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Im Projekt „Starke Bauherren“ bekommen Bauherren Standards an die Hand, mit denen sie eine robuste und energieeffiziente Bauweise ihrer Gebäude sicherstellen können. Die Region Hannover gehört zu den Teilnehmenden des Projekts und hat schon eine Reihe von Erfahrungen in der Anwendung gesammelt. Wir haben mit Herrn Nicolas Ahrens-Hein von der Stabsstelle für Bauliches Nachhaltigkeitsmanagement der Region Hannover über die Anwendung der Standards und die wichtigsten Faktoren für ein erfolgreiches Bauprojekt gesprochen.
Veröffentlicht am: 20. Juli 2023Wenn die Bauabteilungen öffentlicher Einrichtungen Gebäude errichten oder sanieren sollen, stehen sie dabei stark gestiegenen Anforderungen gegenüber: Die Technik ist sehr komplex und der Markt der Fachplaner und ausführenden Unternehmen zunehmend angespannt. Gleichzeitig ist es erforderlich, die Gebäude so energieeffizient wie möglich zu bauen, um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren und steigenden Energiekosten entgegenzuwirken. Komplexe Anforderungen führen häufig zu komplizierten, teuren Planungsprozessen.
Per Standardisierung zum erfolgreichen Bauprojekt
In dem Projekt „Starke Bauherren - Gute Gebäude" werden öffentlichen Bauherren daher Standards an die Hand gegeben, mit denen sie eine energieeffiziente und erprobte Bauweise ihrer Gebäude sicherstellen können. Die Standards helfen dabei, überflüssige Schleifen im Planungsprozess vorzubeugen und unnötige individuelle technische Einzellösungen zu vermeiden, welche die Kosten und den Aufwand in die Höhe treiben.
Die Region Hannover gehört zu den Teilnehmenden des Projekts und hat schon eine Reihe von Erfahrungen in der Anwendung gesammelt. Herr Nicolas Ahrens-Hein ist bei der Region Hannover in der Stabsstelle für Bauliches Nachhaltigkeitsmanagement aktiv und befasst sich unter anderem mit der Standardisierung von Neubau- und Sanierungsprojekten.
KEAN: Herr Ahrens-Hein, vor etwa einem Jahr haben wir mit Ihnen darüber gesprochen, was Sie zur Teilnahme an dem Projekt bewogen hat und welche Vorteile die Standardisierung mit sich bringt. Wie wurde das Projekt in der Zwischenzeit bei der Region Hannover weiter vorangetrieben?
Ahrens-Hein: Im letzten Jahr konnten wir die Entwicklung der Baustandards aus dem Projekt „Starke Bauherren – Gute Gebäude“ abschließen. Die Ergebnisse sind in eine Studie eingeflossen, die festhält, wie der Gebäudebestand der Region Hannover bis zum Jahr 2035 klimaneutral werden kann. Die Standards wurden in die einzelnen Fachabteilungen übergeben, wo sie nun sukzessiv „in die Praxis“ überführt werden.
KEAN: Die Standards sollen insbesondere die Umsetzung nachhaltiger Gebäude mit hohen Effizienzstandards ermöglichen – gleichzeitig aber auch dabei helfen, Bauprojekte zielgerichteter und strukturierter anzugehen, um Schleifen im Planungs- und Bauprozess zu vermeiden. Inwiefern konnte das Projekt dazu beitragen, das Zielvorhaben „Klimaneutraler Gebäudebestand 2035“ strukturierter anzugehen?
Ahrens-Hein: Das Projekt hat insbesondere dazu beigetragen, alle relevanten Aspekte, die für ein erfolgreiches Bau- oder Sanierungsprojekt nötig sind, von Beginn an in die Planungen einzubeziehen. Hierdurch konnten wir auf der Ebene der Projektentwicklung als auch der operativen Ebene gesamtheitliche Prozesse entwickeln, die möglichst alle Stakeholder berücksichtigt. Denn um Bauprojekte erfolgreich umsetzen zu können, brauchen wir zunächst ein übergeordnetes Ziel, auf das sich alle einigen können und das Verlässlichkeit schafft.
KEAN: Häufig wird bei diesem übergeordneten Ansatz kritisiert, dass viel Zeit für die Planung verwendet wird – was dem notwendigen Tempo zur Erreichung eines klimaneutralen Gebäudebestandes und nötigen Flächenbedarfen entgegenstehen könnte. Wie bewerten Sie diesen Konflikt?
Ahrens-Hein: Gerade bei Bauprojekten ist ein gesamtheitlicher Blick während der frühen Planungsphasen aus Sicht der Stabsstelle Bauliches Nachhaltigkeitsmanagement essenziell. Nur so kann Planungs- und Ausführungssicherheit bezüglich der genauen Anforderungen an den Bau oder die Sanierung geschaffen werden. Das gilt sowohl für die Auftraggeber- als auch für die Planungsebene.
In Bauprojekten ist es nicht unüblich, dass während der Bauphasen noch Änderungswünsche auftreten, weil im Vorfeld (Projektentwicklung und Definitionsphase) eben nicht alle Aspekte bedacht wurden. Diese Änderungen während der Bauphase sind häufig mit enormen Zusatzkosten, zusätzlichem Personal und großem Zeitaufwand verbunden, weshalb es sich doppelt lohnt, im Vorfeld genau zu definieren, wie die Projekte umgesetzt werden sollen. Die Standardisierung bietet hier ein passendes Werkzeug, an dem sich dann alle orientieren.
Die Skalierbarkeit ist aufgrund der Standards dann letztlich ein Automatismus – vorher müssen jedoch die Weichen gestellt werden. Das ist die Grundlage, um Projekte sauber umzusetzen und Kostensteigerungen – und auch einen zeitlichen Verzug – im Projektverlauf zu vermeiden.
KEAN: Im Fokus stand bei Ihnen insbesondere die Erstellung von Sanierungsfahrplänen für die regionseigenen Liegenschaften. Diese sollten eine Priorisierung der Gebäude und – mittels standardisierter Sanierungsmaßnahmen – die effiziente Umsetzung ermöglichen. Ist dieses Ziel gelungen?
Ahrens-Hein: Die angesprochene Studie umfasste unter anderem unterschiedliche Varianten zu möglichen Sanierungsfahrplänen, mithilfe derer eine Priorisierung hinsichtlich der Reihenfolge der Gebäude und Einzelmaßnahmen vorgenommen werden kann. Die strategisch ausgerichtete Studie wurde der Öffentlichkeit vorgestellt und in die operativen Ebenen eingespeist. In den Fachabteilungen läuft nun die Ausarbeitung – mittlerweile gebäudescharf, sodass jetzt weitere Gebäude genauer in den Blick genommen werden.
KEAN: Welche Reaktionen hat der Plan in den verschiedenen Abteilungen ausgelöst, in denen er vorgestellt wurde?
Ahrens-Hein: Die Reaktionen waren erwartungsgemäß recht unterschiedlich und änderten sich auch im weiteren Verlauf. Gerade die Einführung von Veränderungen, was in der Regel mit Störungen der bisherigen und gewohnten Betriebsabläufe einhergeht, kann zu Verunsicherungen führen.
Der Kommunikation kommt daher eine entscheidende Bedeutung zu, da die Standards nicht als „Gängelei“ verstanden werden dürfen, sondern als hilfreiche Unterstützung bei der täglichen Arbeit, um Bauprojekte strukturierter und zielführender umzusetzen. Entscheidend für die erfolgreiche Implementierung ist neben einem effizienten Projektmanagement auch die unbedingte Rückendeckung von Seiten der Führungsebenen, um die nötigen finanziellen wie personellen Ressourcen sicherstellen zu können.
KEAN: Mit welchen Maßnahmen gelingt also ein erfolgreiches Bau- oder Sanierungsprojekt aus Ihrer Sicht?
Ahrens-Hein: Gerade in der aktuellen Zeit, wo viele Themen und Anforderungen parallel auftreten, hilft es aus meiner Sicht, der Planung im Frühstadium von Bauprojekten mehr Zeit und Ressourcen zuzugestehen. Mit der Festlegung bewährter Standards im Vorfeld spart man sich personal- und kostenintensive Umplanungen während der Bauphase. Dabei wird die Ausführungs- und Kostensicherheit deutlich erhöht, was sowohl für die Bauherren- als auch für die Planerseite essenziell ist.
Die Standardisierung ist für uns ein geeignetes Werkzeug, mit dem klare Anforderungen definiert werden, die auf den überwiegenden Gebäudebestand übertragen werden können. Aber sie hat auch Grenzen, deshalb sollten Effizienz und Effektivität immer im Blick behalten werden. In jedem Fall leistet die Standardisierung einen wesentlichen Beitrag für einen zielführenderen Planungsablauf und zur Erreichung eines klimaneutralen Gebäudebestands.
Damit die Umsetzung der Standards gelingt, ist es wichtig, Transparenz zu schaffen und Mehrwerte aufzuzeigen – das Ziel muss sein, alle Stakeholder auf dem Weg zu nachhaltigen Liegenschaften mitzunehmen und zu sagen „Wir machen das gemeinsam!“.
KEAN: Vielen Dank für das Gespräch!
Online-Veranstaltung informiert zum Thema Standardisierung!
Sie interessieren sich für das Thema Standardisierung bei Bauprojekten? Dann nehmen Sie an unserer kostenfreien Informationsveranstaltung am 26. September (10-12 Uhr) teil. Im Rahmen der Online-Veranstaltung wird über das Projekt "Starke Bauherren - Gute Gebäude" informiert, auf die Eigenschaften und die Vorteile der Standardisierung eingegangen und Raum für Fragen gegeben. Zur Veranstaltung
Mit guter Planung zum erfolgreichen Bauprojekt. Bildquelle: shutterstock_wutzkohphoto
Zum Hintergrund: Starke Bauherren – Gute Gebäude
Gemeinsam mit dem SIZ energieplus an der TU Braunschweig haben wir mit Förderung der „Deutschen Bundesstiftung Umwelt" (DBU) das Projekt „Starke Bauherren – Gute Gebäude" gestartet. Es unterstützt öffentliche Einrichtungen gezielt bei ihren Bauprojekten – von der Planung bis in den Betrieb. Ziel ist es, die Rolle der öffentlichen Bauherren im Planungs- und Bauprozess zu stärken und die Projekte einfacher, schneller und wirtschaftlicher zu realisieren. Mehr zum Projekt
Gerhard Krenz
0511-89 70 39-22
gerhard.krenz [at] klimaschutz-niedersachsen.de