Norddeutsche Geothermietagung am 14.05.2025

Interview: Kommunale Wärmeplanung in Bad Bentheim

Die Wärmeplanung der Stadt Bad Bentheim - und die Rolle der Geothermie in diesen Planungen - werden im Rahmen der diesjährigen  Norddeutschen Geothermietagung näher vorgestellt. Wir haben im Vorfeld der Tagung mit dem Bürgermeister der Stadt Bad Bentheim, Dr. Volker Pannen, und Michael Zier vom Dienstleister evety GmbH über die Herausforderungen der Wärmewende und der Kommunalen Wärmeplanung gesprochen.

Bad Bentheim hat die geothermischen Potenziale im Rahmen der Wärmeplanung (neben vielen anderen potenziellen Wärmequellen) analysieren lassen. Ergebnis: Oberflächennahe Geothermie kann eine wichtige Rolle spielen bei der Dekarbonisierung der Wärme, wenn diese mittels eines Wärmenetzes vor allem im historischen Bestand zum Einsatz kommt. Doch wie ist die Kommune bei den Planungen vorgegangen und welche Herausforderungen gab es dabei?

KEAN: Bad Bentheim hat sich als Kleinstadt (gut 16.000 Einwohner) bereits frühzeitig mit dem Thema der Kommunalen Wärmeplanung beschäftigt. Wie kam es dazu und wie hat sich Ihre Kommune dem Thema genähert?

Dr. Pannen: Bad Bentheim hat 2012 ein erstes Integriertes Kimaschutzkonzept verabschiedet. Seit 2014 beschäftigt die Kleinstadt eine Vollzeitkraft mit den Schwerpunkten Klimaschutz und – umfassender – Nachhaltigkeit. Seit 2017 sind wir vor Ort klimaneutral bezogen auf den Sektor Strom. 2021 wurden wir agenda-2030-Kommune. Nach Fertigstellung des ersten Nachhaltigkeitsberichtes und einer Nachhaltigkeitsstrategie Anfang 2024 war es höchste Zeit, mit einem Vorreiterkonzept erneut den Klimaschutz sowie mit einem ersten Radverkehrskonzept und einer Wärmeplanung grundlegend die Sektoren Wärme und Verkehr anzugehen.

Dr. Volker Pannen, Bürgermeister der Stadt Bad Bentheim

KEAN: Herr Zier, als Dienstleister hat die evety GmbH die Wärmeplanung in Bad Bentheim umgesetzt – wieso ist die kommunale Wärmeplanung aus Ihrer Sicht so essenziell für den Klimaschutz?

Michael Zier: Der Wärmesektor ist für etwa 50% des Endenergieverbrauch in Deutschland verantwortlich. Mit der kommunalen Wärmeplanung wird das Fundament geschaffen, den größten Hebel hin zu einem klimaneutralen Deutschland umzulegen.

In Zukunft wird es nicht wie in der Vergangenheit die eine Heizungstechnologie geben, sondern in Abhängigkeit der lokalen Randbedingungen viele verschiedene maßgeschneiderte technische Lösungen, die das traditionelle Geschäftsfeld des Wärmesektors verändern. Daher freuen wir uns, neue Herausforderungen gemeinsam mit unseren Kunden in diesem spannendem Themenfeld zu meistern.

KEAN: Was sind aus Ihrer Sicht dabei die größten Herausforderungen?

Michael Zier: Die Erfassung von Daten wie gebäudescharfe Wärmeverbräuche, Heizungstechnologien oder Heizungsalter erfordert einen erheblichen Aufwand. Oft sind die benötigten Daten unvollständig oder liegen in unterschiedlichen Formaten vor, was die Bestandsanalyse erschwert.

Die Entwicklung von Wärmeversorgungskonzepten basiert auf der Anwendung komplexer Modelle, die wiederrum mit einer Vielzahl unterschiedlicher Datensätze gespeist werden.  Das methodische Vorgehen sowohl dem technikaffinen Konsumenten als auch dem Laien verständlich zu kommunizieren, ist daher eine weitere Herausforderung. Es ist jedoch essenziell, diese komplexen Sachverhalte so zu vermitteln, dass alle Beteiligten sie nachvollziehen können, um letztendlich die Akzeptanz zu erhöhen.

Michael Zier vom Dienstleister evety GmbH

KEAN: Stichwort „Lokale Akzeptanz“: Herr Dr. Pannen, welche lokalen Hindernisse haben Sie vor Ort wahrgenommen und wie haben Sie diese ausgeräumt?

Dr. Pannen: Bereits vor mehr als zehn Jahren war der erste Versuch, basierend auf lokalen Quellen ein Wärmenetz in Bad Bentheim zu entwickeln, wegen stark fallender Gaspreise mangels Wirtschaftlichkeit gescheitert. Deshalb begegnete der neuerliche Vorschlag einer gewissen Skepsis. Entscheidend für deren Überwindung war die Entschlossenheit des örtlichen Bauvereins als größtem Wohnungseigentümer der Stadt, die ältesten und damit häufig auch mit der geringsten Mieterwartung versehenen Immobilien zusammen mit weiteren Partnern vor Ort an ein Wärmenetz anzuschließen.

KEAN: Bei diesem Wärmenetz soll auch die Geothermie eine Rolle spielen. Welchen ‚besonderen‘ Bezug hat Bad Bentheim zur Geothermie?

Dr. Pannen: Der traditionell größte Arbeitgeber vor Ort entwickelt und betreibt Bohranlagen, mit denen weltweit Erdöl, Erdgas und seit vielen Jahren auch Erdwärme „gefördert“ wird. Daraus resultiert eine besondere Nähe der Bevölkerung zur Energiegewinnung aus natürlichen Ressourcen. Parallel dazu basiert die 300jährige Geschichte des Bentheimer Bades auf der oberflächennahen Gewinnung von Schwefelwasser und der Förderung von Thermalsole aus mehr als 1.000 Metern Tiefe. Da lag es nahe, neben dem Wind und der Sonne auch die Erdwärme in die aktuellen Überlegungen zur Energiewende und zum Klimaschutz vor Ort einzubeziehen, zumal ein Unternehmen mit dem dafür erforderlichen Bergrecht vor Ort und praktischen Erfahrungen an anderer Stelle in Niedersachsen frühzeitig Interesse daran bekundete.

KEAN: Was sollten Kommunen also bei der Planung von Wärmenetzen beachten – und welche Rolle kann die Geothermie dabei spielen?

Dr. Pannen: Aus Bad Bentheimer Sicht bedarf es der Verfügbarkeit verschiedener Wärmequellen, beispielsweise aus einer Kläranlage oder industrieller Abwärme. Denn Geothermie wird nicht alleine den Wärmebedarf einer Stadt abdecken. Ebenso ist das Vorhandensein von Altbauquartieren nötig – und damit absehbar ein stadträumlich konzentriertes Interesse an einem Anschluss an ein Wärmenetz.

 

Weitere Informationen

➥ Über die Erfahrungen der Stadt Bentheim und die Rolle der Geothermie in der Kommunalen Wärmeplanung der Stadt wird Michael Zier am 14. Mai 2025 in Hannover während der Norddeutschen Geothermietagung berichten. Anmeldungen sind noch bis zum 30. April möglich - auf der folgenden Seite

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Kontakt

Dr. Georg K. Schuchardt

0511 89 70 39-26
georgkonrad.schuchardt [at] klimaschutz-niedersachsen.de

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