Dr. Raphael Niepelt (IFSH) im Interview zur Wärmepumpenforschung

Wärmepumpenforschung als Motor der Energiewende in Niedersachsen

Wärmepumpen sind eine robuste, ausgereifte und verfügbare Technologie, um Heizungswärme und Warmwasseraufbereitung zuverlässig, leise und sicher bereitzustellen. Die zentralen Vorteile liegen zudem auf der Hand: die Nutzung von klimafreundlicher Umweltwärme sowie ihre Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern. Damit ist die Wärmepumpe ein Heizsystem mit Zukunft und Potenzial, welches sich schon heute in Neubauten und in Bestandsgebäuden integrieren lässt und somit den Klimaschutzzielen der Bundesregierung Rechnung trägt. Dr. Raphael Niepelt vom ISFH ist Mitglied der Wärmepumpen-Initiative Niedersachsen (WIN) und Experte im Bereich der Wärmepumpenforschung. Wir haben mit Herrn Dr. Niepelt über die Bedeutung der Forschung in Bezug auf die Wärmepumpe und die Umsetzung der Ergebnisse in die Praxis gesprochen.

Die praxisnahe Forschung zeigt, wie vielfältig die Einsatzmöglichkeiten von Wärmepumpen sind. Andererseits macht Forschung deutlich, wo die Grenzen für den Einsatz von Wärmepumpen derzeit liegen und welche Gebäude noch nicht Wärmepumpe-kompatibel sind. Die Forschung hat es sich hier zur Aufgabe gemacht, einzelne Wärmepumpen-Komponenten zu optimieren und das Anwendungsfeld somit zu erweitern. Das gesamte Heizsystem, sprich Wärmepumpe, Heizkörper und Gebäude, muss demzufolge in den Blick genommen werden. Häufig ist auch nicht klar, dass durch marginale Änderungen wie z.B. eine Anpassung der Heizkurve oder den hydraulischen Abgleich und den Austausch einzelner Heizkörper die Einsatzmöglichkeiten von Wärmepumpen bereits maßgeblich verbessert werden können.

Wie gelangen nun die Forschungsergebnisse in die Praxis? Diesen Wissenstransfer zu gewährleisten, ist eine der Kernaufgaben der Wärmepumpen-Initiative Niedersachsen (WIN). Ziel des Netzwerks ist es, die erforderliche Verbreitung von effizient betriebenen Wärmepumpenanlagen als besonders wichtigen Baustein der Energiewende in Niedersachsen durch Forschung und Entwicklung sowie durch Bildung und Aufklärung zu beschleunigen. Neu gewonnene Forschungserkenntnisse, die Analyse von Hemmnissen sowie entsprechende Lösungen sollen in die Praxis des Heizungshandwerks sowie von Energieberatern, Planerinnen und Anwendern einfließen.

 

 Wärmepumpe - Heizsystem mit Zukunft

 

KEAN: Herr Dr. Niepelt, warum ist der Einsatz der Wärmepumpe für Sie ein Motor der Energiewende in Niedersachsen?

Dr. Raphael Niepelt: Wir sind in Niedersachsen Vorreiter bei der Nutzung erneuerbarer Energien, aber es mangelt noch an der Verwertung außerhalb des Strombereichs. Die Wärmepumpe ist bestens geeignet, um erneuerbare Energien zu nutzen. Unsere wissenschaftlichen Simulationen und darin enthaltenen potenziellen Transformationspfade des niedersächsischen Energiesystem zeigen uns, dass die Wärmepumpe volkswirtschaftlich betrachtet eine sehr große Rolle spielt. Aus Systemsicht ist es äußerst sinnvoll, den durch Wärmepumpen erzeugten erneuerbaren Strom zum klimaneutralen Heizen zu verwenden. Die aus der Forschung erzielten Ergebnisse, die umgesetzt werden, um Verbesserungen an der Komponente Wärmepumpe und der Integration der Wärmepumpe in das Versorgungssystem vorzunehmen, haben einen enorm positiven Einfluss auf unser Energiesystem. Deshalb ist die Forschung hier auf vielen Feldern sehr aktiv.

KEAN: Welche Forschungsbereiche werden konkret betrachtet?

Dr. Raphael Niepelt: Die Forschungsbereiche sind sehr komplex. Das beginnt bei der Materialphysik und Materialchemie, wie den Fluiden als Wärmeüberträger, über den thermodynamischen Kreisprozess bis hin zur Integration der Wärmepumpe in das Versorgungssystem, auch im Quartier. Letztendlich ist die Gesamtsystembetrachtung wichtig, denn das Ziel ist es, die Wärmepumpe in der Breite auszurollen und das hat gesamtgesellschaftliche Auswirkungen.

KEAN: In welchen Forschungsbereichen der Wärmepumpe gibt es Ihrer Meinung nach das größte Entwicklungspotenzial?

Dr. Raphael Niepelt: In der Komponentenentwicklung gibt es noch einiges zu tun. Viele Wärmepumpen funktionieren heute schon gut. Dennoch wird die Technologie weiterentwickelt, um den Einsatzbereich von Wärmepumpen zu vergrößern, Effizienz und Komfort zu verbessern, Produktionskosten zu senken und nachhaltiger zu werden, z.B. durch den Einsatz klimafreundlicher Kältemittel oder durch Materialeinsparungen.

Ein weiteres erhebliches Potential liegt in der Systementwicklung. Ein Beispiel ist die gleichzeitige Bereitstellung von Wärme und Kälte, die in Systemen, in denen beides gebraucht wird, einen großen Effizienzhebel bietet. Für solche Anwendungsfälle spielen Wärmenetze und oberflächennahe geothermische Erdwärmespeicher eine wichtige Rolle. Die Systemkomponenten können nicht unabhängig voneinander entwickelt werden. Und nicht zuletzt müssen wir spezielle Lösungen für die Anwendungsfälle entwickeln, in denen die Wärmepumpe heute noch keine Rolle spielt, wie z.B. für den Ersatz von Gasetagenheizungen.

KEAN: Herr Dr. Niepelt, welche Komponenten der Wärmepumpe müssen noch effizienter arbeiten, um die Integration in das Versorgungssystem zu beschleunigen?

Dr. Raphael Niepelt: Ein Schlüssel liegt in dem Design passender Systeme für das Gebäude. Um ihren Effizienzvorteil bestmöglich nutzen zu können, müssen Wärmepumpen richtig dimensioniert und eingebunden werden. Praxisnahe Forschung in Demonstrationsprojekten kann helfen, das hierfür benötigte Wissen zu generieren und zu verbreiten.

KEAN: Wie lange dauert es in der Regel, bis Erkenntnisse der Forschung in der Produktion von Wärmepumpen umgesetzt werden können?

Dr. Raphael Niepelt: Das hängt von der Art der Forschung ab. Wenn wir am ISFH auf unseren Prüfständen entwicklungsbegleitende Forschungsaufträge für die Industrie durchführen, fließen diese Ergebnisse sofort in die Produktion ein. In anderen Forschungsbereichen benötigt man mehr Zeit. Deswegen ist der beschleunigte Wissenstransfer in die Praxis, den wir mit WIN angehen, von zentraler Bedeutung.

KEAN: Angesichts des Ziels der Bundesregierung in kurzer Zeit 500.000 Wärmepumpen zu installieren: Sehen Sie Einschränkungen in Ihrer Forschungsarbeit, weil der Erwartungsdruck an eine schnelle Umsetzung von Politik, Industrie und Verbrauchern nun sehr hoch ist?

Dr. Raphael Niepelt: Einschränkungen in der Forschungsarbeit erleben wir nicht. Der Abschied vom Gaskessel, auf dessen Notwendigkeit die Wissenschaft schon länger hingewiesen hat, bedeutet aber eine enorme Umstellung für die Heizungsbranche.

Aus diesem Grund gibt es einen hohen Bedarf an Aus- und Weiterbildung, die gefördert werden sollte. Auch forschungsseitig müssen wir uns darum kümmern, Lösungen für die schon erwähnten, bislang noch nicht Wärmepumpe-kompatiblen Gebäude, zu erarbeiten. Eine Ausweitung der Forschungsförderung in diesem Bereich wäre sicherlich gut angelegtes Geld, um schneller Erfolge verzeichnen zu können.

KEAN: Herr Dr. Niepelt wir danken Ihnen herzlich für das Gespräch.

 

Weitere Informationen: 

Herr Dr. Niepelt hat zum Thema Wärmepumpenforschung während des 1. Niedersächsischen Wärmepumpentages referiert. Seinen und andere spannende Vorträge von der Tagung finden Sie hier

Mehr Informationen zur Wärmepumpen-Initiative Niedersachsen (WIN) gibt es hier

Allgemeine Informationen zur Wärmepumpe können Sie hier erhalten. 

 

Dr. Raphael Niepelt

Kontakt

Dr. Georg K. Schuchardt

0511 89 70 39-26
georgkonrad.schuchardt [at] klimaschutz-niedersachsen.de

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