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Der KEAN ist es ein wichtiges Anliegen, den Wünschen und Ideen der jungen Generation eine Stimme zu geben und diese weiterzutragen. Daher haben wir ein Interview mit Julia geführt, die sich im Mai 2022 zur Klimabotschafterin hat ausbilden lassen. Wir haben bei Julia nachgefragt, was sie zu der Ausbildung motiviert hat, wie ihre Wünsche an Gesellschaft und Politik lauten und wie der Klimaschutz in Schulen verbessert werden kann.
Veröffentlicht am: 05. Juli 2022Im Projekt „Schule·Klima·Wandel 2.0" wurden im Frühjahr 2022 Schülerinnen und Schüler im Alter von 14 bis 19 Jahren zu Klimabotschafterinnen und Klimabotschaftern ausgebildet. Das Ziel: Junge Menschen fit machen in Sachen Klimaschutz und Nachhaltigkeit, damit diese dann ihr Wissen in Workshops an Gleichaltrige weitergeben können – nicht nur, aber auch in Niedersachsen. Eine der Schulungen fand vom 9. bis 14. Mai in der Region Hannover statt. Unter den 16 Teilnehmenden war auch die fünfzehnjährige Julia.
Selbst aktiv werden und etwas bewirken
KEAN: Was hat Dich motiviert, Dich für die Ausbildung zu bewerben?
Julia: Ich erlebe oft, dass Menschen nicht viel über den Klimawandel wissen. Das Wissen um die Zusammenhänge des Klimawandels ist aber die Basis, um aktiv zu werden für den Klimaschutz. Meine Motivation war, dieses Wissen weiterzugeben, ganz besonders an andere junge Menschen. Daher war ich begeistert von der Möglichkeit, selbst etwas zu machen, selbst etwas zu bewirken. Dabei hat mich vor allem das Peer-to-Peer-Prinzip überzeugt, also das Lernen unter Gleichaltrigen.
KEAN: Was hast Du in der Ausbildung gelernt? Was hat Dich dabei am meisten beeindruckt?
Julia: Natürlich haben wir in der Ausbildung die Grundlagen zu Klimaschutz und Klimawandel gelernt, wie den Treibhauseffekt und die Erderwärmung. Aber im Fokus standen Projekt-Management und wie man interaktive Workshops leitet. Wir haben geübt, wie man vor Gruppen redet und das eigene Wissen für junge Menschen gut verständlich rüberbringt. Mein persönliches Aha-Erlebnis war das Weltverteilungsspiel, bei dem wir uns einmal anhand der Weltbevölkerung auf den Kontinenten aufgestellt haben.
Beim zweiten Mal ging die Aufteilung dann anhand der CO2-Emissionen. Dabei sind die viel höheren CO2-Emissionen der Industrieländer sichtbar geworden. Das hat die globale Klima-Ungerechtigkeit für mich so deutlich gemacht und auch, wie sehr die Welt unter dem Wohlstand vergleichsweise weniger Menschen leidet. Sehr gut gefallen haben mir die abendlichen Fragerunden. Vieles davon nehme ich in meinem Alltag mit – auch Vieles, was man nicht im Klassenraum lernen kann.
Julia hat sich zur Klimabotschafterin ausbilden lassen
Argumentieren: Ja, aber nicht mit allen
KEAN: Habt ihr dabei auch Tipps bekommen, wie man mit Klimaskeptikern umgehen kann?
Julia: Ja, auch dazu haben wir Methoden gelernt. Aber auch, dass es hier immer wichtig ist, nach den Ursachen zu schauen: Oft sind Emotionen wie Ignoranz oder auch Angst der Grund. Hier kann man versuchen, sich mit den Argumenten auf diese Gefühlslagen zu beziehen und muss dabei immer sachlich bleiben. Das haben wir in Rollenspielen geübt. Anders sieht es bei felsenfesten Klimaleugnern aus, die ihre Meinung nicht diskutieren wollen. Hier brauchen wir uns nicht zu verkämpfen, das ist sinnlos.
Entschlossen gemeinsam handeln
KEAN: Bei manchen Menschen erzeugt der Gedanke an den Klimawandel Angst oder Resignation angesichts seiner dramatischen möglichen Folgen der Zukunft. Habt ihr auch gelernt, damit umzugehen?
Julia: Auch das war ein Thema. Wir haben gelernt, dass man diesen Gefühlen am besten mit hoffnungsvollen Beispielen begegnet – wie dem Ozonloch, das sich nach dem weltweiten Verbot von FCKW-Gasen wieder erholt. Dieses Beispiel macht Mut. Es zeigt: Wenn die Weltgemeinschaft entschlossen und gemeinsam handelt, können wir auch dem Klimawandel etwas entgegensetzen!
KEAN: Wie soll es nun mit Dir als Klimabotschafterin weiter gehen?
Julia: Ich freue mich schon auf meine ersten Einsätze, die nach den Sommerferien stattfinden sollen. Das funktioniert dann so: Schulen oder auch Jugendgruppen, die eine Klimabotschafterin oder einen Klimabotschafter für einen Workshop oder auch Projekttage einladen wollen, wenden sich an das Projektteam in Berlin. Von dort bekommen wir über eine App die Anfrage mit Ort und Termin. Dann wird geschaut, wer die Anfrage übernehmen kann und die Inhalte der Workshops werden individuell angesprochen.
Klimabotschafterinnen und Klimabotschafter bei der Ausbildung
Mehr Klimaschutz in Schulen
KEAN: Wie könnte man Klimaschutz noch besser zum Thema in Schulen machen?
Julia: Das würde ich mir auf jeden Fall wünschen! Das Thema sollte schon ganz früh in Schulen auf dem Plan stehen, also in den Grundschulen. Den Treibhauseffekt kann man sehr gut auch Jüngeren erklären. Jede weiterführende Schule sollte eine Klima-AG haben. Jeder kann und sollte einen Teil zum Klimaschutz beitragen und Schulen sollten dies mehr fördern – in AGs geht das sehr gut.
Forderungen an die Politik
KEAN: Wenn Du drei Wünsche an die Politik frei hättest, welche wären das?
Julia: Mein erster Wunsch ist, dass wir weniger Produkte importieren – vor allem bei Lebensmitteln, aber auch weniger Fast-Fashion. Eine Jeans reist mehr als einmal um die Welt, bis sie bei uns im Laden hängt. Da stimmt doch etwas nicht. Waren aus dem eigenen Land stärken die heimische Wirtschaft und vermeiden Emissionen. Damit wird nicht nur die Umwelt geschützt, sondern wir sind auch unabhängiger von anderen Ländern.
Mein zweiter Wunsch: Die Welt verändert sich, durch den Klimawandel aber auch den Krieg in der Ukraine. Wir leben in einer Zeit des Wandels und Politik muss sich daran anpassen. Die alten Denkweisen passen nicht mehr in die Welt, wie wir sie aktuell haben. Wir brauchen einen neuen Blick auf die Welt, auch in der Politik. Und drittens sollte Politik gerechter handeln. Das Wohl der Menschen in Deutschland, aber auch auf der ganzen Welt, sollte nicht mehr dem Profitstreben großer Konzerne untergeordnet werden!
KEAN: Wie denkst Du, können wir Dich dabei unterstützen?
Julia: Dieses Interview und die Plattform, die die KEAN mir damit bietet, ist genau die Unterstützung, die ich mir wünsche. Das Problem von uns jungen Menschen ist, dass man uns oft nicht zuhört oder uns nicht ernst nimmt, weil wir noch nicht „erwachsen" sind. Aber es ist vor allem unsere Zukunft, über die die Erwachsenen entscheiden. Unsere Gesellschaft muss offener werden. Jungen Menschen muss mehr zugehört und die Möglichkeit gegeben werden, sich einzubringen. Denn wir haben nur diese eine Welt und sie sollte uns wichtiger sein als Dinge wie ungebremstes Gewinnstreben oder Statussymbole.
KEAN: Was ist Deine Version von der „Welt von morgen" – was wünscht Du Dir für die Zukunft?
Julia: Ich wünsche mir, dass jeder Mensch seinen Teil dazu beiträgt, dass wir in Zukunft alle ein gutes Leben auf unserer Erde leben können. Daher würde ich mir mehr Aktivität aller Generationen wünschen – Passivität finde ich fast so schlimm wie Ignoranz gegenüber dem Klimawandel.
Und auf jeder Schule sollte eine Solar-Anlage sein, damit die Schulen ihre Emissionen senken können. Als Klimabotschafterin weiß ich um die Gefahren der Klimakrise, aber auch die Chancen, junge Menschen oder auch mein direktes Umfeld für mehr Klimaschutz zu motivieren.
KEAN: Liebe Julia, vielen Dank für dieses Gespräch! Wir wünschen Dir viel Erfolg für Deine Einsätze als Klimabotschafterin. Mit engagierten jungen Menschen wie Dir sind wir uns sicher, dass hier eine Generation aufwächst, in der viele die Ernsthaftigkeit des Klimawandels erkannt haben und entsprechend handeln.
Projekt Schule·Klima·Wandel 2.0
Das Projekt „Schule·Klima·Wandel 2.0" hat zum Ziel, eine (Klima-)gerechte Zukunft für alle zu schaffen und die Weichen für die kommenden Generationen zu stellen. Dabei werden junge Menschen angesprochen, gemeinsam mit Gleichaltrigen aktiv zu werden und ihre Schule und ihr Umfeld für eine nachhaltigere Zukunft mitzugestalten. Bundesweit wurden im Frühjahr 2022 in drei Schulungen 45 junge Freiwillige zu Klimabotschafterinnen und Klimabotschaftern ausgebildet. Sie geben nun ihr Wissen an Schulen weiter.
Für Lehrkräfte ab der siebten Klasse werden über das Projektteam individuelle Unterrichtseinheiten vermittelt, aber auch Inhalte und Themen für Projektarbeit. Auch Schülerinnen und Schüler können sich direkt beim Projektteam melden, wenn sie mehr über den Klimaschutz lernen wollen und Unterstützung bei konkreten Projekten brauchen.
Das Projekt „Schule·Klima·Wandel 2.0" wird noch bis Ende Mai 2024 von der Bundesregierung über die Nationale Klimaschutzinitiative gefördert. Dadurch sind die Besuche der jungen Klimabotschafterinnen und Klimabotschafter für Schulen und andere Interessierte in diesem Zeitraum kostenlos. Koordiniert wird das Projekt vom Verein Bildungswerk für Schülervertretung und Schülerbeteiligung e.V. (SV-Bildungswerk).
Bildungsreferent Matthias Koning vom SV-Bildungswerk betont: „Den Lernort Schule nachhaltig zu verändern und Jugendliche zu ermutigen, Gestaltende einer klimafreundlichen Schule und Gesellschaft zu sein – das ist die Idee hinter und das Ziel von „Schule·Klima·Wandel". Denn Jugendliche sind Expertinnen und Experten in eigener Sache – sie können und wollen Zukunft selbst gestalten. Nur oft werden sie noch nicht mal gefragt. Für uns als SV-Bildungswerk ist es deswegen besonders wichtig, dass wir Jugendliche darin bestärken, sich nicht nur damit zu befassen, wie die nächste Prüfung bestanden wird, sondern dass das gemeinsame Lernen für ihr Leben und ihre Mit- und Umwelt Sinn macht. Und wir beginnen da, wo Jugendliche mitunter die meiste Zeit verbringen, und es genug zu tun gibt: in der Schule". Das SV-Bildungswerk bietet neben „Schule·Klima·Wandel" auch langfristige Schulbegleitungen an, z.B. durch eine Klima-AG.
© Fotos: privat, Bildungswerk für Schülervertretung und Schülerbeteiligung e.V.
Weitere Informationen:
Infos zum Projekt „Schule·Klima·Wandel"
KEAN-Broschüren für Grundschulen zu Klimaschutz und nachhaltiger Mobilität
Ruth Märtin
0511 89 70 39-37
ruth.maertin [at] klimaschutz-niedersachsen.de