Nachgefragt bei Enercity Netz

Das gibt es bei der Anmeldung von Stecker-Solargeräten beim Netzbetreiber zu beachten

Steckersolargeräte erfreuen sich aktuell einer zunehmenden Beliebtheit. Ein großer Vorteil liegt darin, dass die Geräte auch von Laien beim Netzbetreiber angemeldet werden können und in der Regel kein Elektrofachbetrieb nötig ist. Wir haben bei enercity Netz nachgefragt, wie die Anmeldung von Stecker-Solargeräten funktioniert, was Interessierte bedenken müssen und wie der bürokratische Aufwand möglichst geringgehalten werden kann.

Ein Großteil des Stroms, der mittels Stecker-Solargeräten (auch bekannt als "Balkon-Kraftwerke" oder "Micro PV") produziert wird, wird direkt vor Ort für Kühlschrank, Elektrogeräte und Co. genutzt. Es kann jedoch auch dazu kommen, dass überschüssiger Strom eingespeist wird. Aus diesem Grund müssen die Geräte auch beim lokalen Netzbetreiber angemeldet werden. Viele befürchten in diesem Zusammenhang einen hohen bürokratischen Aufwand und auch die sogenannte 70%-Abregelung bringt einige Interessierte davon ab, sich für ein Stecker-Solargerät zu entscheiden. Dass der Anmeldeprozess gar nicht so kompliziert sein muss, zeigt die enercity Netz GmbH, die ein vereinfachtes Anmeldeverfahren implementiert hat. 

 

KEAN: Was gibt es für Interessierte bei der Anmeldung von Stecker-Solargeräten bei Ihnen zu beachten?

enercity Netz: Die Micro PV-Anlage muss zunächst über eine eigene Zuleitung oder über eine Energiesteckdose angeschlossen werden. Die Sicherung des Stromkreises, an der die Micro PV-Anlage hängt, muss zudem ggf. gegen eine kleinere getauscht werden. Der Anschluss an eine „Schuko"-Steckdose ist nicht zulässig. Es gab zwar den Versuch, eine neue Produktnorm zu erarbeiten – dieser ist aber vorerst gescheitert. Zum Zählerwechsel sollte die Anlage betriebsbereit sein.

KEAN: Warum müssen vorhandene Zähler mit Rücklaufsperre gegen einen Zweirichtungszähler getauscht werden?

enercity Netz: Die Strommenge muss richtig bilanziert und an den Übertragungsnetzbetreiber gemeldet werden können – denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass mit dem neuen Solargerät auch Strom eingespeist wird.

KEAN: Stichwort „Zählerwechsel": Kümmern Sie sich als Netzbetreiber um den Austausch? Mit welchen Kosten müssen Interessierte rechnen?

enercity Netz: Die Kosten für den Zählertausch stellen wir bei Mikro-PV-Anlagen nicht in Rechnung.

KEAN: Welche Unterlagen müssen bei Ihnen eingereicht werden, damit der Steckersolarbetrieb genehmigt wird?

enercity Netz: Für die Anmeldung einer Micro PV-Anlage muss der Kunde das stark vereinfachte Anmeldeformular auf unserer Internetseite ausfüllen und zusammen mit den Datenblättern von Modulen und Wechselrichter einreichen.

KEAN: Die 70%-Regelung (Erklärung siehe hier) hält aktuell viele Interessierte davon ab, sich ein Steckersolargerät anzuschaffen. Wie geht Ihr Unternehmen mit der Regelung um, da die Steckersolargeräte ja bekanntlich nicht in der Lage sind diese einzuhalten?

enercity Netz: Wenn der Kunde auf die Einspeisevergütung verzichtet, verlangen wir keine 70 %-Begrenzung. Es gilt hier auch 70% der installierten PV Leistung, nicht der Wechselrichterleistung. Dies wird teilweise verwechselt. 

KEAN: Viele Eigenheimbesitzer haben bereits eine PV-Anlage auf dem Dach, wollen jedoch zusätzlich auch Steckersolargeräte auf dem Balkon nutzen. Ist dies problemlos möglich? Wie muss in dem Fall mit der 70%-Regelung umgegangen werden?

enercity Netz: Die Installation einer Micro PV-Anlage ist bei vorhandenen Anlagen (auch einer vorhandenen Micro PV-Anlage) in Überschusseinspeisung wie eine Anlagenerweiterung zu betrachten. Findet die Erweiterung innerhalb von 12 Monaten statt, ist eine vollständige Anmeldung gem. VDE-AR-N 4105 durch den Fachinstallateur erforderlich.

Ist die Altanlage jedoch länger als 12 Monate im Betrieb, kann die Micro PV-Anlage mit dem vereinfachten Anmeldeformular angemeldet werden. Hier gilt, dass entweder die Micro PV-Anlage die 70%-Regel erfüllt und der Kunde damit für beide Anlagen die Einspeisevergütung erhält oder bei Verzicht auf die Einspeisevergütung der Micro PV-Anlage, wird die Einspeisevergütung nur anteilig ausgezahlt. Bei Anlagen in Volleinspeisung kann eine zusätzlich Mikro PV-Anlage hinter den Bezugszähler installiert werden.

Andersherum muss bei der Installation einer „normalen" PV-Anlage der gleiche Anmeldeprozess durchlaufen werden wie ohne vorherige Micro PV-Anlage. Bei der 70%-Begrenzung muss die PV-Leistung von „normaler" und Micro PV-Anlage addiert werden. Die Inbetriebnahme der Anlagen ist erst nach Freigabe erlaubt.

KEAN: Häufig wird die Befürchtung zum Ausdruck gebracht, dass die Stabilität des Netzes unter den vielen dezentralen Erzeugungsanlagen leiden könnte. Sehen Sie die Sicherheit Ihres Netzgebiets durch die Nichteinhaltung der 70%-Begrenzung für Steckersolargeräte gefährdet?

enercity Netz: Bislang nicht, die Summe der installierten Leistung ist gering und der dezentral erzeugte Strom wird überwiegend im Gebäude direkt verbraucht.

KEAN: Welche Maßnahmen würden Sie anderen Netzbetreibern empfehlen, damit der bürokratische Aufwand bei der Steckersolaranmeldung möglichst gering bleibt und Personalkapazität gespart wird?

enercity Netz: Das Anmeldeverfahren sollte möglichst transparent sein und nur die notwendigen Informationen erfragen.

 

Weitere Informationen:

Die enercity Netz GmbH ist eine 100-prozentige Tocher der enercity AG, die als kommunaler Energieversorger rund eine Million Menschen mit Strom, Wasser und Wärme versorgt. Mit rund 1.200 Mitarbeitenden sorgt die enercity Netz für den Betrieb und die Entwicklung des Strom- und Gasnetzes im Raum Hannover. 

Zum Anmeldeverfahren für PV-Anlagen bei der enercity Netz

 

Zur 70%-Abregelung:

Die 70%-Abregelung wird für Neuanlagen zum 01.01.2023 abgeschafft - laut Plänen des BMWK sollen auch bestehende Anlagen von der Regelung befreit werden. Eine entsprechende Änderung für Bestandsanlagen steht jedoch noch aus. Mehr zum Hintergrund der 70%-Abregelung finden Sie in diesem Info-Text. 

 

Faktenpapier zum Thema "Steckersolar - eigener Strom vom Balkon" (PDF)  

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