KEAN: Herr Ewald, die Kombination aus Dachbegrünung und PV wird derzeit immer beliebter. Welche Vorteile bietet die Kombination?
Ewald: Eine Dachbegrünung schützt die Abdichtung gegen die schädlichen UV-Strahlen, die auf Dauer jegliche Materialien schädigen. Dadurch hält die Abdichtung doppelt so lange wie üblich, nämlich rund 40 bis 50 Jahre. Die Begrünung hat zudem einen Kühleffekt, denn die Pflanzen absorbieren die Hitze und sorgen zusammen mit der Substratschicht für eine weitere Isolierung des Daches. Die Dachbegrünung fördert zudem die Biodiversität, verringert je nach Gemeindegebiet die Regenwassergebühren – in Hannover immerhin um 50 % bezogen auf die begrünte Fläche – und schützt die Abdichtung gegen Hagel. Auch Starkregenereignisse werden immer häufiger und extremer. Wasser, das auf dem Dach zurückgehalten wird, entlastet die Kanalisation und schützt gegen Überflutung. Zudem schützt das Grün gegen die Überhitzung der Innenstädte.
KEAN: Nehmen Sie Änderungen bei der Nachfrage der Kombination wahr?
Ewald: Seit einem halben Jahr sind die Kombination aus Dachbegrünung und PV so stark gefragt, dass ich kaum noch dazu komme, ausschließliche PV-Anlagen zu planen und anzubieten.

Dachdeckermeister Jörg Ewald vor einem Photovoltaik-Modul auf einem Gründach. Foto: Heinz EWALD GmbH
KEAN: Für welche Dächer ist die Kombination aus PV und Dachbegrünung geeignet oder überhaupt nicht geeignet? Welche baulichen Voraussetzungen sollten gegeben sein?
Ewald: Flachdächer und flach geneigte Dächer sind generell ideal für diese Kombination. Grundsätzlich ist eine gute Statik in Bezug auf das Gründach wünschenswert, da dieses einen gewissen Gewichtsanspruch hat. Inzwischen gibt es jedoch auch leichte Lösungen, um knapp bemessener Statik zu begegnen. Die Möglichkeiten sind vielfältig, allerdings muss jede Anlage an das entsprechende Dach angepasst werden.
KEAN: Hat die Dachbegrünung Auswirkungen auf das Auslegungskonzept der PV-Anlage? Welche Auswirkungen hat die Dachbegrünung auf den Stromertrag einer PV-Anlage?
Ewald: Der Ertrag der PV-Anlage liegt in der Kombination bei 2 bis 4 % höher als über einer nackten Dachabdichtung. Grund hierfür ist der Kühleffekt durch die Dachbegrünung. Allerdings muss man die Module weiter auseinanderziehen, damit dazwischen noch Gründach stattfinden kann. Man muss daher mit etwa 30 Prozent weniger photovoltaischer Leistung auf der gleichen Fläche planen. Das passt wiederum hervorragend zu einer Auslegung, die auf einen hohen Eigenverbrauch zielt oder zu einer großen Dachfläche.
KEAN: Kann eine (standardisierte) Aufdachanlage verwendet werden oder werden Spezialmodule benötigt?
Ewald: Die PV-Module auf dem Gründach sind die gleichen wie auf einem Steildach. Die Anforderung beim Gründach ist immer, dass die Vorderkante des Moduls mindestens 25 cm über der Pflanzendecke liegt, damit keine Verschattung eintreten kann.
KEAN: Welche Mehrkosten entstehen im Vergleich zu einer standardisierten Aufdachanlage?
Ewald: Der Mehraufwand pro Kilowatt-Peak liegt bei etwa 300 €.
KEAN: Wie sehen angesichts dieses Mehraufwands die Amortisationsdauer und die Stromgestehungskosten aus?
Ewald: Ich kann dies an einem konkreten Beispiel eines Unternehmens deutlich machen: Bei dem Unternehmen wurde im Jahr 2022 eine PV-Anlage mit einer Leistung von 30 kWp installiert. Die Kosten für die Anlage lagen bei etwa 65.000 € netto, die Kosten für die Dachbegrünung bei etwa 18.000 € für eine Dachfläche von rund 225 Quadratmeter. Die Anlage generiert einen Jahresstromertrag von rund 31.600 kWh, wodurch sich – in Kombination mit einem Speicher – eine Eigenverbrauchsquote von rund 66 % erreichen lässt. Hieraus ergibt sich eine Amortisationsdauer der Anlage von etwa 10 Jahren – die Stromgestehungskosten liegen bei etwa 11 Cent je kWh. Das ist deutlich günstiger als die marktüblichen Stromlieferpreise von derzeit rund 25 Cent je kWh. Das Unternehmen kann also durch den Eigenverbrauch seines selbst erzeugten Solarstroms seine Stromrechnung deutlich reduzieren.