Reno Schütt ist Geschäftsführer der GEWO Gesellschaft für Bauen und Wohnen mbH mit Sitz in Nordhorn. Für Wohnungsunternehmen wie die GEWO stellt sich die effiziente und kostengünstige Wärmeversorgung von Mehrfamilienhäusern insbesondere in der aktuellen Zeit als eine wichtige Aufgabe dar. Messtechnik wie die aus dem Projekt FeBOp-MFH „Wärmeversorgung in Mehrfamilienhäusern - Permanente Betriebsoptimierung durch automatische Analyse im Feld" kann in diesem Zusammenhang dazu beitragen, die Effizienz von Heizzentralen zu analysieren, zu bewerten und Verbesserungsmöglichkeiten aufzudecken. Wir haben Reno Schütt zu den Erfahrungen der GEWO mit dem FeBOp-Messsystem befragt, welches in verschiedenen Mehrfamilienhäusern des Wohnungsunternehmens eingebaut wurde. Herr Schütt wird auch während des Abschluss-Workshops zum FeBOp-Projekt einen Vortrag zu seinen Erfahrungen halten - kostenfreie Anmeldungen zu der Hybrid-Veranstaltung sind auf dieser Seite möglich.

Das FeBOp-Messsystem in einem Heizungskeller
KEAN: Was hat Sie dazu bewogen, das FeBOp-System in Ihren Mehrfamilienhäusern einzusetzen?
Schütt (GEWO): Neugier, Wissensdurst und die Hoffnung auf Erkenntnisgewinn. Wir wissen schon lange, dass bei Verbesserungen der Anlagentechnik das Verhältnis aus Mitteleinsatz und Einsparpotential sehr gut ist. Deutlich besser als bei der energetischen Aufwertung der Gebäude. Es liegt also nahe, genau hier zu beginnen. Die Frage war nur, wie.
KEAN: Und da hat Ihnen das FeBOp-System geholfen?
Schütt (GEWO): Ja, genau. Wir werfen regelmäßig einen Blick auf unsere Daten und leiten daran kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmenziele ab, um die Anlagentechnik besser zu verstehen und den Energiebedarf zu senken. Mit dem FeBOp-System gelingt dies nun automatisiert, deutlich einfacher und mit angenehmer Leichtigkeit.
KEAN: Haben Sie ein konkretes Beispiel dafür, wo Sie das Tool in Ihrem Berufsalltag nutzen?
Schütt (GEWO): Das betrifft zunächst ein Objekt mit ca. 1.700 m² Wohnfläche, die sich auf 24 WE verteilen. Da es zwei identische Nachbargebäude gibt, übertragen wir die energetische Vorgehensweise auch auf diese Einheiten.
Wichtiger ist für uns jedoch ein Mehrfamilienhaus, das wir nach einem Jahr Messbetrieb auf den Luft-Wasser-Wärmepumpenbetrieb umrüsten werden. Der alte Gaskessel dient zunächst als Bivalenzgerät und soll die Spitzenlasten weiterhin abdecken – also wenn es knackig kalt ist. Die Größe der Wärmepumpe wird dabei ohne Risikoaufschlag direkt aus den FeBOp-Daten abgeleitet.
Geplant ist auch, die Heizkörper in den Wohnungen weiter zu nutzen und mit möglichst geringen Vorlauftemperaturen anzufahren. Das verringert Umrüstzeiten und Kosten. Am wichtigsten aber: Wir hoffen, diese Vorgehensweise auf andere Gebäude übertragen zu können und so auch dort schnell große Teile der Wärme zukünftig „grün" bereitstellen zu können.
Kommen wir zu den harten Fakten: Können Sie nach dem ersten Betriebsjahr des FeBOp-Systems bereits Optimierungspotenziale erkennen?
Schütt (GEWO): Definitiv! Zum Beispiel sind Heizungsanlagen häufig deutlich überdimensioniert – das 2-3fache des nötigen ist leider die Regel. Man verliert das Vertrauen in die Berechnungsgrundlagen und die damit verbundene Energie-/Investitionskostenverschwendung. Außerdem gibt es Anlagen, die selbst in den Sommermonaten munter vor sich „hinbrutzeln", ungenutzte Heizkreise bedienen wollen und dabei locker mehrere MWh sinnlos verballern. Da setzen wir an, sparen bares Geld für unsere Mieter!
KEAN: Wollen Sie das FeBOp-System in Zukunft weiter einsetzen? Falls ja, warum?
Schütt (GEWO): Ein ganz klares „Ja mit Ausrufezeichen"! Sehen Sie: Derzeit richten wir unser Gebäudeportfolio neu aus. Wir stehen schlicht und ergreifend vor der Frage, mit welchen Einheiten wir den Weg in die Zukunft gehen wollen und welche Gebäude unattraktive Mietobjekte sind oder absehbar werden. Um diese Bestände zu identifizieren, gleichen wir die Bauzustandsdaten mit dem individuellen CO2 Abdruck des jeweiligen Gebäudes ab. Übrig bleibt ein attraktiver Kernbestand. Diesen wollen wir dann dauerhaft in den FeBOp-Messbetrieb überführen und schrittweise verbessern.
Und dabei unterstützt das FeBOp-System in doppelter Hinsicht: Erstens liefern uns die Daten konkrete Ansätze für die Optimierung des Heizungsbetriebs und der Absenkung von Betriebstemperaturen. Zweitens ist es der Ausgangspunkt bei der präzisen Bestimmung der Heizleistung, dem Heizungstausch und dem Systemwechsel hin zu grüner Wärme. Das sind elementare Bestandteile, wenn wir als Wohnungsunternehmen auch in Zukunft marktfähig und attraktiv bleiben wollen.
Würden Sie anderen Wohnungsunternehmen den Einsatz eines Messsystems zur Effizienzkontrolle empfehlen? Aus welchen Gründen?
Schütt (GEWO): Unbedingt. Wir wissen viel zu wenig über das „Leben" in unseren Heizungskellern und den Adern, die sich von dort aus in das Gebäude verästeln. Eigentlich ein schlechter Witz, wenn man an Schlagworte wie Digitalisierung und Industrie 4.0 denkt. Das gilt selbst im Neubau und erst recht im Bestand. Die Messergebnisse zeigen immer wieder, dass man trotz Wissensentwicklung, Erkenntnisgewinnen und modernster Rechenleistung gern an der stumpfen Routine der vergangenen Jahrzehnte festhält. Es werden weiterhin die gleichen schlecht sitzenden Heizungsanzüge für unsere Gebäude entworfen. Kein Wunder, wenn der Anzug dann altbacken aussieht und mehrere Nummern zu groß ausfällt.
Wichtiger noch ist aber, dass die Anschaffungskosten bei der präzisen Heizanlagenauslegung sich gerade beim Umstieg auf Wärmepumpen erheblich beeinflussen lassen. Denn hier steigt der Preis überproportional mit dem Anstieg der Heizleistung. Von den Kosten im laufenden Betrieb einmal abgesehen.
KEAN: Vielen Dank für das Gespräch!
Weitere Informationen:
Über seine Erfahrungen wird Herr Schütt auch während des Abschluss-Workshops zum FeBOp-Projekt berichten - kostenfreie Anmeldungen zu der Hybrid-Veranstaltung sind auf dieser Seite möglich.
Weitere Informationen zum FeBOp-System finden Sie auf der Seite zum Projekt.