Die CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) wird seit Jahren kontrovers diskutiert und ist in Niedersachsen und einigen anderen Bundesländern nicht zulässig. Nach Ablauf der Frist zur Antragstellung für die Genehmigung neuer CO2-Speicher zu Erprobungs- und Demonstrationszwecken ist die CO2-Speicherung im gesamten Bundesgebiet derzeit nicht möglich. Im Dezember 2022 wurde von der Bundesregierung für das Jahr 2023 eine Carbon Management Strategie angekündigt, die denkbare Einsatzfelder für die Technologien näher bestimmen soll. Beim Besuch von Bundesklimaschutzminister Habeck Anfang Januar 2023 in Norwegen wurde angekündigt, dass es zwischen den Ländern eine enge Zusammenarbeit auch im Bereich der CO2- Speicherung geben soll, insbesondere mit Blick auf Einspeicherungsmöglichkeiten in Norwegen.

Im Dezember 2022 hat die Bundesregierung den Evaluierungsbericht zum Kohlenstoffspeichergesetz beschlossen. Der Bericht stellt den technischen Fortschritt, die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und den potenziellen Beitrag der Kohlendioxid-Abscheidung und -Speicherung für den Klimaschutz dar.

Was verbirgt sich hinter den Begriffen „Carbon Capture and Utilization“ (CCU) und „Carbon Capture and Storage“ (CCS)?

Technologische CO2-Abscheidungs- und Entnahmemethoden stellen Verfahren dar, bei denen CO2 aus der Abluft oder den Prozessgasen der Energiewirtschaft oder Industrie mit unterschiedlichen technischen Methoden abgeschieden wird. Carbon Capture and Utilization (CCU) bezeichnet Abscheidung mit nachfolgender Nutzung des CO2 entweder zur Herstellung kohlenstoffhaltiger Produkte oder direkt, etwa in Gewächshäusern. Carbon Capture and Storage (CCS) beschreibt die Abscheidung von CO2 in Verbindung mit der anschließenden dauerhaften (geologischen) Speicherung. Als Sammelbegriff wird die Bezeichnung CCU/S verwendet.

Abhängig von der Herkunft des CO2 (fossil/biogen/atmosphärisch), den damit einhergehenden Landnutzungsänderungen und seinem Verbleib (Nutzung oder Speicherung inklusive des Energieaufwands) sowie der Verweildauer können mit diesen Verfahren klimawirksame Negativemissionen, lediglich CO2-Vermeidungen oder möglicherweise auch eine nachteilige Klimaschutzwirkung erzielt werden.

Zwei Verfahren, mittels derer nach der Entnahme aus der Atmosphäre eine dauerhafte Speicherung sichergestellt werden kann und somit negative Emissionen erreicht werden können, sind Bioenergy with Carbon Capture Storage (BECCS) und Direct Air Capture (DAC) Verfahren. BECCS bezeichnet die Anwendung von CCS an in Anlagen mit einer Verwendung biogener Energieträger. Bei DACCS Verfahren wird CO2 nicht aus Punktquellen abgeschieden, sondern direkt der Atmosphäre entzogen. Maßnahmen, die der Atmosphäre durch CO2 -Entnahme und dauerhafte Speicherung netto CO2 entziehen, werden unter dem Begriff Carbon Dioxide Removal (CDR) zusammengefasst.

Erforderlichkeit von CCS zum Erreichen der Treibhausgasneutralität

Um die Rolle von CO2-Abscheidungs- und Entnahmemethoden (CCS) für den Klimaschutz abzuschätzen, wurden für den Bericht Studien aus dem Jahr 2021 ausgewertet, in denen das Ziel Treibhausgasneutralität bis 2045 bzw. 2050 modelliert wurde. Alle sechs untersuchten Szenarien benötigen für die Erreichung von Treibhausneutralität den Einsatz von CCS von v.a. nicht bzw. schwer vermeidbaren Prozessemissionen im Industriesektor. Zudem zeigen die Studien den Bedarf auf, über zusätzliche Negativemissionen verbleibende Residualemissionen insbesondere aus der Landwirtschaft auszugleichen. 

Die RESCUE-Studie des UBA aus dem Jahr 2019 zeigt einen Weg zu Netto-Null ohne CCS-Technologien auf. Diese unterscheidet sich von den anderen Studien in optimistischen Annahmen zur CO2-Entnahme durch natürliche Ökosysteme, deutlich verringerte Residualemissionen aus der Landwirtschaft und in der Industrie sowie ausgeprägten Verhaltensänderungen und Suffizienzmaßnahmen (bspw. deutliche Reduktion des Konsums tierischer Produkte und Zementverbrauchs). Die Autoren der nationalen Klimaneutralitätsstudien weisen auf die hohe Unsicherheit des Beitrags der natürlichen Ökosysteme hin und plädieren für einen zeitnahen Hochlauf von CCS und CCU (Carbon Capture and Utilization), um eine sichere Zielerreichung zu gewährleisten.

Einsatz von CCU im treibhausgasneutralen Wirtschaftssystem

Der Kohlenstoffbedarf der Industrie kann zudem eine Chance darstellen, CO2 zu neutralisieren. Da der Bedarf an Kohlenstoff nicht ausschließlich über Recycling gedeckt werden kann, wird den betrachteten Studien zufolge langfristig der Einsatz von atmosphärischem und biogenem CO2 für CCU-Verfahren benötigt. Gerade die Chemieindustrie wird weiterhin auf Kohlenstoff als Basis wichtiger Grundchemikalien angewiesen sein, der in großen Teilen über CCU-Verfahren bereitgestellt werden kann. 

Einsatz von CCS in anderen Ländern und der Rechtsrahmen in Deutschland

Anhand von laufenden Projekten wird im Evaluierungsbericht hergeleitet, dass die Technik zur Abscheidung, zum Transport und zur Speicherung von CO2 bereits technisch durchführbar ist. Zudem verspricht man sich durch die Entwicklung diverser angestoßener Großprojekte weitere Antworten zur Realisierbarkeit der CCS-Technologie. Jedoch steht der rechtliche Rahmen in Deutschland einem Einsatz der Technologien im Weg. Aus diesem Grund spricht der Bericht erste Empfehlungen aus, um den Rechtsrahmen entsprechend anzupassen und beispielsweise den CO2 -Transport und den Aufbau der dafür notwendigen Infrastruktur zu ermöglichen.

Fazit:

Der überwiegende Teil der Klimawissenschaftler hält den Einsatz von CCS für unvermeidbar. Die Umweltverbände warnen vor den Umweltauswirkungen, die Lecks bspw. unter der Nordsee verursachen könnten und verweisen auf unzureichende Erforschung der Langezeitgefahren. Zudem darf der Einsatz nicht dazu führen, dass der Transformationsdruck für die Industrie sinkt, da sie die Emissionen durch Speicherung reduzieren können.

Es muss die oberste Priorität bleiben, Emissionen zu vermeiden und zu mindern sowie die Energieeffizienz zu steigern. Zentrales Element ist die Dekarbonisierung. Hierfür sind der beschleunigte und massive Ausbau der Erneuerbaren Energien, die Transformation unserer Energie- und Wärmeversorgung sowie unserer Unternehmen und die Steigerung der Effizienz v.a. der Gebäude unerlässlich, um die Nutzung fossiler Energieträger zu beenden. Nur für die Emissionen, die auf diese Weise nicht vermieden werden können, sollte die CCS-Technologie in Betracht gezogen werden. In der angekündigten Carbon Management-Strategie müssen die Anwendungsgebiete daher unter Berücksichtigung alternativer Klimaschutzoptionen herausgearbeitet werden.

Kontakt

Dr. Isabell Kiepe

0511 89 70 39-25
isabell.kiepe [at] klimaschutz-niedersachsen.de

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