Öffentliche Hand soll auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität Vorbildrolle einnehmen

Novelle des Niedersächsischen Klimaschutzgesetzes (NKlimaG)

Bis 2040 soll Niedersachsen treibhausgasneutral werden – so sieht es zumindest die Novelle des Niedersächsischen Klimaschutzgesetzes (NKlimaG) vor, die im Dezember im niedersächsischen Landtag verabschiedet wurde. Das Gesetz hält neben einem ambitionierten Klimaziel auch vielfältige Maßnahmen bereit, die den Weg zur Erreichung der Zielvorgaben gewährleisten sollen. Wir gehen in diesem Artikel näher auf die verschiedenen Maßnahmen ein.

Im Fokus des Gesetzestextes steht die klare Zielvorgabe, dass die öffentliche Hand auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität mit gutem Beispiel vorangehen soll. Dies betrifft nicht nur die Landesverwaltung, die bereits im Jahr 2035 treibhausgasneutral werden soll – sondern auch die niedersächsischen Kommunen, die einige Pflichtaufgaben umsetzen müssen. Dazu erhalten die Kommunen Unterstützung durch das Land. Klimaschutz wird damit als kommunale Pflichtaufgabe untermauert und dauerhaft vom Land finanziell unterstützt. Doch widmen wir uns den Themenbereichen im Einzelnen:

Kommunen erhalten Unterstützung zur Umsetzung ihrer Pflichten

Alle Landkreise und kreisfreien Städte sowie die Landeshauptstadt Hannover, die Stadt Göttingen und die Region Hannover werden mit der Novelle zur Einführung eines Klimaschutzmanagements verpflichtet (§ 18 Abs. 3). Die Verpflichtung gilt ab dem 1. Januar 2026 und soll die strukturierte Umsetzung der Klimaschutzkonzepte organisatorisch (nach § 18 Abs. 1) gewährleisten. Die verpflichteten Landkreise und kreisfreien Städte erhalten zur Umsetzung dieser Aufgabe für die entstehenden Personalkosten ab dem 1. Januar 2026 jährlich weitere Mittel für eine halbe Vollzeitpersonalstelle der Entgeltgruppe 12 vom Land zugewiesen. 

Im Kontext der kommunalen Wärmeplanung liegt ein Schwerpunkt auf dem Datenaustausch. So erhalten Kommunen einerseits erleichterten Zugang zu den Daten der örtlichen Energieversorger – die Datenbereitstellung hat dabei unentgeltlich zu erfolgen (§ 21 Abs. 4). Gleichzeitig sind die Klimaschutzkonzepte sowie die Wärmepläne durch die Kommunen an das für Klimaschutz zuständige Ministerium elektronisch zu übermitteln (§ 18 Abs. 1 bzw. § 20 Abs. 2).

Die Gestaltung der Wärmepläne der Kommunen erfolgt indes auf Grundlage einer Datenerhebung des aktuellen Wärmebedarfs oder des Wärmeverbrauchs der Gebäude und der damit einhergehenden Treibhausgasemissionen. Das bedeutet, dass die Kommunen entscheiden können, ob sie die Wärmebedarfe oder die Wärmeverbräuche für die Darstellung ihrer Wärmepläne heranziehen.

Kommunen spielen bei der Umsetzung der Wärmewende eine entscheidende Rolle. Bildquelle: AdobeStock_245729154 

 

Gebäude: Landesverwaltung mit Vorbildfunktion

Auch im Gebäudebereich soll die öffentliche Hand hinsichtlich der Energieeffizienz ihrer Gebäude mit gutem Beispiel vorangehen. Bei neu errichteten Gebäuden des Landes muss der Jahres-Primärenergiebedarf daher 15%-Punkte niedriger sein als vom GEG gefordert – und damit dem Primärenergiebedarf eines KfW-Effizienzhausstandards 40 entsprechen. Diese Regel gilt auch für Gebäude, die von der Landesverwaltung angemietet werden (jeweils § 11).

Auch bei umfangreichen Sanierungen (Gesetzestext: „Grundlegende Renovierungen“) in bestehenden Gebäuden der Landesverwaltung gibt es im Vergleich zum GEG ambitioniertere Ziele. So müssen diese Gebäude im Anschluss an Sanierungen den Jahres-Primärenergiebedarf eines KfW 55-Standards aufweisen (also eines Neubaus nach GEG).

Erneuerbare Energien: Den PV-Ausbau stärken

Um die Treibhausgasneutralität bis 2040 zu erreichen, braucht es speziell im Bereich der erneuerbaren Energien Maßnahmen, die einen beschleunigten Zubau sicherstellen. So wird mit der Novelle des Niedersächsischen Klimaschutzgesetzes das Flächenziel für PV-Freiflächen von 0,47% auf 0,5% der Landesfläche erhöht (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Punkt 3a). Insgesamt soll bis zum Jahr 2035 eine installierte PV-Leistung von mindestens 65 Gigawatt verfügbar sein. Dabei sollen „mindestens 50 Gigawatt installierter Leistung zur Erzeugung von Strom aus anderen als Freiflächenanlagen“ stammen.

 

Photovoltaik-Panels auf einem Fabrikdach

65 Gigawatt PV-Leistung soll bis zum Jahr 2035 in Niedersachsen installiert sein. Bildquelle: fotolia_kinwun

Planung von Freiflächenanlagen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen

Das NKlimaG führt als Grundsatz der Raumordnung ein, dass landwirtschaftlich genutzte Böden mit mehr als 50 Bodenpunkten nicht für PV-Freiflächenanlagen genutzt werden sollen, es sei denn mit Agri-PV Anlagen. Wie bei Grundsätzen der Raumordnung üblich, kann stets im Einzelfall abgewogen werden, ob eine bestimmte landwirtschaftlich genutzte Fläche für PV-Freiflächenanlagen ausnahmsweise doch ausgewiesen werden soll, weil hierfür besonders wichtige Gründe bestehen. § 3a Satz 1 NKlimaG bewirkt also keinen generellen Ausschluss höherwertiger Flächen. Die für die Bauleitplanung zuständige Gemeinde hat einen gewissen Spielraum.

Der § 3a des NKlimaG bestimmt zudem, welche Böden bei der Standortsuche für PV-Freiflächenanlagen bevorzugt werden sollen. Das sind:

➤ kohlenstoffreiche Böden, für die die Möglichkeit der Wiedervernässung besteht

➤ besonders feuchte oder besonders trockene Böden, also mit einer Feuchtestufe kleiner als 3 oder größer als 8; hier spielen die Bodenpunkte keine Rolle. Jedoch sollten diese Flächen ohne besondere Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz sein.

➤ altlastenverdächtige Flächen; auch hier spielen die Bodenpunkte keine Rolle

➤ Ackerflächen mit einer mindestens hohen Erosionsgefährdung durch Wasser; sofern diese mehr als 50 Bodenpunkte haben, soll die Fläche nicht für Freiflächen-PV ausgewiesen werden; ausgenommen hiervon ist Agri-PV.“

Um altlastenverdächtige Flächen für PV-Freiflächenanlagen nutzbar zu machen, sind aus Sicht der KEAN noch einige Schritte im Vorfeld nötig. Die Landkreise müssten entscheiden und bekannt machen, welche altlastenverdächtigen Flächen ohne Gefährdung mit PV-Anlagen bebaut werden können.  

Auch im Kontext der Freiflächen-PV will das Land selbst eine Vorreiterrolle einnehmen. So sollen landeseigene Flächen des Außenbereichs systematisch für die Nutzung von Freiflächen-PV „erfasst“ – und auch „genutzt“ werden (§ 10 Abs. 2 NKlimaG)

Im Rahmen des NKlimaG werden die Flächen zur Errichtung von PV-Freiflächenanlagen priorisiert. Bildquelle: shutterstock_2170420773

 

PV-Pflicht auf bestimmten Dächern und Parkplätzen

Darüber hinaus wird im Kontext der Photovoltaik-Nutzung auch die Niedersächsische Bauordnung (NBauO) geändert, die ab dem 1. Januar 2025 eine erweiterte PV-Pflicht in verschiedenen Bereichen mit sich bringt.

  • Auf Dächern mit einer Dachfläche von mehr als 50 m2 müssen dann mindestens 50% der Dachfläche mit PV belegt sein. Das galt bereits für neue Dächer (auf Wohngebäuden erst ab 2025) – nun gilt die Pflicht jedoch auch nach Aufstockung, Anbau oder der Erneuerung der Dachhaut bis zur wasserführenden Schicht. (§ 32a Absatz 2 NBauO)

  • Auf neuen Parkplätzen ab 25 Plätzen gilt eine PV-Pflicht (die Grenze lag zuvor bei 50 Parkplätzen). Auch bei einer Erneuerung von mindestens 50% der Parkplatzfläche gilt mit der Novelle der NBauO eine PV-Pflicht – sofern die Erneuerung nicht „aufgrund besonderer äußerer Umstände“ (z.B. Behebung von Unwetterschäden) notwendig ist. Die Pflicht gilt zudem nicht an öffentlichen Straßen oder für Parkplätze, die für den öffentlichen Verkehr bestimmt sind. Zudem besteht keine Pflicht, wenn andere öffentlich-rechtliche Pflichten dagegensprechen, die Installation technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist oder stattdessen Solarthermie genutzt wird. (§ 32a Absatz 2 NBauO)

Für Bestandsgebäude der Landesverwaltung besteht ebenfalls eine Solar-Pflicht. Bis 2025 sollen bereits 30% der geeigneten Dachflächen mit Solarenergieanlagen – also PV oder Solarthermie (technologieoffen) – ausgestattet werden. 2040 sollen dann alle geeigneten Dachflächen mit Solarenergieanlagen ausgestattet sein. Hierzu kann die Landesverwaltung auch Dritten die Errichtung und Nutzung von Solarenergieanlagen auf den Dachflächen für einen Zeitraum von bis zu 25 Jahren unentgeltlich gestatten (§ 11 Abs. 3 NKlimaG).


Fazit:
Die verschiedenen Maßnahmen der Novelle bringen insbesondere für die öffentliche Hand zahlreiche Herausforderungen mit sich. Als Beratungs- und Informationsquelle für Klimaschutzakteure in den Kommunen und der Landesverwaltung stehen wir mit unseren Beratungs- und Veranstaltungsangeboten auch im Jahr 2024 als kompetente Anlaufstelle für alle klimaschutzrelevanten Fragestellungen zur Verfügung.

 

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