Ambitionierte Ziele

Stichwort: Klimaneutralität

Klimaneutralität ist in aller Munde – Unternehmen, Kommunen, Produkte und Dienstleistungen wie auch Staaten streben es an: alle wollen „klimaneutral" sein, oder zumindest werden.

Die entscheidende Frage ist: Was ist gemeint, wenn man von Klimaneutralität spricht? Denn es gibt wichtige Unterscheidungen zwischen drei Konzepten, die oftmals synonym verwandt werden, aber etwas Unterschiedliches meinen und nicht zum gleichen Ergebnis führen: „Klimaneutralität", „Treibhausgasneutralität" und „CO2-Neutralität". Alle Ansätze beschreiben im Kern einen Ausgleich zwischen Emissionsquellen und –senken.

Die Klimaneutralität ist die ambitionierteste und umfassendste Form der Neutralität. Laut klimawissenschaftlicher Definition des Weltklimarats beschreibt sie einen Zustand, in dem menschliche Aktivitäten keine Nettoauswirkungen auf das Klimasystem haben. Demnach sollen alle Handlungen unterlassen oder ausgeglichen werden, die das Klimasystem beeinflussen – seien es durch Treibhausgasemissionen aber auch durch biogeophysikalische Effekte. Dazu zählen z.B. Emissionen von kühlenden Aerosolpartikeln, die Verursachung von wärmenden Kondensstreifen sowie Landnutzungsänderung, die zu veränderten Reflektions- und Absorbtionseigenschaften der Erdoberfläche für die Sonnenstrahlung führen (Albedo-Effekt).

Was in der Praxis oftmals gemeint ist, wenn von Klimaneutralität gesprochen wird, ist die Treibhausgasneutralität. Der Fokus liegt, wie der Name verrät, auf der Reduktion und dem Ausgleich von Treibhausgasen. Wichtig ist: Hier werden alle in den internationalen Klimaschutzabkommen (Kyoto-Protokoll und Doha Amendment) aufgelisteten Treibhausgase Kohlendioxid (CO2) Methan (CH4), Distickstoffoxid (N2O Lachgas) und fluorierten Treibhausgasen (die sog. F-Gase) berücksichtigt. Diese werden dann in CO2-Äquivalenten (CO2e) quantifiziert. Hier wird berücksichtigt, dass die anderen TH-Gase zum Teil einen viel stärkeren Einfluss auf das Klima haben als CO2. Die Nettoauswirkungen der menschlichen Aktivität, die durch biogeophysikalische Effekte das Klimasystem beeinflussen, werden hierbei – anders als bei der Klimaneutralität – vernachlässigt.

Da eine vollständige Einstellung aller menschengemachten Treibhausgasemissionen (Brutto-Null) unrealistisch ist, weil unvermeidbare Restemissionen aus Landwirtschaft, Industrie und Abwasserwirtschaft verbleiben, spricht man auch von Netto-Null. Um Netto-Null zu erreichen, müssen die unvermeidbaren Restemissionen ausgeglichen werden. Ein Ausgleich dieser Gase kann durch die zusätzliche Schaffung und Ausweitung von natürlichen CO2- Senken (Wälder, Böden, und Moore) erreicht werden. Negative Emissionen können auch durch künstliche Senken geschaffen werden.

Das dritte und am wenigsten ambitionierte Ziel ist die CO2-Neutralität. Hierbei werden nur die Emissionen des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) berücksichtigt. Die Emissionen von anderen wichtigen Treibhausgasen werden hier nicht betrachtet.

Wer plant welche Neutralität?
Die europäischen Klimaziele aus dem „EU Green Deal" beziehen sich auf "Netto-Null-Treibhausgasemissionen" (EU Green Deal), der deutsche Klimaschutzplan 2050 spricht von "Netto-Null-Emissionen" (BMU Klimaschutzplan 2050) und meint damit auch Treibhausgasneutralität, welche im Bundes-Klimaschutzgesetz definiert wird. Das Niedersächsische Klimagesetz zielt ebenfalls auf die Minderung der Treibhausgase und folgt ebenfalls dem Konzept der Treibhausgasneutralität.

Für die Zielsetzung in Kommunen gibt es eine Empfehlung der Umweltbundesamtes, die
Begriffe trennscharf gemäß den oben genannten Definitionen von Treibhausgas- und Klimaneutralität zu verwenden. In der Regel setzen sich Kommunen das Ziel der Treibhausgasneutralität – da es das ist, was Kommunen anstreben und beeinflussen können. Wichtig ist hier wie auch bei Unternehmen der so genannte Bilanzierungsrahmen, also welche Emissionen werden bilanziert.

Bei Gebietskörperschaften bezieht sich der Bilanzierungsrahmen i.d.R. auf das Territorium. Das bedeutet, dass Emissionen, die durch importierte Produkte hervorgerufen werden, nicht mit eingeschlossen sind, sondern dort erfasst werden, wo sie produziert werden.

Für Unternehmen gibt es noch keine klare Definition, wann sie sich „Klimaneutral" nennen dürfen. Eine entsprechende Norm (ISO/WS 14068 ) ist in Bearbeitung und wird für 2022 erwartet. Bis dahin sollten sich Unternehmen an den Hinweisen aus der Britischen Norm BS PAS 2060:2014-04-30 orientieren:

  • Die THG-Bilanz soll 100% der Emissionen aus Scope 1 (direkte Emissionen am Standort) und 2 (indirekte, energiebedingte Emissionen) enthalten sowie alle Emissionen aus Scope 3 (vor- und nachgelagerte Emissionen), die mehr als 1% zum gesamten Footprint beitragen.
  • Die Reduktion der Emissionen ist mit einem Jahresplan aufzuzeigen.
  • Die Kompensation der übrigen Emissionen erfolgt jährlich mit hochwertigen Zertifikaten (z.B. Gold Standard).

Fazit:

Staaten, Bundesländer, Kommunen und Unternehmen setzen sich Klimaschutz-Ziele und streben Neutralität an. Viele verwenden den Begriff der „Klimaneutralität", auch wenn sie eigentlich die „Treibhausgasneutralität" oder „CO2-Neutralität" meinen. Daher ist es wichtig, dass eindeutig konkretisiert wird, was gemeint ist.

Die KEAN richtet den Fokus ihrer Arbeit auf die Reduktion von Treibhausgasen, daher beziehen wir uns auf den Begriff „Treibhausgasneutralität". Auch wenn der Begriff Klimaneutralität bereits gesetzt oder in der Sprachpraxis etabliert ist, wie z.B. beim Projekt „Klimaneutrale Schule" oder dem neuen Beratungsangebot für Unternehmen „Transformationsberatung – Impuls Klimaneutralität", nutzen wir diesen im Sinne von Treibhausgasneutralität.

Für alle Konzepte gilt jedoch stets die Prämisse: Emissionen vermeiden – reduzieren – und die nicht vermeidbaren Emissionen ausgleichen.

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