Betriebsmodelle für Kommunen

PV auf kommunalen Dächern: Ausschreibungen mit Bürgerbeteiligung

Kommunen, welche die Dächer ihrer Liegenschaften für Photovoltaik nutzen wollen, haben nicht immer die Möglichkeit, selbst zu investieren - auch wenn dies unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geboten wäre. Betriebsmodelle wie die Anlagenpacht, die Dachverpachtung oder PV-Strom-Lieferverträge können eine sinnvolle Alternative bieten - doch wie kann die Umsetzung in der Praxis gelingen? Anhand des Beispiels der Gemeinde Sachsenhagen erklären wir, wie Kommunen vorgehen können, wenn sie nicht selbst investieren, aber dennoch vom PV-Strom profitieren wollen. 

Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist es zwar für die Kommune am vorteilhaftesten, PV-Anlagen selbst zu betreiben, häufig fehlen die notwendigen Finanzmittel oder Personen, die sich des Baus und Betriebs der Anlagen annehmen können.

Die folgende Übersicht zeigt einige Varianten von Betriebsmodellen, z.B. Bau und Betrieb der Anlage durch die Kommune oder Investition durch Dritte mit PV-Stromlieferung.

Welcher Weg der passende ist, hängt von den finanziellen und personellen Gegebenheiten in der Kommune ab. Fest steht, dass es immer eine Möglichkeit gibt, PV-Anlagen zu realisieren. Entscheidet sich eine Kommune nicht selbst zu investieren, stellen sich vergaberechtliche Fragen, so etwa beim Fremdbetrieb einer Anlage verbunden mit der Lieferung des PV-Stroms an den Gebäudeeigentümer.

Diesen Fall betrachten wir hier genauer anhand eines Beispiels:

Die Gemeinde Sachsenhagen möchte das Dach ihrer neuen Turnhalle durch einen Dritten (=Investor) mit einer PV-Anlage ausrüsten lassen. Der PV-Strom soll zu einem großen Teil für Sporthalle und anliegende Grundschule zur Verfügung gestellt, also „geliefert“ werden. Der überschüssige Strom soll vom Investor/Betreiber ins Netz eingespeist werden. Da der PV-Strom nicht jederzeit den Strombedarf von Sporthalle und Grundschule decken kann, bezieht Sachsenhagen weiterhin auch Strom von einem Versorger.

Die Ausschreibung bezieht sich also auf eine PV-Stromlieferung und erfolgt in diesem Fall nach der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO). Ziel ist der Abschluss eines Gestattungs- und Stromliefervertrags. Gestattet wird die Nutzung des Dachs, geliefert wird eine bestimmte Menge PV-Strom. Zu welchem Preis dieser Strom angeboten wird, ist Sache des Bieters/Investors und wichtiges Vergabekriterium. Anders als bei Mieterstrommodellen muss der Investor/PV-Anlagenbetreiber nicht zum Vollversorger von Strom werden.

Das Potenzial für PV-Anlagen auf kommunalen Dächern ist enorm.

Rahmenbedingungen

Im Vorfeld der Ausschreibung klärt die Gemeinde Sachsenhagen die Eckpunkte für die Ausschreibung: Wie groß ist die verfügbare Dachfläche, wieviel Strom kann dort erzeugt werden, welche Menge kann in den Gebäuden direkt verbraucht werden und soll folglich geliefert werden? Das Vergabevolumen (Vergabewertgrenze) muss abgeschätzt werden. Für Letzteres wurden zugängliche Daten zu Gestehungskosten (z.B. von Fraunhofer ISE) zuzüglich einer Rendite für den Investor angenommen. Da das geschätzte Volumen unter 215.000 Euro liegt, ist eine nationale Ausschreibung nach der UVgO durchzuführen. Läge das geschätzte Vergabevolumen höher, müsste europaweit ausgeschrieben werden.

Fehlt in der Verwaltung das Fachwissen zu PV, kann auch ein Solateur oder Energieberater eine Berechnung von erzeugter Menge und erwartetem Eigenverbrauch vornehmen. Im übrigen sollte mit dem Netzbetreiber im Vorfeld geklärt werden, welche maximale Anschlussleistung an das Netz möglich ist.

Bürgerbeteiligung
Der Gemeinde ist es wichtig, dass sich auch Bürgerinnen und Bürger an Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien beteiligen können. In die Leistungsbeschreibung wurde deshalb eine Bürgerbeteiligung von mindestens 49% am Investitionsvolumen aufgenommen. In der Praxis können damit sowohl Bürgerenergiegenossenschaften bieten als auch Unternehmen, die sich mit einer Genossenschaft zusammentun bzw. Bürgerbeteiligung an dem Projekt ermöglichen.  Zur Leistungsbeschreibung

Die Ausschreibung erfolgt durch den Landkreis Schaumburg, dessen Vergabestelle hier als Dienstleister für die Gemeinde agiert und das Verfahren formal abwickelt. Die Ausschreibung wird auf dem Vergabeportal Niedersachsen veröffentlicht.
Neben dem Preis müssen Bieter auch Eignungskriterien erfüllen und Referenzen von bereits realisierten Projekten nachweisen. Verfügen Bieter bislang nicht über Erfahrung mit PV-Projekten, können sie sich mit anderen zusammenschließen, die bereits Projekte realisiert haben. Diese sogenannte Eignungsleihe ist unter anderem in § 34 UVgO geregelt. Man kann sich der Eignungsleihe auf verschiedenen Wegen bedienen. Die Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft oder die Vereinbarung einer Bietergemeinschaft ist dabei genauso möglich, wie eine reine Nachunternehmerschaft.

Zuschlag
Der Zuschlag geht in dieser Ausschreibung an eine örtliche Bürgerenergiegenossenschaft. Sie hat sowohl die Anforderungen der Ausschreibung (Eignungskriterien und Referenzen) erfüllt als auch einen günstigen Preis für die Lieferung von PV-Strom angeboten.

Kalkulation des Angebots
Bei der Erstellung von Angeboten muss eine Bürgerenergiegenossenschaften ebenso wie andere Anbieter die gegebenen Rahmenbedingungen beachten und eine Kalkulation erstellen, die sowohl für die Gemeinde einen interessanten Preis für den PV-Strombezug beinhaltet als auch für die Genossenschaftsmitglieder eine gewisse Dividende sichert. Risiken, Steuern und zusätzliche Kosten, die sich aus dem Leistungsverzeichnis ergeben, müssen einkalkuliert werden. Die Rahmendaten der Kalkulation finden Sie in der Präsentation der Bürgerenergiegenossenschaft Schaumburg.

Vertrag

Als Grundlage für den Abschluss von entsprechenden Verträgen zwischen Kommunen und Investoren hat der Landkreis Schaumburg ein Muster für einen Gestattungs- und Stromliefervertrag erarbeitet. Er beinhaltet die Pflichten der Vertragspartner, Laufzeiten, Preisanpassungen, Rückbau und Weiteres.

Photovoltaik-Anlage auf einem Schuldach

Bildquelle: 282023909shutterstock_Laszlo66

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