitlicher Blick während der frühen Planungsphasen aus Sicht der Stabsstelle Bauliches Nachhaltigkeitsmanagement essenziell. Nur so kann Planungs- und Ausführungssicherheit bezüglich der genauen Anforderungen an den Bau oder die Sanierung geschaffen werden. Das gilt sowohl für die Auftraggeber- als auch für die Planungsebene.
In Bauprojekten ist es nicht unüblich, dass während der Bauphasen noch Änderungswünsche auftreten, weil im Vorfeld (Projektentwicklung und Definitionsphase) eben nicht alle Aspekte bedacht wurden. Diese Änderungen während der Bauphase sind häufig mit enormen Zusatzkosten, zusätzlichem Personal und großem Zeitaufwand verbunden, weshalb es sich doppelt lohnt, im Vorfeld genau zu definieren, wie die Projekte umgesetzt werden sollen. Die Standardisierung bietet hier ein passendes Werkzeug, an dem sich dann alle orientieren.
Die Skalierbarkeit ist aufgrund der Standards dann letztlich ein Automatismus – vorher müssen jedoch die Weichen gestellt werden. Das ist die Grundlage, um Projekte sauber umzusetzen und Kostensteigerungen – und auch einen zeitlichen Verzug – im Projektverlauf zu vermeiden.