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Die ISO 14001 ist der international angewendete und akzeptierte Standard für Umweltmanagementsysteme und legt fest, wie Organisationen ihre Umweltleistung verbessern, Anforderungen erfüllen und Umweltziele erreichen können. Die Rufin cosmetic GmbH aus der Wedemark (Region Hannover) ist in der Kosmetikindustrie tätig und eines von rund 13.500 Unternehmen (Stand 2022), die nach ISO 14001 zertifiziert sind. Ferner engagiert sich Rufin cosmetic bei ÖKOPROFIT Hannover und hat eine 500 kWp Photovoltaikanlage auf dem Firmendach installiert. Wir haben mit Marco Schmidtke (Qualitätsmanagementsbeauftragter) über die Motivation, Vorgehensweise und Einführung der ISO 14001 gesprochen.
KEAN: Warum ist Rufin cosmetic ein systematisches Umweltmanagement wichtig?
Marco Schmidtke: Zuallererst gehört umwelt- und ressourcenschonendes Handeln zu unserem unternehmerischen Selbstverständnis. Weiterhin wird es von unseren Kunden gefordert und ist in einem von starkem Kostendruck geprägten Marktsegment zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit unabdingbar. Als europaweit agierendes, aber stark in der Wedemark verwurzeltes Familienunternehmen engagieren wir uns daher seit Jahren in diesem Bereich, sowohl im regionalen als auch im überregionalen Maßstab. Die Einführung, Aufrechterhaltung und stetige Verbesserung eines systematischen Ansatzes – wie der ISO 14001 – war daher nur ein logischer Schritt für uns.
KEAN: Welche Umweltaspekte sind relevant für Rufin cosmetic? Welches übergeordnete Umweltziel hat sich Rufin cosmetic gesetzt?
Marco Schmidtke: Eine übergeordnete Rolle spielt für uns der effiziente Einsatz unserer Hauptenergieträger Erdgas und Strom. Als Unternehmen der Kosmetikindustrie sind der verantwortungsvolle und sparsame Umgang mit weiteren Rohstoffen, das Gefahrstoffmanagement, die Reduktion unserer Emissionen und die konsequente Vermeidung von Abfall zudem von großer Bedeutung.
Durch unseren Umzug an einen neuen Produktionsstandort in der Wedemark im Jahr 2016 wurde in dieser Hinsicht bereits sehr viel erreicht. Denn hier produzieren wir mit modernster und dadurch effizienter Produktions- und Gebäudetechnik. Unser übergeordnetes Umweltziel ist die weitere Reduktion unseres fossilen Energiebedarfs.
KEAN: Welche Aspekte sind Ihrer Meinung nach besonders schwierig umzusetzen?
Marco Schmidtke: Am anspruchsvollsten sind unserer Meinung nach die Ermittlung und das Monitoring der Umweltkennzahlen, denn diese erfordern ein gründliches, kritisches und regelmäßiges Durchleuchten des Betriebes verbunden mit einer recht aufwändigen Dokumentationsarbeit. Hierbei kann man sich aber, sofern notwendig, sehr gut durch externe Berater unterstützen lassen. Wir haben dies durch unsere Teilnahme an ÖKOPROFIT Hannover getan.
Eine weitere Herausforderung kann darin bestehen, alle Mitarbeiter entsprechend einzubeziehen. Ein gutes Umweltmanagementsystem kann nicht von oben aufgezwungen werden. Es muss von jedem verstanden, akzeptiert und gelebt werden. Im Sinne der ISO 14001 ist es erforderlich, auf allen Unternehmensebenen „Bewusstsein“ und „Kompetenz“ zu erzeugen. Jeder Mitarbeiter muss also dazu in der Lage und willens sein, zu erkennen, inwiefern sein individuelles Handeln zur gesamten Umweltleistung des Unternehmens beiträgt.
KEAN: Wie können Maßnahmen im Unternehmen aussehen?
Marco Schmidtke: Das möchte ich an unserer bisherigen Lieblingsmaßnahme verdeutlichen: Das Umweltziel, und damit die Aufgabenstellung an die Kollegen, war die Reduktion von Abfall.
Wir beziehen unsere Primärpackmittel auf Paletten. Der Stabilität wegen sind diese lagenweise mit Papp-Trays separiert. Diese wurden lange Zeit sofort nach Entnahme der Packmittel von der Palette entsorgt. Ein Kollege aus der Produktion hat dies bemängelt. Die Nachfrage beim Lieferanten ergab, dass es die Trays auch in einer Mehrwegvariante gibt. Wir haben also auf diese Mehrwegvariante umgestellt und konnten so durch eine bloße Formalität im Bestellvorgang eine kosten- und aufwandsneutrale Reduktion unserer Abfallfraktion „Verpackungen aus Papier und Pappe“ (AVV 15 01 01) um rund 12.000 kg pro Jahr erreichen. Das entspricht mehr als 10 Prozent unserer jährlichen Gesamtmenge. Die besten Maßnahmen ergeben sich also oft, wenn man unter einer allgemeinen Aufgabenstellung einzelne Details hinterfragt.
KEAN: Was gilt es, bei der Einführung eines Umweltmanagementsystems gemäß ISO14001 aus Ihrer Sicht zu berücksichtigen?
Marco Schmidtke: Für den Aufbau eines Umweltmanagementsystems sollte man sich etwas Zeit lassen, denn dessen tiefe strukturelle Verankerung im Unternehmen ist sehr wichtig. Dabei gilt es, alle Mitarbeiter entsprechend ihrer Funktion einzubeziehen. Jeder muss sich über seine individuelle Rolle und Verantwortung innerhalb des Umweltmanagementsystems im Klaren sein.
Das System an sich sollte man so schlank wie möglich halten. Gerade Unternehmen, die im Umgang mit Standards und Normen noch nicht geübt sind, neigen dazu, es bei der „dokumentierten Information“ zu übertreiben. Dadurch steigt der Aufwand zur Pflege der Dokumentation, wodurch Zeit verloren geht, die besser in die Umsetzung von Umweltzielen und -maßnahmen investiert wäre.
KEAN: Wie lange dauerte der Initiierungsprozess und wie hoch waren Ihre internen Kosten?
Marco Schmidtke: Unser Initiierungsprozess fand in Form der ÖKOPROFIT Einsteigerrunde 2019/2020 statt, die von der Wirtschaftsförderung Hannover betreut wird. Mit anschließender Erweiterung unseres Umweltmanagementsystems auf die Anforderungen der ISO 14001 haben wir ca. 15 Monate vom Entschluss der Umsetzung bis zum Zertifikat gebraucht. Die Kosten für ÖKOPROFIT und das Zertifizierungsaudit bewegten sich im oberen vierstelligen Bereich. Der personelle Aufwand betrug ca. 50 Personentage.
KEAN: Haben Sie Beratungs-/Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen? Wie hoch waren die Kosten für externe Dienstleistungen?
Marco Schmidtke: Als bei uns die Entscheidung für die Umsetzung eines Umweltmanagementsystems nach ISO 14001 getroffen wurde, waren wir schon nach IFS HPC[1] und ISO 22716[2] zertifiziert. Wir hatten also bereits entsprechende Managementsystem- und Auditerfahrung. Ein Vorteil für uns, denn dadurch war ein Teil des Knowhows bereits im Voraus vorhanden.
Das fehlende Wissen bezüglich der Umweltthematiken haben wir uns dann durch Teilnahme an der ÖKOPROFIT Hannover Einsteigerrunde 2019/2020 und durch anschließende – bis heute andauernde – Teilnahme an den ÖKOPROFIT Klubrunden angeeignet. ÖKOPROFIT hat uns zugleich durch vorgefertigte Arbeitsblätter beim Aufbau der Datenbasis unterstützt und somit einen signifikanten Teil der von der ISO 14001 geforderten dokumentierten Information geliefert. Die Arbeitsblätter als Leitfaden und die Möglichkeit, Feedback von den Ökoprofit-Beratern zu erhalten, hat erlaubt, dass wir keine weiteren externen Beratungsleistungen in Anspruch nehmen mussten.
Unsere diesbezüglichen Kosten beschränkten sich also auf die Gebühr für die Teilnahme an ÖKOPROFIT Hannover. Diese ist nach Unternehmensgröße (gemessen an der Mitarbeiterzahl) gestaffelt und befindet sich für Rufin (mit 45 Mitarbeitern) im niedrigen vierstelligen Bereich pro Jahr. Dieser Preis ist unseres Erachtens überaus fair und wird durch den aus ÖKOPROFIT generierten Nutzen mehr als wettgemacht.
Durch Umweltmanagementsysteme nachhaltiger wirtschaften. Bildquelle: AdobeStock_531453826
KEAN: Wie haben Sie das Managementsystem bei Ihnen strukturell verankert?
Marco Schmidtke: Unser Qualitäts- und Umweltmanagementsystem durchzieht den gesamten Betrieb. Es ist in allen Abteilungen (Einkauf, Labor, Produktion, Verkauf und Lager) sowie deren Prozessen integriert, wird durch unsere engagierten Mitarbeiter aktiv gelebt und durch die Geschäftsführung unterstützt und gefördert.
Als sehr produktiv und hilfreich bei der Umsetzung des Umweltmanagementsystems hat sich unser Umweltteam erwiesen. Es besteht aus Kolleginnen und Kollegen aller Fachbereiche und trifft sich regelmäßig – je nach Bedarf in voller oder variabler Zusammensetzung – um aktuelle Themen, Probleme oder geplante Änderungen zu besprechen. Durch die multidisziplinäre Zusammensetzung fungieren seine Mitglieder als Multiplikatoren, die ihr Wissen und Engagement in die Abteilungen tragen.
KEAN: Haben Sie die DIN EN ISO 14001 in andere ggf. vorhandene Managementsysteme integriert (z. B. ISO 9001)?
Marco Schmidtke: Ja, wir betreiben ein integriertes Qualitäts-, Risiko- und Umwelt-Managementsystem. Dieses wird den Anforderungen des IFS HPC 3, der ISO 22716, der ISO 14001 und von ÖKOPROFIT Hannover gerecht. Die Integration aller in einem Betrieb umgesetzten Standards und Normen sehen wir als sehr sinnvoll an, da man so Synergien nutzen kann. Dadurch reduziert sich der Aufwand zur Aufrechterhaltung des Systems an sich und man kann sich dessen eigentlichem Zweck widmen: Der fortlaufenden Verbesserung der Qualitäts- und Umweltleistung und der Minimierung von Risiken.
KEAN: Welche Kosteneinsparungen wurden durch die Zertifizierung realisiert (im Startjahr und in den Folgejahren)? Lohnen sich Aufwand und Kosten?
Marco Schmidtke: Durch den Umzug in unseren neuen Produktionsstandort, der vor Einführung unseres Umweltmanagementsystems stattfand, waren bei uns die wirklich großen Einsparpotentiale bereits ausgeschöpft. Grund dafür war, dass wir das neue Gebäude und die Produktionstechnik nach dem aktuellen Stand der Technik geplant und umgesetzt haben. Wir arbeiten also derzeit eher an Verbesserungen im Detail, die lediglich kleine Einsparungen bringen. Daher halten sich bei uns die Kosten und der rein monetäre Nutzen aktuell in etwa die Waage.
Für uns liegen die Vorteile unseres Umweltmanagementsystems eher im nicht bezifferbaren Bereich bzw. in der Verhinderung zukünftiger Kosten: Wir werden unserer selbstverständlichen Verantwortung für die Umwelt gerecht. Wir fördern das Engagement und die Teilhabe unserer Mitarbeiter. Wir sind glaubwürdiger und attraktiver für potenzielle neue Mitarbeiter. Wir agieren transparent gegenüber Behörden und schaffen dadurch Rechtssicherheit. Das vermeidet Probleme. Wir hinterfragen geplante Maßnahmen bereits vor der Umsetzung und verhindern dadurch mögliche teure Fehler. Wir entsprechen dem Wunsch unserer Kunden nach verantwortungsbewusst hergestellten Produkten. Um nur einige zu nennen. Die Antwort auf die Frage ob sich Aufwand und Kosten lohnen ist aus unserer Sicht ein klares „Ja“.
KEAN: Was sind die nächsten Schritte der Rufin cosmetic GmbH?
Marco Schmidtke: Einer unserer nächsten Schritte ist die Ergänzung unserer 500 kWp Photovoltaikanlage um Speichertechnologie. Damit werden wir in der Lage sein, unsere selbst erzeugte Energie besser für den Betrieb unserer Produktionsanlagen zu verwenden. Weiterhin befinden wir uns derzeit in der Umsetzungsphase zur Installation von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge.
Rufin cosmetic produziert am Unternehmensstandort eigenen Solarstrom. Bildquelle: Rufin Cosmetic.
KEAN: Welche Vorteile hat Rufin cosmetic durch die Zertifizierung nach DIN EN ISO 14001 erlangt?
Marco Schmidtke: Die systematische Betrachtung, Bewertung und Verbesserung unserer Umweltleistung trägt dazu bei, dass wir in einem stark regulierten Marktsegment bestehen können, das einem stetig wachsendem Kostendruck unterliegt. Denn umwelt- und ressourcenschonendes Handeln ist zeitgleich kostenreduzierendes Handeln.
Weiterhin fördert die Zertifizierung nach einer international anerkannten Systemnorm wie der ISO 14001 die Transparenz und Belegbarkeit unseres Umweltengagements gegenüber Kunden, Behörden, Mitarbeitern und der Öffentlichkeit. Dies wiederum festigt die Position im Markt. Obwohl die Zertifizierung nach DIN EN ISO 14001 nach dem Energieeffizienzgesetz (EnEfG) nicht anerkannt wird, bietet uns die vorhandene Zertifizierung einen weiteren Vorteil. Sollte die Rufin cosmetic zukünftig einen Gesamtenergieverbrauch von mehr als 7,5 GWh aufweisen und zur Einrichtung eines Energie- oder Umweltmanagementsystems nach EnEfG verpflichtet sein, sind wir gut aufgestellt und können bereits Vorhandenes aus der ISO 14001 und dem Ökoprofit Klub nutzen, um ein Energiemanagementsystem nach DIN EN ISO 50001 oder ein Umweltmanagementsystem nach EMAS einzuführen. Ferner ist die Systematik und Funktionsweise einer ISO-Norm bereits bekannt.
[1] Der IFS HPC Standard (Household and Personal Care) ist weltweit anerkannt und zertifiziert die konsequente Einhaltung geltender Gesundheitsvorschriften sowie Vorgaben zur Produktsicherheit und -qualität.
[2] Die ISO 22716 ist ein international anerkannter Standard zur Herstellungspraxis für Körperpflegeprodukte und Waschmittel.
Neele Birnbaum
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neele.birnbaum [at] klimaschutz-niedersachsen.de