Kompensationsmaßnahmen im Klimaschutz

Auch ohne gesetzliche Verpflichtung streben viele Unternehmen und Privatpersonen das Ziel der Treibhausgasneutralität an. Um eine bilanzielle Treibhausgasneutralität zu erreichen, können Zertifikate gekauft werden, die belegen, dass innerhalb eines Projektes eine bestimmte CO2 -Emissionsminderung erreicht wurde. Diese Menge kann sich der Käufer dann auf seine eigene Treibausgasbilanz anrechnen. Die Grundidee hinter dem Kauf der Zertifikate ist, dass für den Kampf gegen den Klimawandel die Größe der CO2-Einsparung und nicht der Ort, an dem die Einsparung stattfindet, entscheidend ist.

Grundsätzliche Kritik an dem Vorgehen bezieht sich auf die Befürchtung, dass das Vermeiden und Einsparen von Energieverbräuchen zugunsten des Kaufs von Zertifikaten vernachlässigt wird und der Transformationsprozess zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft dadurch ausgebremst wird.

Spezielle Kritik richtet sich auf die Wirksamkeit und Seriosität der Projekte, durch die CO2 eingespart werden soll. Unter dem Begriff Greenwashing wird diese Kritik an einem Vorgehen, das man als Ablasshandel deutet und einer mangelnden Wirksamkeit der Projekte zusammengefasst.

Die EU hat mit zwei Richtlinien auf diese Kritik reagiert. Produktbezogene Klimaaussagen, die auf dem Ausgleich von Treibhausgasemissionen beruhen, werden in die Liste unlauterer Praktiken aufgenommen und damit stark eingeschränkt. Hersteller und Händler sollen ab September 2026 nicht mehr damit werben können, dass ein Produkt hinsichtlich seiner Treibhausgasemissionen neutrale, reduzierte oder positive Auswirkungen auf die Umwelt hat, wenn dies auf Kompensationen außerhalb der Wertschöpfungskette beruht. Aussagen, die sich auf die THG-Bilanz des Herstellers als Unternehmen insgesamt beziehen, werden jedoch von der neuen Regel nicht erfasst.

Handel mit Emissions-Zertifikaten

Kompensation spielt auch international eine wichtige Rolle für das Erreichen von Treibhausgasneutralität. Der Fokus liegt hier auf dem Handel mit Emissionsgutschriften.

Grundsätzlich existieren zwei verschiedene Märkte. Der Verkauf von Emissionszertifikaten durch Kompensationsdienstleister findet auf dem sogenannten Freiwilligen Markt statt, denn die Käufer dieser Zertifikate sind Privatpersonen sowie Unternehmen, die keiner gesetzlichen Verpflichtung unterliegen, für ihre CO2 -Emissionen Obergrenzen einzuhalten. Alle anderen Unternehmen handeln hingegen auf dem Verpflichtenden Markt mit Emissionsrechten.

Hintergrund: Verpflichtender Markt für Emissionsrechte

Der sogenannte Verpflichtende Markt hängt mit den Treibhausgaseinsparungen zusammen, zu denen sich die Unterzeichnerstaaten des Pariser Klimaabkommens verpflichtet haben. Der Verpflichtende Markt umfasst eine Vielzahl von Akteuren und Mechanismen. Sowohl Staaten auf internationaler Ebene und auf EU-Ebene als auch Unternehmen tauschen, verkaufen und kaufen hier Emissionsrechte.

Im Rahmen des Europäischen Emissionshandels (EU-ETS) und des nationalen Emissionshandels (nEHS) verkaufen Unternehmen aus den Bereichen Industrie, Energieversorgung und Luftfahrt bzw. Brennstoffe, die ihre Emissionen reduzieren konnten, ihre überschüssigen Zertifikate an Unternehmen, die ihre Emissionen nicht ausreichend reduzieren konnten. Plattform dafür ist die Energiebörse European Energy Exchange (EEX) in Leipzig.

Der Kauf von Emissionsrechten auf dem Verpflichtenden Markt ist eine Strategie, um Emissionsrechte durch Kauf und Stilllegungen zu verknappen und zu verteuern. Privatanleger können zwar nicht direkt in CO2-Zertifikate investieren, aber indirekt über strukturierte Produkte wie Index-Zertifikate, Turbo- und Faktor-Optionsscheine oder via ESG-Investing. Diese können Privatanleger über verschiedene Banken und Finanzunternehmen kaufen.

Die Emissionszertifikate im Freiwilligen Handel (verified emissions reduction certificates) beziehen sich auf Projekte, in denen natürliche Kohlenstoffsenken geschaffen oder in ihrer Funktion gestärkt werden oder auf Projekte, in denen energieeffizientere Techniken den Energiebedarf senken oder den Anteil erneuerbarer Energien erhöhen.

Anbieter von Kompensationsprojekten für den Freiwilligen Markt entwickeln teilweise eigene Projekte, andere verkaufen die Zertifikate bereits existierender Projekte. Unternehmen wie Fluggesellschaften, Reiseportale und Druckereien vermitteln ihren Kunden Kompensationen über Drittanbieter. Für die Projekte, deren Zertifikate auf dem Freiwilligen Markt angeboten werden, existieren verschiedene Labels, die den Projekten die Einhaltung bestimmter Standards bescheinigen. Bekannte Labels sind  u.a. Clean Development Mechanism (CDM), Climate Action ReserveGold Standard, Plan Vivo und Verified Carbon Standard.

Climate, Community and Biodiversity Standards (CCB) und Social Carbon Standard sind ergänzende Standards, die die speziellen Auswirkungen der Kompensationsprojekte auf  die ökologischen und sozialen Bedingungen im Gastland bewerten.

Die Labels werden oft von Stiftungen, hinter denen u.a. Umweltverbände und Forschungseinrichtungen stehen, verantwortet. Bei CDM handelt es sich um einen vom Ausschuss des UNFFCC etablierten Standard. Von den Trägern der Standards akkreditierte unabhängige Prüfer entscheiden über die Zulassung der Projekte, sind für deren Monitoring und die Anzahl ausgegebener Zertifikate zuständig.

Kriterien für die Qualität eines Kompensationsprojektes

Folgende Kriterien geben Aufschluss über die Qualität eines Kompensationsprojektes:

Kompensationsprojekte im Globalen Süden und in Deutschland – der Contribution Claiming Aspekt

Die meisten Zertifikate auf dem Freiwilligen Markt werden für Projekte im globalen Süden angeboten. Das hing in der Vergangenheit mit einer einfacheren Anrechenbarkeit zusammen – bis zum Pariser Abkommen 2021 hatten die Länder des globalen Südens keine eigenen Treibhausgaseinsparziele angegeben. Daher traten diese Länder als Gastgeber für Projekte auf, für die kein Risiko einer Doppelzählung bestand. Gleichzeitig sind hier nach wie vor für das Erreichen einer bestimmten Treibhausgaseinsparung geringere finanzielle Investitionen nötig, was die entsprechenden Zertifikate preiswerter macht. Inzwischen rücken aber auch Klimaschutzprojekte, die Treibhausgaseinsparungen durch natürliche Kohlenstoffsenken in Deutschland erzielen wollen, in den Fokus.

Deutschland hat sich im Rahmen des Europäischen Klimaschutzgesetzes verpflichtet, dass der Sektor Landnutzung, ⁠Landnutzungsänderung⁠ und Forstwirtschaft bis 2030 zu einer Kohlenstoff-Senke wird, die 25 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente umfasst. Das bedeutet konkret, dass durch nachhaltige Forst- und Landwirtschaft sowie Renaturierungsmaßnahmen Wälder, Grünland, Feuchtgebiete und Moore 2030 in Deutschland mehr Kohlenstoff binden müssen als sie emittieren.

Der Anspruch auf die bilanziell erfasste Emissionsminderung in diesem Sektor ist in Deutschland bislang auf die staatliche Ebene beschränkt. Daher fallen alle Projekte zum Natürlichen Klimaschutz in Deutschland automatisch unter das Contribution Claiming – der Käufer der Zertifikate kann sie sich nicht auf seine Treibhausgasbilanz anrechnen lassen. Nichtsdestotrotz können sich diese Projekte durch besondere Permanenz und Transparenz auszeichnen. Unter dem Begriff „Klimaschutzbeiträge“ werden sie von verschiedenen Anbietern in Deutschland angeboten.

Projekte zum Konzept der Klimaschutzbeiträge

Die Möglichkeit, Kombinationen aus anrechenbaren Maßnahmen im Globalen Süden und Projekten in Deutschland zu fördern, bieten z.B. die Klimaschutzstiftung Baden-Württemberg, PrimaKlima, NatureOffice, Klimapatenschaft und Atmosfair an.

MoorFutures ist ein Projekt, das Moorrenaturierungen in Nord(ost)deutschland initiiert und entsprechende Zertifikate verkauft.

 

Weiterführende Informationen finden Sie im Ratgeber "Freiwillige CO2-Kompensation durch Klimaschutzprojekte" des Umweltbundesamts

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