Im Anschluss bestand die Möglichkeit mit den Hildesheimer Stadtwerken zu sprechen und Fragen zur Anbieterperspektive der neuen Tarife zu stellen. Geschäftsführer der EVI Energieversorgung Hildesheim GmbH & Co. KG, Wolfgang Birkenbusch, stellte sich den Fragen der Teilnehmenden. Schwierigkeiten für die Energieversorger die dynamische Stromtarife anzubieten, sieht Birkenbusch nicht. Die Erfahrungen, die über die Smart Meter gesammelt werden, werden mit Spannung erwartet.
Ob die Nutzung der dynamischen Stromtarife netzdienlich sei, stellte Birkenbusch allerdings in Frage. Mit Blick auf das lokale Verteilnetz sei z.B. offen, ob die bundesweiten Börsenpreise die Verhältnisse Vor-Ort widerspiegeln. Tun sie das nicht, würde sich die Belastung einzelner lokaler Netze durch die dynamischen Tarife durchaus auch erhöhen können.
Weiter sei fest davon auszugehen, dass der Stromverbrauch in Niedersachsen und natürlich deutschlandweit durch die Nutzung von E-Autos, Wärmepumpen etc. eklatant steigen werde. Der Netzausbau sei daher eine wichtige Aufgabe für alle Netzbetreiber.

Zu Gast bei den Stadtwerken Hildesheim - Geschäftsführer Wolfgang Birkenbusch (Mitte) erläutert die Sicht der Energieversorger (Foto: Stefan Koch).
Exkurs
Dynamische Stromtarife unterliegen keinem Fixpreis, sondern der Strompreis richtet sich nach den aktuellen Börsenpreisen.
Der Strompreis, den die Kunden zahlen, ist an die Preise des Großhandels, den "Spotmarkt" gekoppelt. Abhängig davon, wie viel Strom zur Verfügung steht und wie hoch die Nachfrage ist, wird der Börsenpreis stündlich neu ermittelt. Da der Preis an der Börse für den Strom Schwankungen im Cent-Bereich unterliegt, kann er auch ins Negative gehen und der Strom ist, abgesehen von Netzentgelten, Steuern und Abgaben, die immer zu zahlen sind, für den Kunden quasi umsonst. In der Regel geben die Stromanbieter einen Tag vor der Lieferung des Stroms die Preise bekannt. Durch Verlagerung des Stromverbrauchs auf günstige Zeiten außerhalb der Spitzenlastzeiten lassen sich somit Kosten sparen.
Ab 2024 müssen die Energieanbieter dynamische Stromtarife in ihrem Portfolio anbieten, die Abnahme wird aber für Verbraucher nicht verpflichtend.
Für die Nutzung von dynamischen Stromtarifen müssen gewisse technische Voraussetzungen erfüllt sein - so benötigt man in jedem Fall einen digitalen Stromzähler - den Smart Meter - um einen detaillierten Überblick über den Stromverbrauch zu erhalten. Dieser speichert die Verbrauchsdaten und übermittelt sie via Datenübertragung an den Messstellenbetreiber viertelstundengenau. So kann dann der preiswerte Strom an einem sonnigen Junimittag anders abgerechnet werden, als der Strom aus der Nacht, der ggf. über teure Gaskraftwerke erzeugt werden muss. Passt der Kunde nun seinen Verbrauch den Preissignalen an, dann verlagert sich sein Verbrauch auf die „Sonnenstunden“, es muss ggf. weniger abgeregelt werden und nachts wird weniger Strom aus Erdgas verbraucht. So haben beide etwas davon: Für den Kunden wird es günstiger und das Stromnetz wird insgesamt effizienter.
Alle Fotos ©KEAN/Stefan Koch.