Neue Ariadne-Studie weist den Weg

Wie kann Deutschland bis 2045 klimaneutral werden?

Im novellierten Bundes-Klimaschutzgesetz wurde verankert, dass Deutschland bereits im Jahr 2045 klimaneutral werden soll. Wie das gelingen kann, hat nun das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) in der Szenarienstudie "Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045: Szenarien und Pfade im Modellvergleich" im Rahmen des Ariadne-Projekts näher dargestellt.

Zunächst wird in der Analyse dargestellt, dass die Klimaneutralität bis 2045 „nur durch eine beispiellos zügige und tiefgreifende Transformation des gesamten Energiesystems" zu erreichen ist. Grundvoraussetzung ist laut Autorinnen und Autoren der Studie eine zeitnahe Umsetzung der Energiewende, die mit einem nahezu vollständigen Verzicht auf fossile Energieträger einhergeht. Hierzu muss laut Autorinnen und Autoren der Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich forciert werden. Unterstützend sollen in spezifischen Teilbereichen grüner Wasserstoff, grüne E-Fuels und nachhaltig erzeugte Biomasse zum Einsatz kommen.

Ausbau der Erneuerbaren muss beschleunigt werden

Für eine erfolgreiche Dekarbonisierung des Energiesystems ist laut der Studie eine Mischung aus verschiedenen Maßnahmen erforderlich. Grundvoraussetzung ist der Ausbau der erneuerbaren Energien, wodurch die Versorgung mit erneuerbarem Strom sichergestellt wird. Wenn alle Potenziale maximal ausgeschöpft werden, ist laut Analyse eine Erzeugung von bis zu 1.500 TWh/a im Jahr 2045 denkbar. Für den PV-Ausbau werden zur Erreichung der Klimaziele laut Studie je nach Szenario (stärkerer Fokus auf den Ausbau der Wind- oder Solarenergie) 210 bis 550 GW Leistung bis 2045 benötigt. Die Niedersächsische Landesregierung ist mit ihrem Ausbauziel von 65 GW PV-Leistung bis 2040 daher gut aufgestellt. Eine wichtige Rolle bei der Erzeugung von Solarstrom sollen laut Autorinnen und Autoren Freiflächen-Anlagen spielen, die etwa 40% der Leistung ausmachen sollen – wie groß das Potenzial der Freiflächen-PV ist, haben wir zuletzt bereits in einem Info-Text festgehalten.

Das Land Niedersachsen hat ambitionierte Ausbauziele für die Photovoltaik definiert - nun geht es um die Umsetzung

 

Elektrifizierung vorantreiben - Energieeffizienz verbessern

Neben dem Ausbau der Erneuerbaren muss laut der Szenarienstudie zudem die direkte Elektrifizierung des Energieverbrauchs deutlich gesteigert werden, z.B. durch Wärmepumpen bei der Gebäudewärmeversorgung. In den Zielszenarien sollte der Anteil der Elektrizität an der Endenergie von 18 % (im Jahr 2019) auf 40-69 % in 2045 erhöht werden. Unterstützend sollten Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe in einzelnen Bereichen eingesetzt werden. Um die Klimaneutralität 2045 zu erreichen, muss laut Studie zudem die Energieeffizienz deutlich gesteigert werden. In den im Report definierten Zielszenarien muss die Steigerung der Energieeffizienz bis 2045 zu einem Rückgang des Endenergieverbrauchs um 34-59 % gegenüber 2019 führen.

Eine verbesserte Energieeffizienz ist insbesondere im Gebäudesektor entscheidend, der im vergangenen Jahr als einziger Sektor die Klimaziele verfehlte. Im Gebäudebereich muss laut Studie zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 die Sanierungsrate gesteigert werden – bis zum Jahr 2030 auf mindestens 1,5 - 2,0 %. Die Sanierungstiefe der Gebäude entspricht in den Zielszenarien durchschnittlich nahezu dem KfW-55 Standard (wie auch schon in der Effizienzstrategie Gebäude 2015) – „eine flächendeckende Nutzung des Passivhausstandards KfW-40 ist hingegen nicht Teil des kostenoptimalen Transformationspfades".

Wärmepumpen als Heizsystem der Zukunft

Hinsichtlich der Anlagentechnik spielt im Gebäudesektor die Elektrifizierung „in allen Zielszenarien eine entscheidende Rolle" – insbesondere durch die Nutzung von Wärmepumpen. „Die indirekte Elektrifizierung über Brennstoffzellen oder Wasserstoffkessel spielt dagegen im Gebäudesektor eine vergleichsweise kleine Rolle". Dies ist durch wettbewerbsfähigere Alternativen wie Wärmenetze und Wärmepumpen begründet, aber auch durch eine „begrenzte Verfügbarkeit und hohe Kostenintensität von grünem Wasserstoff." Die KEAN hat die Wärmepumpe ebenfalls als effizientes und umweltfreundliches Heizsystem der Zukunft ausgemacht und treibt die verstärkte Nutzung von Wärmepumpen mit verschiedenen Projekten im Rahmen der Wärmepumpen-Initiative Niedersachsen voran.

Die Wärmepumpe - ein Heizsystem mit Zukunft, Bild: Stefan Koch

 

Einsatz von Wasserstoff vor allem in der Industrie

Aufgrund der elektrischen Alternativen im Wärmesektor sollte Wasserstoff laut der Studie zuerst in der Industrie eingesetzt werden (geeignet sind hierfür Stahl, Ammoniak, chemische Industrie und Raffinerie), aber auch für die Produktion von E-Fuels für den Schiffs- und Flugverkehr. Hierfür muss der Studie zufolge der Aufbau eines ersten Wasserstoff-Startnetzes und die Schaffung ausreichender Wasserstoffspeicherkapazitäten für den Ausgleich von Angebot und Nachfrage bei den Erneuerbaren geschaffen werden. Als Grundlage hierfür ist der Aufbau von Elektrolysekapazität genauso notwendig wie eine robuste Importstrategie. In Niedersachsen werden die verschiedenen Akteure der Wasserstoffwirtschaft aus Politik, Industrie und Wissenschaft bei diesen Vorhaben vom Niedersächsischen Wasserstoff-Netzwerk (NWN) unterstützt.

Kurzfristige Maßnahmen im Verkehrssektor nötig

Für den Flug- und Schiffsverkehr wird dem Wasserstoff und auch E-Fuels demnach eine wichtige Rolle zugesprochen. Die Studie stellt jedoch fest, dass „die direkte Elektrifizierung das größte THG-Emissionsminderungspotential im Verkehrssektor" hat. Um die Klimaziele zu erreichen – auch das stellt die Studie fest – reicht die bloße Elektrifizierung des Individualverkehrs jedoch nicht aus, da sich Änderungen am PKW-Gesamtbestand nur sehr langsam vollziehen: „Selbst mit einem massiven Anstieg des Anteils batterieelektrischer Fahrzeuge werden die Sektorziele aus dem KSG2021 (Klimaschutzgesetz 2021, Anm. d. Redaktion) bis zum Jahr 2030 nicht erreicht." Aus diesem Grund werden kurzfristige Maßnahmen nötig.

Als Möglichkeit werden „Maßnahmen zur Änderung des Mobilitätsverhaltens, wie der Wechsel auf andere Verkehrsträger" genannt - klare Ansatzpunkte, wie eine solche Änderung des Mobilitätsverhaltens, der Wechsel auf andere Verkehrsträger und das Klimaziel 2030 noch zu erreichen sind, präsentiert die Studie nicht.

Was ist also im Bereich Mobilität zu tun, um den Umbau des Verkehrssektors hin zu einem klimafreundlichen und nachhaltigen Verkehrssystem zu gewährleisten? Das Ziel ist es, so viel Verkehr wie möglich zu vermeiden, den nicht vermeidbaren Verkehr auf klimafreundlichere Verkehrsmittel zu verlagern und schließlich den noch verbleibenden Kfz-Verkehr so zu "verbessern", dass seine Emissionen deutlich reduziert werden. Die KEAN will mit verschiedenen Initiativen und Beratungsangeboten hierzu beitragen. Zur Stärkung des Radverkehrs unterstützt die KEAN unter anderem mit dem Beratungsangebot „Impulsberatung Fahrrad-Mobilität" Kommunen, den Radverkehr vor Ort zu sicherer und attraktiver zu machen. Für Unternehmen bieten wir das neue Beratungsangebot „Betriebliches Mobilitätsmanagement" an, das Unternehmen bei der Umsetzung nachhaltiger Mobilitätskonzepte unterstützen soll.

Mehr zu der Szenarienstudie „Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045: Szenarien und Pfade im Modellvergleich"

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