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Das Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz in Deutschland, besser bekannt als Energieeffizienzgesetz (EnEfG), ist am 18. November 2023 in Kraft getreten. Es gibt erstmals nicht nur verbindliche sektorübergreifende Energieeinsparziele für Deutschland. Es bringt darüber hinaus eine Reihe neuer und konkreter Vorgaben für Unternehmen mit sich und hat somit weitreichende Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft. Im Rahmen einer Online-Veranstaltung informierten sich Ende Februar 2024 mehr als 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die Auswirkungen des Energieeffizienzgesetzes auf Unternehmen.
Das Energieeffizienzgesetz und seine Pflichten für Unternehmen
Zunächst informierten die Rechtsanwältinnen Jacqueline Anni Rothkopf und Lena Ziska der Energierechtskanzlei RITTER GENT COLLEGEN über die Pflichten und Fristen des Energieeffizienzgesetzes (➥ Präsentationsfolien; ➥ Mitschnitt des Vortrags).
Die Pflichten gemäß EnEfG wurden dabei wie folgt zusammengefasst (Folie 7, RGC):
Neu ist, dass all diese Pflichten erstmals an den Gesamtendenergieverbrauch (EEV) geknüpft sind. Diese Information führte zu Nachfragen aus dem Teilnehmer-Kreis, da die Energieaudit-Pflicht gemäß Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G) bislang vom KMU-Status abhängig ist. Die Referentinnen klärten auf: Das EDL-G gilt auch weiterhin, so dass Nicht-KMU nach wie vor alle vier Jahre ein Energieaudit durchführen müssen, das den Anforderungen der DIN EN 16247-1 entspricht. Die Rechtsanwältinnen stellten jedoch eine geplante Novellierung des EDL-G in Aussicht, wonach die Energieaudit-Pflicht zukünftig ebenfalls vom EEV abhängig werden könnte.
Kleine und mittlere Unternehmen mit einem EEV größer 2,77 GWh müssen nach Aussage des BAFA hingegen keine konkreten durchführbaren Umsetzungspläne für Endenergieeinsparmaßnahmen nach § 9 EnEfG veröffentlichen, da ihnen die Grundlage für die Identifikation von Energieeffizienzmaßnahmen fehle (vgl. Folie 14 RGC). Ein Energie- oder Umweltmanagementsystem (EnMS/UMS) oder auch Energieaudits werden hierfür als Voraussetzungen angesehen.
Die Bedeutung des Energiemanagements wächst mit dem Energieeffizienzgesetz. Bildquelle: AdobeStock_478338227
Für betroffene/verpflichtete Unternehmen gilt: Die nach § 9 EnEfG binnen drei Jahren zu erstellenden konkreten und durchführbaren Umsetzungspläne sind zu veröffentlichen, z. B. auf der Internetseite des Unternehmens. Es gilt allerdings keine Umsetzungspflicht jener mithilfe der VALERI-Norm identifizierten wirtschaftlichen Endenergieeinsparmaßnahmen. Das EnEfG führt die Umsetzungspflicht der EnSimiMaV also nicht fort.
Unternehmen mit einem Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 7,5 GWh sind ferner zur Einrichtung eines EnMS oder UMS verpflichtet. Bei den nach § 8 EnEfG einzuführenden Managementsystemen muss es sich um ein Energiemanagementsystem nach DIN EN ISO 50001 oder um das Umweltmanagementsystem EMAS handeln. Ein UMS nach DIN EN 14001 wird nicht anerkannt. § 8 Abs. 3 EnEfG formuliert zudem Mindestanforderungen an die Managementsysteme, die sicherstellen sollen, dass Unternehmen zum Beispiel in der Lage sind, ihre Abwärmepotenziale kontinuierlich zu erfassen. Betroffene Unternehmen sollten also ihre genutzten EnMS und UMS dahingehend überprüfen und ggf. Anpassungen vornehmen.
Im weiteren Verlauf der Veranstaltung wurden die Auskunfts- und Meldepflichten zur Abwärme vorgestellt (§ 16 f. EnEfG). Die erstmalige Übermittelung der Informationen für Unternehmen ab einem EEV von mehr als 2,77 GWh zum 01.01.2024 wurde durch das BMWK bis zum 01.01.2025 ausgesetzt. Im Anschluss erfolgt die jährliche Übermittlung der Informationen bis zum 31.03.
Der Beitrag der Rechtsanwältinnen endete mit einem kurzen Exkurs zu den ökologischen Gegenleistungen für Privilegien. Bislang war die Einführung von Energiemanagementsystemen an jene Nutzung von Privilegien geknüpft. Gewährte Beihilfen müssen zusätzlich in Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz bzw. des Klimaschutzes eingesetzt werden (vgl. Folie 32 RGC).
Hilfestellungen wie die zugrunde liegenden Gesetzestexte und diverse Merkblätter sind Folie 30 zu entnehmen:
Einführung in die Bewertung von energiebezogenen Investitionen nach DIN EN 17463 (VALERI)
Professor Ulrich Nissen von der Hochschule Niederrhein stellte in seinem Beitrag die für die wirtschaftliche Bewertung von energiebezogenen Investitionen zugrunde liegende Norm vor, die DIN EN 17463 – auch VALERI-Norm genannt (➥ Präsentationsfolien; ➥ Mitschnitt des Vortrags). Die VALERI-Norm hilft Unternehmen seit dem Jahr 2021 dabei, wirtschaftlich vorteilhafte Klimaschutzmaßnahmen zu identifizieren und entsprechende Energieeinsparpotenziale auszuschöpfen. Es handelt sich um eine normative Norm, deren Einhaltung geprüft werden kann. Die VALERI-Norm ist inzwischen in einer Vielzahl von Gesetzestexten vorgeschrieben – eben auch im EnEfG. Professor Nissen betonte, dass die Wirtschaftlichkeitsdefinitionen der Gesetzestexte jedoch variieren und die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung je nach Gesetzesgrundlage zu erfolgen hat.
So gilt gemäß § 8 EnEfG eine Maßnahme „als wirtschaftlich, wenn sich […] nach maximal 50 Prozent der Nutzungsdauer ein positiver Kapitalwert ergibt, jedoch begrenzt auf Maßnahmen mit einer Nutzungsdauer von maximal 15 Jahren. Zur Bestimmung der Nutzungsdauer sind die Abschreibungstabellen für die Absetzung für Abnutzung [sog. AfA-Tabellen] des Bundesministeriums der Finanzen zu verwenden.“ Maßnahmen mit Nutzungsdauern von mehr als 15 Jahren (z. B. im Bereich der Gebäudesanierung) müssen demnach nicht bewertet werden.
Professor Nissen erläuterte anhand eines Rechenbeispiels die Kapitalwertmethode und gab Hinweise, wie Berechnungsparameter bestimmt werden können. Wesentlichen Einfluss auf den Kapitalwert haben demnach die Plan-Nutzungsdauer, Preisänderungsraten als auch der Kalkulationszinssatz. Sie sollten so gewählt werden, dass sie (für Dritte) nachvollziehbar sind. So kann der Kalkulationszinssatz in Abhängigkeit der geplanten Finanzierung (Eigen-, Fremdkapital, Mischfinanzierung) in Anlehnung an die erwartete Gesamtkapitalrendite des Unternehmens bzw. Kreditzins gewählt werden (vgl. Folie 13, Nissen).
Die VALERI-Norm geht über die Anwendung der Kapitalwertmethode hinaus. Die Inhalte der Norm können folgendem Schema entnommen werden (Folie 20, Nissen):
Im Schritt A werden sämtliche Nutzen und Anstrengungen/Lasten der geplanten Maßnahmen aufgelistet, auch die nicht-monetärer Art. Im nächsten Schritt (B) erfolgt die Bewertung der Maßnahme anhand der Kapitalwertmethode. Dabei ist eine Szenarioanalyse verpflichtend (most likely case, worst case, best case); eine Sensitivitätsanalyse ist hingegen freiwillig. Sind alle Analysen durchgeführt und haben entsprechende Ergebnisinterpretationen stattgefunden (Schritt C), legt das Unternehmen im Schritt D sämtliche Ergebnisse und zugrunde liegende Berechnungen in einem standardisierten Bericht nachvollziehbar dar. Die Gliederung eines solchen Berichts ist Folie 26 zu entnehmen. Der Bericht ist als PDF mit offener Exceltabelle als Anhang zu verfassen, so dass gesetzte Annahmen nachvollziehbar sind.
Professor Nissen bietet auf seiner Internetseite einen Leitfaden zur Anwendung der VALERI-Norm an: DIN EN 17463 VALERI (ulrichnissen.de).
Ann Kruse
0511 89 70 39-41
ann.kruse [at] klimaschutz-niedersachsen.de