- Arbeitsfelder
- Themen
- Energieberatung
- Förderprogramme
- Gesetze + Normen
- Aus der Praxis
- Aktuelles
- Veranstaltungen
- Über uns
Im Zuge der Energiewende werden immer mehr dezentrale Erzeugungsanlagen wie PV-Anlagen über Wechselrichter an das Stromnetz angeschlossen. Daher stellt sich die Frage, ob das Stromnetz auch bei hohen Wechselrichteranteilen stabil und sicher betrieben werden kann. Das Projekt „Netzregelung 2.0" vom Fraunhofer IEE und Partnern widmete sich dieser Frage – und kommt zum Ergebnis, dass "sehr hohe Anteile erneuerbarer Energien realisiert werden" können.
Veröffentlicht am: 03. August 2022Im Rahmen der Energiewende und mit voranschreitendem Kohle- und Kernenergieausstieg, ändert sich die Struktur des Stromnetzes von konventionellen Kraftwerken rasant in Richtung kleinerer dezentraler Erzeugungsanlagen. Dabei ist vor allem in den unteren Spannungsebenen ein großer Zuwachs an dezentralen erneuerbaren Erzeugungsanlagen wie beispielsweise Photovoltaikanlagen festzustellen. Vor allem in Fehlersituationen muss das Stromnetz aber jederzeit robust reagieren können und verlässt sich dabei bis heute auf schnelle Leistungsreserven von Großkraftwerken, weshalb diese aus Systemstabilitätsgründen oft nicht heruntergefahren oder gedrosselt werden können.
Schematische Darstellung des Stromnetzes früher:
Schematische Darstellung der Stromnetzentwicklung heute und in Zukunft:
Dezentrale Erzeugungsanlagen werden meist über leistungselektronische Stellglieder (Wechselrichter) an der Nieder- oder Mittelspannungsebene angeschlossen. Der Wechselrichter stellt damit das Bindeglied zwischen der Erzeugungsanlage und dem Stromnetz dar. Doch kann das Stromnetz auch im Fehlerfall sicher und stabil betrieben werden, wenn die Stromerzeugung fast ausschließlich durch wechselrichterbasierte dezentrale Erzeugungsanalgen erfolgt? Genau dieser Frage widmete sich das Projekt „Netzregelung 2.0", welches Ende August abgeschlossen wird.
Netzbildende Wechselrichter können erheblich zur Stabilität des Stromnetzes beitragen
Auf der im Juli durchgeführten Abschlusskonferenz des Verbundprojekts Netzregelung 2.0 machten Fachleute deutlich, dass es auch in Zukunft möglich sein wird, das Stromnetz trotz einer abnehmenden Anzahl an konventionellen Kraftwerken und gleichzeitiger Zunahme der dezentralen Erzeugungsanlagen stabil und sicher betreiben zu können. Eine hierfür entscheidende Technologie ist der so genannte netzbildende Wechselrichter. Netzbildende Wechselrichter sind im Gegensatz zu den aktuellen „herkömmlichen" Wechselrichtern unmittelbar und selbständig in der Lage, im Falle von Fehlern – ähnlich wie herkömmliche Kraftwerke – besonders schnell Leistungsreserven bereitzustellen. Somit können sie vor allem in Kombination mit einem vorhandenen Batteriespeicher einen erheblichen Beitrag zur Stabilität des Stromnetzes leisten.
Eine weitere Zielsetzung des Verbundprojekts Netzregelung 2.0 lag darin, das Verhalten von netzbildenden Wechselrichtern so zu definieren, dass diese komplikationslos mit bestehenden Anlagen betrieben werden können. In den Projektergebnissen wurde gezeigt, dass ein gleichzeitiger Betrieb der herkömmlichen und neuartigen Wechselrichtertechnologien möglich ist. Demzufolge müssen herkömmliche Wechselrichter voraussichtlich nicht ausgetauscht oder ersetzt werden. Die netzbildenden Wechselrichter können nach und nach durch die Installation neuer Erzeugungsanlagen oder den Ersatz von defekten Wechselrichtern in Bestandsanlagen in das Stromnetz integriert werden.
Sehr hohe Anteile erneuerbarer Energien können realisiert werden
Laut den Projektverantwortlichen Dr. Phillipp Strauß sowie Dr. Thomas Degner vom Fraunhofer IEE habe das Projekt somit gezeigt, „dass das elektrische Verbundnetz durch netzbildende Regelungsverfahren mit Stromrichteranteilen von bis zu 100% stabil betrieben werden kann. Sehr hohe Anteile erneuerbarer Energien können so realisiert werden." Mit dem Projekt konnten somit wertvolle Ansätze gegeben werden, damit „das entstehende System mindestens genauso stabil ist wie das derzeitige".
„Inselnetze" können auch in Zukunft zuverlässig erkannt und abgeschaltet werden
Aufgrund der voranschreitenden Dezentralisierung durch erneuerbare Erzeugungsanlagen besteht die Möglichkeit, dass sich aufgrund eines Fehlers ein unabhängiger und vor allem unkontrollierbarer Netzabschnitt bildet – das sogenannte „Inselnetz". Ein Inselnetz hat gänzlich andere Eigenschaften als das große Verbundnetz und muss deswegen zum Schutz von Personen, Wartungspersonal des Netzbetreibers und Geräten innerhalb des Inselnetzabschnitts zwingend und vor allem schnellstmöglich abgeschaltet werden.
Da sich in diesen Netzabschnitten zukünftig auch Erzeugungsanlagen mit netzbildenden Wechselrichtern befinden, kann dies zu einer zusätzlichen ungewollten Stabilisierung führen. Das hätte wiederum zur Folge, dass der Inselnetzabschnitt unter bestimmten Umständen nicht erkannt und daraufhin auch nicht abgeschaltet werden kann.
Auch hier zeigen die Untersuchungen des Forschungsprojekts Netzregelung 2.0, dass sich Inselnetze auch im zukünftigen Stromnetz und vor allem in Anwesenheit netzbildendender Wechselrichter zuverlässig erkennen und abschalten lassen. Weiterhin wurden innerhalb des Forschungsprojekts neue sichere Abschaltverfahren vorgestellt und Wege zu dessen Implementierung in netzbildenden Wechselrichter aufgezeigt.
Weitere Informationen: