Klimaneutrale Wärmeversorgung

Wärmenetze - Nah und Fern

Wärmenetze spielen eine entscheidende Rolle bei der Umstellung auf eine klimaneutrale Wärmeversorgung, insbesondere im städtischen Raum. Sie ermöglichen die effiziente Nutzung erneuerbarer Wärme- und Abwärmequellen für ganze Städte oder Quartiere und tragen somit maßgeblich zur Erreichung der Klimaziele bei.

Trotz ihrer Bedeutung ist die Verbreitung von Wärmenetzen in Niedersachsen bislang gering: Nur etwa fünf Prozent der Wohngebäude werden über Fernwärme versorgt. Auch im industriellen Bereich können Wärmenetze zukünftige Abwärmepotenziale nutzbar machen.

Um den Ausbau von Wärmenetzen voranzutreiben, wurden mehrere wichtige Gesetze eingeführt. Das Bundesgesetz zur Wärmeplanung (WPG), die Verpflichtung zur Kommunalen Wärmeplanung im Rahmen des Niedersächsischen Klimagesetzes (NKlimaG) und das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) verleihen dem Ausbau der Wärmenetze eine stärkere Bedeutung. Diese gesetzlichen Maßnahmen zielen darauf ab, die Nutzung von Wärmenetzen zu fördern und somit den Wärmesektor zu defossilisieren. Erneuerbare Nah- und Fernwärme werden also zukünftig eine entsprechende Alternative zur derzeitigen dezentralen Wärmeversorgung aus Erdgas und Heizöl in den Gebäuden darstellen. Von daher spricht man auch von einer "zentralen" Wärmeversorgung bzw. leitungsgebundener Wärmeversorgung der Gebäude. Laut Studien wird bis 2045 etwa ein Viertel des bundesweiten Wärmebedarfs  über zentrale Wärmeversorgungen abgedeckt.  

© Grafik: bmwsb

Es gibt verschiedene Arten von Wärmenetzen, die je nach Bedarf und technischer Ausgestaltung genutzt werden. Hier sind die gängigsten Typen: 

Kalte Nahwärme

Bei der kalten Nahwärme wird die Nutzwärme dezentral mit Wärmepumpen in jedem Gebäude bereitgestellt. Der Energietransport in das Gebäude erfolgt auf einem tiefen Temperaturniveau von 5 bis 25° C über ein gemeinsames Leitungsnetz. Der Wärmeträger im Leitungsnetz muss aufgrund der geringen Temperaturen im Netz frostsicher sein. Bislang werden solche Konzepte in erster Linie im Neubau umgesetzt, sind aber auch auf Bestandsgebiete übertragbar. Aufgrund der niedrigen Temperatur im Leitungsnetz sind die Wärmeverluste sehr gering, so dass eine Dämmung der Rohre überflüssig wird und oftmals sogar Wärme aus dem Erdreich aufnimmt. 

Die Nutzwärme eines kalten Nahwärmenetzes wird über eine geeignete erneuerbare Wärmequelle bereitgestellt. Je nach Projektvorhaben kann hier Umweltwärme aus dem Erdreich, aus Flusswasser oder der Luft genutzt werden. Ferner kann hierfür auch niedertemperierte Wärme aus Kanalisations-, Prozess- und industrielle Abwässern oder solarthermischen Anlagengenutzt werden. 

 

© Grafik: Bundesverband Wärmepumpe

Ein weiterer Vorteil: Kalte Nahwärmenetze sind vielseitig einsetzbar. Sie können nicht nur zum Heizen, sondern auch zur Kühlung und Klimatisierung genutzt werden. Diese doppelte Funktion bringt mehrere Vorteile mit sich:

  1. Gleichzeitige Nutzung: Wenn Gebäude zeitgleich geheizt und gekühlt werden müssen, arbeitet das System besonders effizient. Die Abwärme der Kühlung erhöht die Temperatur im Netz, was wiederum das Heizen erleichtert.
  2. Jahreszeitliche Anpassung: Auch wenn der Heizbedarf im Winter und der Kühlbedarf im Sommer auftreten, bieten kalte Wärmenetze eine kostengünstige Lösung.
  3. Erdwärmenutzung: Um diese Vorteile voll auszuschöpfen, sind Erdwärmesonden oder -kollektoren nötig. Diese unterirdischen Systeme speichern die Wärme aus den sommerlichen Kühlprozessen. Zusätzlich kann Solarenergie genutzt werden, um noch mehr Wärme im Boden zu speichern.

Durch dieses Zusammenspiel wird Energie das ganze Jahr über optimal genutzt und gespeichert.

 

© Grafik: npro.energy

 

Klassische Nahwärme

Bei der klassischen Nahwärme wird die Nutzwärme zentral auf einem Temperaturniveau, das direkt für Raumheizung oder andere Zwecke genutzt werden kann bereitgestellt. Der Energietransport in die Gebäude erfolgt somit auf einem Temperaturniveau oberhalb von 85°C.

Die hohe Temperatur beschränkt dabei die Palette effizient einsetzbarer nachhaltiger Wärmequellen. Letztlich bleiben fast nur noch verbrennungstechnische Lösungen sowie hochtemperierte industrielle Abwärme als nachhaltige Wärmequelle übrig. Perspektivisch sollen allerdings auch hier zukünftig vermehrt eine oder mehrere Wärmepumpen – sogenannte Großwärmepumpen mit Leistungen im MW-Bereich – zum Einsatz kommen und niedertemperierte Umwelt- oder Abwärme nutzen. 

 

© Grafik: Bundesverband Wärmepumpe

Über diese Großwärmepumpen wird die Quellwärme auf das benötigte Temperaturniveau „gehoben“. Gedämmte Erdleitungen transportieren dann die zentral bereitgestellte Wärme über das Wärmenetz zu den Verbrauchern. Die Wärme wird dann in den Gebäuden über einen Wärmetauscher in der Hausanschlussstation den Heizsystemen der Häuser übergeben.  Wichtig: Die fachgerechte Ausführung der Rohrleitungen ist entscheidend für Wärmeverluste und Lebensdauer des Netzes. Um die Transformation solcher Netze vorzubereiten, sollte die Betriebstemperatur im Nahwärmenetz möglichst weit abgesenkt werden. 

 

Fernwärme

Bei der Fernwärme ist es wie bei der "klassischen Nahwärme": Die Wärme wird über gedämmte Erdleitungen über einen Wärmetauscher an das Heizsystem des Gebäudes übergeben. 

Im Vergleich zu Nahwärmenetzen muss die Wärme bei der Fernwärme - wie der Name suggeriert - einen längeren Weg zurücklegen. Ein Fernwärmenetz ist ein System, bei dem Wärme in Form von heißem Wasser (selten auch Dampf) auf einem Temperaturniveau von 80°C bis 130°C bereitgestellt wird.  Aufgrund der hohen Temperaturen sind die Rohrleitungen gedämmt. Auch hier ist die fachgerechte Ausführung wesentlich für die Lebensdauer der Wärmenetze.  

Die Wärme solcher “traditionellen” Wärmenetze wird derzeit meist aus einer oder mehrerer zentralen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlage), Heizkraftwerken, Heizwerken, Biomasse-, Abfall- oder Klärschlammverbrennungsanlagen mit mehreren Megawatt Leistung bereitgestellt. Große Teile der heutigen Fernwärme kommen dabei aus Erdgas und sind somit nicht nachhaltig. Auch in diesem Sektor muss eine Substitution des Erdgases durch erneuerbare Wärmequellen erfolgen. Beispiele hierfür sind die Nutzung von Umweltwärme (z.B. Flusswasser) und Geothermie insbesondere Tiefengeothermie, die allerdings nur lokal vorhanden ist. 

Wie bei der Nahwärme gilt auch hier: Je geringer die notwendigen Betriebstemperaturen im Netz und bei den Abnehmern, desto größer ist die Anzahl der zur Verfügung stehenden erneuerbaren Wärmequellen, die effizient und kostengünstig genutzt werden können. In der Wärmeplanung sollten auch Abwärmepotentiale berücksichtigt werden, deren Nutzung besonders klimafreundlich ist. 

Kontakt

Yvonne Bönner

0511 89 70 39-50
yvonne.boenner [at] klimaschutz-niedersachsen.de

Kontakt

Dr. Georg K. Schuchardt

0511 89 70 39-26
georg.schuchardt [at] klimaschutz-niedersachsen.de

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