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Seit 2018 entwickelt das Projekt „Feldanalyse zur Betriebs-Optimierung von Mehrfamilienhäusern", kurz FeBOp-MFH, ein automatisches Mess- und Analysesystem zur Überwachung und Bewertung der Effizienz von Heizzentralen. Es unterstützt mit einem automatisierten Berichtssystem die Eigentümerinnen und Eigentümer von Mehrfamilienhäusern dabei, die Anlagen in ihren Heizungskellern so effizient wie möglich zu betreiben. Zudem werden wichtige Informationen für notwendige Sanierungsmaßnahmen oder die Erneuerung der Anlagentechnik gewonnen. In einem Zwischenworkshop mit am Projekt beteiligten und anderen interessierten Wohnungsunternehmen haben die Projektpartner den Stand des Projekts vorgestellt. Sie gaben auch einen Ausblick auf die nächsten Projektschritte und die Perspektive für eine breitere Anwendung des Konzeptes in weiteren Unternehmen der Wohnungswirtschaft.
In 30 Heizungskellern von 8 Wohnungsunternehmen ist das Monitoring-Konzept umgesetzt worden. Seit mehreren Monaten werden die Betriebsdaten in allen Gebäuden regelmäßig minutengenau erfasst und automatisch ausgewertet. In einzelnen Gebäuden misst das System schon seit zwei Jahren. Bis zum Projektende im April 2022 werden die automatischen Analysen weiterentwickelt und verfeinert. Anschließend soll der Betrieb des Monitoring-Systems als Dienstleistung für interessierte Wohnungsunternehmen angeboten werden. Wer sich schon jetzt näher mit dem Thema befassen möchte, kann sich gern an das Projektteam wenden.
Die Vermessung und Auswertung der Wärmezentralen in den Heizungskellern soll den Betreibern die folgenden Fragen beantworten:
Dazu werden die Daten permanent, automatisch und zeitlich hoch aufgelöst mit wenigen Sensoren und standardisierter Messtechnik erfasst. Weitere Größen werden durch Berechnung aus den gemessenen Werten oder automatisierten Näherungen individuell ermittelt.
Die Nutzerinnen und Nutzer erhalten regelmäßige automatisch erstellte Berichte mit Hinweisen zum Anlagenbetrieb und bei Fehlererkennungen auch automatisierte Emails, sogenannte Push-Benachrichtigungen. Über die Software des Projekts können die Betriebsdaten für weitere Analysen genutzt werden.
Das für verschiedenste Anlagensysteme einsetzbare Verfahren ermöglicht eine Systembewertung durch Bilanzen für die zugeführten und abgeführten Energieströme sowie Verluste (-> Effizienz) anhand übersichtlicher Berichtsformate. Es bewertet die drei Bilanzräume: „Zentrale", „Erzeuger" und „Trinkwarmwasser" sowie Kennzahlen wie Temperaturen und Laufzeiten.
In den Vortragsfolien (PDF) finden sich weitere Informationen zur Messsystematik und den Messpunkten.
Im FeBOp-System werden die Temperaturen, Endenergien und Wärmemengen in den Heizungskellern von den dort eingebauten Messgeräten erfasst und im Datenlogger zwischengespeichert. Der Datenlogger sendet die Daten an einen zentralen Server, wo die Daten gespeichert und ausgewertet werden. Die Betriebsdaten und die automatisiert erstellten Auswertungen können über eine Software abgerufen werden. Die Software liefert Rohdaten (Auflösung 1 Minute), Monats- und Jahresberichte mit standardisierten Auswertungen sowie sogenannte Statusmeldungen (Fehler, Warnungen, Logbuch-Einträge).
Robert Puknat vom ISFH führt in dem folgenden Video anschaulich durch den Aufbau des FeBOp-Systems und die Funktionen der Benutzeroberfläche.
Neben den kurzfristigen Statusmeldungen zu aktuellen Auffälligkeiten sind systematische Analysen der Energieverbräuche und Nutzungsgrade ein zentrales Element des FeBOp-Systems. Sie sollen Schwachstellen und Verbesserungspotenziale aufdecken und ermöglichen Vergleiche mit Erwartungswerten oder mit anderen Gebäuden. Die automatisiert erstellten Monats- und Jahresberichte beinhalten eine übersichtliche grafische Kurzdarstellung der Effizienzwerte und eine ausführlichere tabellarische Auswertung.
Der Monatsbericht weist für jeden abgeschlossenen Kalendemonat die saison-spezifischen Kennwerte aus und ermöglicht eine mittelfristige Effizienzbewertung. So können Auffälligkeiten oder Tendenzen frühzeitig erkannt und gegebenenfalls schnell mit geringinvestiven Maßnahmen behoben werden. Die Mittel- oder Summenwerte aus dem Monatsbericht bilden auch die Grundlage für den Jahresbericht.
Der Jahresbericht ermöglicht im Gegensatz zum Monatsbericht eine Effizienzbewertung, die alle im Jahresverlauf auftretenden saisonalen Effekte wie z.B. Sommerschwachlastphasen, Heizperioden und Übergangsphasen, beinhaltet. Auf dieser Grundlage werden Einsparpotenziale umfassender erkannt und Sanierungsmaßnahmen können besser geplant werden.
Die umfassenden Daten im Jahresbericht ermöglichen die Durchführung von Kennlinienanalysen, die eine zuverlässige Bewertung des Anlagenbetriebs erlauben und die Grundlage für dessen Optimierung darstellen. Die Kennlinien dienen dazu, das charakteristische Verhalten der Wärmezentrale und ihrer Komponenten verständlich zu beschreiben und so Optimierungs- bzw. Sanierungsmaßnahmen besser zu planen zu unterstützen.
Anwendungsbeispiel: Energieanalyse aus dem Verbrauch
Ein Beispiel für eine Kennlinienanalyse ist die Energieanalyse aus dem Verbrauch nach Prof. Dieter Wolff. Dazu wird der Zusammenhang zwischen der mittleren monatlich erzeugten Wärme und der mittleren monatlichen Außentemperatur grafisch dargestellt.
Die so erzeugte Grafik zeigt zwei Linienabschnitte: Der rote Abschnitt stellt die sommerliche Grundlast dar. Das ist der Verbrauch bei hohen Außentemperaturen, bei denen die Räume in der Regel nicht mehr beheizt werden und die erzeugte Wärme im Wesentlichen für die Trinkwarmwasserbereitung benötigt wird.
Der nach links ansteigende blaue Abschnitt stellt den Verbrauch für die Beheizung des Gebäudes bei niedrigeren Außentemperaturen dar. Die Außentemperatur, ab der eine Beheizung der Räume nötig wird, ist als Heizgrenztemperatur an der Schnittstelle der roten und blauen Linie abzulesen. Die vier angegebenen Kennwerte werden nun mit dem Gebäude und der Anlage verglichen. So kann die vorhandene Heizkesselleistung mit der in der Praxis benötigten verglichen oder der sommerliche Wärmeverbrauch auf Plausibilität überprüft werden.
In den Vortragsfolien (PDF) finden sich weitere Informationen zu den Analysen mit Monats-, Jahresbericht und Vergleichswerten.
Die Nutzerinnen und Nutzer des FeBOp-Systems sollen im Rahmen der Analysen ihrer eigenen Anlage auch einen bewertenden Vergleich mit Ziel- oder Erwartungswerten erhalten. Drei Arten von Vergleichswerten sind möglich:
1. Ein Kennwert kann mit einem festen Referenzwert verglichen werden, wie z.B. aus Normen oder Richtlinien, Studien oder statistischen Modellen.
2. Ein Kennwert kann auch mit einem modellbasierten Referenzwert verglichen werden, der über ein festgelegtes Verfahren ausgerechnet wird, wie z.B. Berechnung des Nutzungsgrades eines Kessels nach DIN 18599
3. Über den Vergleich eines Kennwerts mit den entsprechenden Werten aus den Vorjahren können Trends dieses Kennwerts erkannt werden. Beispielsweise lassen sich so Effizienzeinbußen einer Anlage über mehrere Jahre hinweg aufgrund von Alterung erkennen.
Anwendungsbeispiel: Jahresnutzungsgrad nach VDI-Richtlinie
Das Beispiel zeigt die Effizienzbewertung anhand eines festen Referenzwerts für einen Erdgaskessel: Der Jahresnutzungsgrad des Brennwertkessels soll nach VDI 3807, Blatt 1 87 Prozent betragen. Das Messsystem misst an der betrachteten Anlage einen Nutzungsgrad von 82,5 Prozent. Das bedeutet ein Optimierungspotential von fast 5 Prozentpunkten im Vergleich mit dem Zielwert. Dieses Optimierungspotenzial lässt sich auch aus der energiegewichteten Rücklauftemperatur im Kesselbetrieb erkennen, da diese um 20 °C über einem in der Praxis erreichbaren Zielwert von 30 °C liegt. Ein Absenken der Rücklauftemperatur führt zu einem höheren Kesselnutzungsgrad. In den vom FeBOp-System generierten Berichten werden Abweichungen von den Vergleichswerten von über 5 Prozent orange markiert.
Beispiel für den Abgleich der Effizienz eines Gasbrennwertkessels mit festen Referenzwerten:
In den Vortragsfolien (PDF) finden sich weitere Informationen zu den Analysen mit Monats-, Jahresbericht und Vergleichswerten.
Die Ziel- bzw. Vergleichswerte machen das Optimierungspotenzial der Anlagen und Wärmezentralen messbar. Die FeBOp-Monatsauswertungen des Januar 2021 zeigten bei vielen Anlagen Optimierungspotenzial: Bei über der Hälfte der 17 Gaskesselanlagen wurde im Januar 2021 ein Optimierungspotenzial von über 5 Prozent festgestellt. Bei 5 Anlagen sogar ein Einsparpotenzial von durchschnittlich 17 Prozent.
Noch höher war das Optimierungspotenzial bei der Trinkwarmwasserbereitung. Von den 10 zentralen Trinkwarmwasser-Systemen im FeBOp-Projekt hatte über der Hälfte ein Optimierungspotenzial von durchschnittlich 18 Prozent.
In einem nächsten Projektschritt sollen die Wärmezentralen auch untereinander verglichen werden. Damit können die Nutzerinnen und Nutzer ihre Anlagen nicht nur mit theoretischen oder Prüfstandswerten vergleichen, sondern mit realen Messwerten einer Vielzahl von Anlagen, die die komplexe Praxis abbilden. So erhalten sie eine Orientierung dazu, was in anderen Wärmezentralen erreicht wird und können einordnen, ob ihre Erfolge oder Misserfolge außergewöhnlich sind oder eher typisch.
Für diesen Vergleich werden die Effizienz der Wärmeerzeuger, der Trinkwarmwasserbereitung und der erneuerbare Anteil verglichen. Um die eigene Anlage einzuordnen, kann der Durchschnitt der besten 25 Prozent aller Anlagen als in der Praxis erprobter Zielwert herangezogen werden.
In den Vortragsfolien (PDF) finden sich weitere Informationen zum Vergleich von Anlagen untereinander.
Daniel Eggert, ISFH
05151 999-522
info.febop-mfh [at] isfh.de
Mareike Korte
0511 89 70 39-24
mareike.korte [at] klimaschutz-niedersachsen.de