KEAN: Frau Gaurig, was sind die Ziele und Schwerpunkte, mit denen sich das ZEHN beschäftigt?
Annika Gaurig: Das ZEHN bietet ein starkes Netzwerk für Verbraucher:innen, Multiplikator:innen sowie Fachorganisationen in Niedersachsen. Gemeinsam stärken wir durch Wissenstransfer in die Gesellschaft die bewusste Wertschätzung von Lebensmitteln und die Handlungskompetenz in Ernährung und Hauswirtschaft. Dazu stellt das ZEHN Informationen bereit und initiiert, vermittelt und begleitet Maßnahmen.
Neben der Initiierung eigener landesweiter Projekte sowie der Erarbeitung von Arbeitsmaterialien für Multiplikator:innen, machen dabei gerade Beteiligungsprozesse (wie im Rahmen von Niedersachsens Ernährungsstrategie) zur Konzentration aller vorhandenen Expertisen im Land die Besonderheit und den Mehrwert unserer Arbeit aus.
KEAN: Das ZEHN hat gemeinsam mit Vertreter:innen von 27 Institutionen die Niedersächsische Ernährungsstrategie erarbeitet: Welche Rolle nimmt die Gemeinschaftsverpflegung darin ein?
Gaurig: Niedersachsens Ernährungsstrategie zeigt in verschiedenen Bereichen Handlungsmöglichkeiten auf, die dazu beitragen, dass sich alle Menschen in Niedersachsen gesund und nachhaltiger ernähren können. Die Gemeinschaftsverpflegung ist dabei ein zentrales Feld, das große Potenziale bietet. Ob in der Kita, der Schulmensa, der Betriebskantine oder Senioreneinrichtungen – über eine gut gestaltete und qualitativ hochwertige Gemeinschaftsverpflegung erreichen wir viele Menschen von klein auf bis ins hohe Alter.
Innerhalb der Gemeinschaftsverpflegung lassen sich gleich mehrere Aspekte einer nachhaltigeren Ausrichtung vereinen: Orientiert sich der Speiseplan an den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V., sind den Kindern, Eltern oder einem selbst bereits ein Mal am Tag ein in puncto Gesundheit ausgewogenes Essen garantiert. Werden Speiseangebote beispielsweise auf die DGE-Qualitätsstandards umgestellt, ändern sich oftmals die Häufigkeiten, wie oft Fleisch oder Hülsenfrüchte angeboten werden. Neben der Gesundheit stellt sich so auch ein Gewinn mit Blick auf die Dimension Nachhaltigkeit ein. Ebenso ist es möglich, die Lebensmittel saisonal und regional von Landwirt:innen der eigenen Umgebung zu beziehen oder einen Anteil an biologischen Lebensmitteln einzusetzen und darüber weitere nachhaltigkeitsrelevante Aspekte zu verwirklichen.
Nicht zuletzt kann durch die Unterstützung der Inanspruchnahme von Bildungs- und Teilhabe-Leistungen, die Kindern in der Schule ein beitragsfreies Mittagessen ermöglichen, oder die Organisation von gemeinsamen Mittagstischen für Senior:innen gegen Einsamkeit die soziale Dimension durch die Gestaltung der Gemeinschaftsverpflegung angesprochen werden.
Werden also die Empfehlungen aus dem Handlungsfeld Gemeinschaftsverpflegung aus Niedersachsens Ernährungsstrategie Schritt für Schritt umgesetzt, schaffen wir Ernährungsumgebungen in den verschiedenen Lebenswelten, die es ermöglichen, dass alle Menschen Zugang zu einer gesunden und nachhaltigeren Ernährung erhalten.
KEAN: An wen richten sich die Angebote des ZEHN und welche Angebote eignen sich besonders für die Einrichtungen der niedersächsischen Sozialwirtschaft?
Gaurig: Mit unserer Arbeit im ZEHN nehmen wir ganz Niedersachsen in den Blick. Dazu richten wir uns vor allem an Fachkräfte und Multiplikator:innen, die wir bei ihrer eigenen Arbeit in der Fläche unterstützen, um sich den Themen Ernährung, Hauswirtschaft und Lebensmittelwertschätzung zu widmen. So sind auch Einrichtungen der Sozialwirtschaft eine wichtige Zielgruppe, die von unseren Angeboten profitieren können.
Bleiben wir beim Beispiel der Gemeinschaftsverpflegung: Eine Möglichkeit, um Einrichtungen klimafreundlich aufzustellen, ist, Lebensmittelabfälle zu reduzieren. So geben wir auf unserer Internetseite zum Beispiel praxisnahe Anleitungen, wie Einrichtungen durch Restemessungen vor Ort eigenständig erfassen können, wie viele Lebensmittel am Ende einer Woche in der Tonne landen. Ist das Bewusstsein erst einmal da und sind die Quellen bekannt, können individuelle Maßnahmen abgeleitet und umgesetzt werden. So trägt nicht nur jede Einrichtung zum Klimaschutz bei, sondern spart am Ende des Tages auch bares Geld.
Einrichtungen und Lebenswelten sind aber auch immer Orte des Lernens. So bieten wir beispielsweise allen Kitas ein kostenfreies Bildungspaket rund um den Apfel an, das Informationen, Materialien und Mitmach-Ideen aufbereitet. Es lässt sich leicht im Kita-Alltag einsetzen und erspart Erzieher:innen aufwändige Recherchearbeit. In der Erntezeit lässt sich das Bildungspaket auch gut mit einem Ausflug auf eine örtliche Streuobstwiese verbinden. Eine Standortkarte im Rahmen unseres Ernteprojekts Gelbes Band zeigt, wo Eigentümer:innen von Obstbäumen das Pflücken ihrer Früchte erlauben.
Nicht zuletzt sind Einrichtungen der Sozialwirtschaft auch klassische Arbeitgeber für Hauswirtschaftsfachkräfte. Hauswirtschafter:innen übernehmen im Betrieb zentrale Tätigkeiten, die für einen reibungslosen Ablauf unerlässlich sind. Mit Online-Informationsveranstaltungen für Fachkräfte der Hauswirtschaft setzen wir immer wieder Impulse zu unterschiedlichen Themen, die für die Arbeitsorganisation im Wandel der Zeit wichtig sind.
Alles in allem ist es uns ein Anliegen, mit unseren Angeboten die Einrichtungen passgenau zu unterstützen und sie bei der Umsetzung einer zukunftsgerichteten Gestaltung ihres Unternehmens zu begleiten. Daher freuen wir uns über einen engen Austausch mit Ihnen, um unsere Angebote auch weiterhin auf Ihre Bedarfe und Bedürfnisse auszuarbeiten und weiter zu entwickeln.
KEAN: Vielen Dank für den Einblick in die Arbeit des ZEHN, Frau Gaurig!
Weitere Informationen zum ZEHN finden Sie unter: https://www.zehn-niedersachsen.de/.
Für Angebote und Informationen rund um das Thema Gemeinschaftsverpflegung des KiSs-Projekts klicken Sie hier.