Wärmepumpen in Mehrfamilienhäusern

2. Niedersächsischer Wärmepumpentag

Rund 150 Teilnehmer:innen diskutierten in Hannover und online über die Umsetzung der Wärmewende – in diesem Jahr mit einem besonderen Fokus auf den Bereich der Mehrfamilienhäuser. Trotz technischer und sozialer Herausforderungen bei der Umsetzung der Wärmewende wird die Wärmepumpe auch hier eine Schlüsselrolle einnehmen; darüber waren sich Umweltminister Meyer, die Referent:innen und die Teilnehmer:innen einig.

Das Jahr 2023 war für die Wärmepumpe ein bewegtes Jahr: So gab es einerseits einen Absatz-Rekord und eine immense Aufmerksamkeit für die Technologie – andererseits sorgten die Diskussionen um das Gebäudeenergiegesetz auch für Verunsicherung in der Bevölkerung. Dass die Wärmepumpe eine Schlüsseltechnologie für die Wärmewende darstellt, darüber waren sich etwa 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Hannover einig. Während der Einsatz von Wärmepumpen im Bereich der Einfamilienhäuser bereits Fahrt aufgenommen hat, ist deren Einsatz in Mehrfamilienhäusern jedoch noch eher die Ausnahme. Grund genug, den Einsatz von Wärmepumpen in Mehrfamilienhäusern in den Fokus des 2. Niedersächsischen Wärmepumpentages zu stellen.

Die Vorträge finden Sie als Video direkt im nachfolgenden Text verlinkt und zusammen mit den Vortragsfolien am Ende der Seite.

Umweltminister Christian Meyer

Dr. Susanne Schmitt

Rund 80 Teilnehmende verfolgten die Veranstaltung vor Ort

In seinem Eingangsvortrag betonte der niedersächsische Umweltminister Christian Meyer zunächst die guten Bedingungen, die das Energiesystem in Niedersachsen – mit einem hohen Angebot an erneuerbaren Energien – für den Einsatz von Wärmepumpen bietet. Trotz dieser guten Bedingungen werde in Niedersachsen der Wärmebedarf noch zu selten aus erneuerbaren Quellen gedeckt. Vor dem Hintergrund der geplanten Klimaneutralität Niedersachsens bis zum Jahr 2040 betonte Meyer die Notwendigkeit, nun auch ins Handeln zu kommen. Beim Blick auf die aktuellen Marktentwicklungen machte der Minister deutlich, dass die Produktions-Kapazitäten für einen schnellen Wärmepumpen-Hochlauf mittlerweile vorhanden seien - die Nachfrage nach zwei starken Wachstumsjahren 2022 und 2023 jedoch eingebrochen sei.

Eine wichtige Grundlage für die Umsetzung der Wärmewende spiele daher die Planungssicherheit, die mithilfe der kommunalen Wärmeplanung gewonnen werden kann. Dabei stellte Minister Meyer heraus, dass niedersächsische Kommunen bereits mit gutem Vorbild vorangehen, schon deutlich vor der gesetzlichen Frist eine Wärmeplanung vorlegen und so den Weg für die erfolgreiche Wärmewende bereiten.

Die richtigen Weichenstellungen für die Wärmewende

Auch Frau Dr. Susanne Schmitt vom Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Niedersachsen und Bremen betonte, dass die Verpflichtung zur Erstellung kommunaler Wärmeplane zu begrüßen sei, um mehr Planungssicherheit zu schaffen. Dabei stellte sie jedoch herausdass sehr zeitnah eine Abstimmung zwischen Kommunen, Energieversorgern, Wohnungsunternehmen und der Bevölkerung nötig sei, damit es nicht zu einem Investitionsstau komme.  Viele Unternehmen hätten bereits ihre Klimaschutzpläne erarbeitet, die bei der Wärmeplanung Berücksichtigung finden müssten.

Wärmepumpen könnten laut Frau Schmitt einen signifikanten Beitrag zur erfolgreichen Wärmewende leisten, wenn die Voraussetzungen hierfür stimmen. So machte sie den Ausbau von Wärme- und Stromnetzen als zentrale Bedingung für den erfolgreichen Wärmepumpen-Hochlauf aus – auch mit Blick auf Mehrfamilienhäuser, die bei dem 2. Niedersächsischen Wärmepumpentag im Fokus standen.  

Christian Meyer und Dr. Susanne Schmitt in der Fragerunde mit den ModeratorInnen Lis Blume und Gunter Rockendorf

Die Rolle der Wärmepumpe in der Wärmewende

Dr. Georg K. Schuchardt von der KEAN und Fabian Hüsing vom ISFH gingen anschließend grundsätzlich auf die Rolle der Wärmepumpe in der Wärmewende ein. Herr Schuchardt thematisierte dabei die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Gebäudeenergie- und Wärmeplanungsgesetz und arbeitete die hohen Hürden heraus, die für die Wärmeversorgung mittels Wasserstoff- und Wärmenetzen bestehen. Auch daher blieben dezentrale Wärmepumpensysteme ein  wichtiger Schlüssel für die erfolgreiche Wärmewende. Fabian Hüsing ging anschließend auf die Voraussetzungen in Gebäuden ein, die einen Einsatz von Wärmepumpen ermöglichen. Dabei machte er deutlich, dass dezentrale Wärmepumpenanlagen auch in vielen Mehrfamilienhäusern die beste Lösung darstellen, um die gesetzlichen Vorgaben zur Nutzung erneuerbarer Energien in der Wärmeversorgung umzusetzen. Bei der Warmwasserbereitung sollte mit Blick auf die notwendige Vorlauftemperaturabsenkung dezentralen Lösungen der Vorzug gegeben werden.

Auf mögliche Wärmequellen und die vielfältigen Nutzungsarten von Wärmepumpen gingen anschließend Holger Jensen vom Landesamt für Bergbau Energie und Geologie (LBEG) sowie Dr. Martin Sabel vom Bundesverband Wärmepumpe (BWP) ein. Holger Jensen stellte das große Erdwärmepotenzial heraus, das in Niedersachsen für die Wärmewende genutzt werden kann und zeigte auf, dass Erdwärmeanlagen gut zur Beheizung größerer Gebäude oder ganzer Quartiere eingesetzt werden können. Ein Hindernis für den Hochlauf seien aktuell die begrenzten Kapazitäten der Bohrfirmen. Während die Produktion von Wärmepumpen derzeit relativ schnell hochgefahren wird, wachse die Kapazität der Bohrfirmen infolge des Fachkräftemangels nur langsam.

Dass Wärmepumpen ein weites Leistungs- und Einsatzspektrum abdecken, zeigte Dr. Martin Sabel: Von der Kleinwärmepumpe mit wenigen kW Leistung im Einfamilienhaus bis zur Großwärmepumpe für ganze Quartiere reiche das praxisbewährte Angebot. Um den Wärmepumpen-Hochlauf zu fördern, thematisierte Dr. Sabel die Steuern und Umlagen, die für den aktuell hohen Strompreis sorgten und den Hochlauf behinderten. 

Dr. Georg K. Schuchardt (KEAN)

Fabian Hüsing (ISFH)

Holger Jensen (LBEG, links) und Rainer Tepe (proKlima, rechts)

Praxisbeispiele zeigen Herausforderungen und Lösungswege auf

Einige Beispiele aus der Praxis sollten im weiteren Verlauf des Wärmepumpentags aufzeigen, wie Lösungen in Mehrfamilienhäusern konkret aussehen können. Rainer Tepe vom enercity-Fonds pro Klima  unterstrich die Bedeutung von Messtechnik, die für das Erreichen eines effizienten Betriebs unverzichtbar sei, insbesondere wenn Hybrid-Systeme zum Einsatz kommen.

Tief in die Details eines Praxisbeispiels ging dann Björn Siehlmann von der Wohnungsbaugenossenschaft Osnabrück ein. Herr Siehlmann berichtete von einem typischen, zunächst unsanierten Mehrfamilienhaus, in das eine 35kW Wärmepumpe zur Erdwärmenutzung eingebaut wurde. Dazu wurden knapp 500 Meter Erdwärmesonden installiert. Zudem wurde das komplette Dach mit einer 98 kWp-Solaranlage belegt und das Gebäude energetisch auf einen KfW 85-Standard saniert. Herr Siehlmann empfahl den Teilnehmenden in seinem Vortrag nachdrücklich, in ihren Projekten die Verringerung der Vorlauftemperatur in den Vordergrund zu stellen. Hierzu sollten die Heizflächen ausreichend groß dimensioniert, ein Betriebsmonitoring durchgeführt und das Nutzerverhalten mitbedacht werden (weitere Informationen zum Projekt im Ausklapper).

Zu den Vorträgen

Dr. Martin Sabel (BWP): Wärmepumpe - Der Schlüssel zur klimaneutralen Wärme 

Dr. Rainer Loch (VZN Nordrhein-Westfalen): Wärmepumpe im Bestand und Energieberatung

Dr. Frank-Peter Ahlers (HWK Hannover): Klimaneutrale Wärme

Hiram Kahler (vdw in Niedersachsen und Bremen e.V.): Die Wärmepumpe in der Wohnungswirtschaft

Jürgen Engelhardt (Fachverband SHK Niedersachsen): Erfahrungen und Pläne für die Aus- und Weiterbildung

Frank Jahns (STIEBEL ELTRON): Erfahrungen aus der FHW Fortbildung

Raphael Niepelt (efzn): Wärmepumpenforschung als Motor der Energiewende 

Dr. Tobias Ohrdes (ISFH): Erneuerbar betriebene Wärmepumpen - Eine Herausforderung für die Stromnetze?

Julia Jürgensen (Stadtwerke SH): Wärmepumpen im Quartier - Erfahrungen aus der Umsetzung und dem Betrieb Kalter Nahwärme

Praxisbeispiel der Wohnungsbaugenossenschaft Osnabrück

Beim Blick auf die ersten Resultate konnte Herr Siehlmann eine immense CO2-Einsparung erkennen – so konnte der CO2-Ausstoß im Gebäude von 40,2 t CO2 pro Jahr auf nunmehr 6,2 t CO2 pro Jahr reduziert werden. Durch die überschüssige Solarproduktion ist bilanziell ein Plusenergiehaus entstanden. Die PV-Unterstützung für die Wärmepumpe lag bereits ohne Speicher bei rund 21%. Der Einsatz von Wärmepumpen in Bestandsgebäuden funktioniere also - dennoch war Herr Siehlmann beim Blick auf die Zahlen nicht ganz zufrieden.

Die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe lag nämlich bei 3,15 – was aus seiner Sicht für erdgekoppelte Wärmepumpensysteme nicht zufriedenstellend ist. Erst recht, wenn man bedenkt, dass die zeitgleiche Erhöhung der Strompreise dazu führte, dass die eigentlich große Betriebskostenersparnis der Mieterinnen und Mieter weitgehend aufgezehrt wurde. Die Spurensuche ergab schnell, dass der Knackpunkt bei der Vorlauftemperatur lag, da diese teilweise noch deutlich zu hoch war. Geringe Vorlauftemperaturen seien auch im Bereich der Mehrfamilienhäuser der Schlüsselfaktor für ein effizientes Heizsystem – und geringe Betriebskosten.

Als "Lessons Learned" gab Herr Siehlmann den Teilnehmenden u.a. mit auf den Weg, die Dimensionierung bestehender Heizflächen zu überprüfen und diese bei Bedarf zu vergrößern sowie ein digitales Betriebsmonitoring durchzuführen. Als weiteren wichtigen Faktor benannte Herr Siehlmann das Nutzerverhalten der Mieterschaft. MieterInnen sollten deutlich intensiver über neue Heizsysteme informiert und auf ein geändertes Heizverhalten vorbereitet werden. Anders als bei verbrennungstechnischen Heizsystemen ist es mit Wärmepumpen nicht sinnvoll, einzelne Räume gar nicht zu beheizen und erst bei Nutzung „hochzudrehen“.

Vielmehr ist es notwendig, die Raumtemperaturen möglichst konstant zu belassen, bzw. die Raumtemperatur in ungenutzten Räumen nur um 2 bis 3 Grad Celsius abzusenken. Aus diesem Grund setzt das Wohnungsunternehmen zunehmend auf digitale Thermostate, welche die gewünschte Raumtemperatur anzeigen.  

Reno Schütt von dem Wohnungsunternehmen GEWO ging in seinem Abschlussvortrag darauf ein, wie der Wohnungsbestand seines Unternehmens sukzessive klimafreundlicher gestaltet wird. So habe die GEWO in ihren Gebäuden in Nordhorn zunächst den Heizbetrieb bilanzkreisbezogen messtechnisch überwacht. Dabei wurden bereits zahlreiche Optimierungsmöglichkeiten deutlich: Überdimensionierte Heizungen, viel zu häufiges „Takten“ der Anlage (An-Aus-Betrieb) und unnötiger Sommerbetrieb waren dabei die „Klassiker“.

Nach Durchführung erster Optimierungen am Heizsystem wurde anschließend geprüft, wie weit eine Absenkung der Vorlauftemperaturen möglich ist – die zentrale Voraussetzung für den effizienten und kostengünstigen Einsatz von Wärmepumpen. Die Durchführung nicht- und gering-investiver Optimierungen an den Heizsystemen schafften schließlich nicht nur die Voraussetzung dafür, dass Wärmepumpen in die Mehrfamilienhäuser der GEWO integriert werden können; vorhandene fossile Heizungen konnten auch zugunsten der Mieter:innen kostengünstiger betrieben werden.

Fazit: Der 2. Niedersächsische Wärmepumpentag machte deutlich, dass die Wärmepumpe eine Schlüsselrolle in der Wärmewende einnehmen wird – auch im Bereich der Mehrfamilienhäuser. Dabei machten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einige Herausforderungen aus, denen es durch entsprechende politische Rahmenbedingungen zu begegnen gilt. Die verschiedenen Beispiele aus der Praxis machten deutlich, dass der Einsatz von Wärmepumpen in Mehrfamilienhäusern mit guter Planung technisch, ökonomisch und sozial erfolgreich gestaltet werden kann.  

Zu den Vorträgen

Christian Meyer (Niedersächsischer Umweltminister): Zum Video-Vortrag
Dr. Susanne Schmitt (VDW in Niedersachsen und Bremen): Zum Video-Vortrag
Dr. Georg K. Schuchardt (KEAN): Vortragsfolien, zum Video-Vortrag
Fabian Hüsing (ISFH): Vortragsfolien, zum Video-Vortrag
Holger Jensen (LBEG): Vortragsfolien, zum Video-Vortrag
Martin Sabel (Bundesverband Wärmepumpe): Vortragsfolien, zum Video-Vortrag
Rainer Tepe (proKlima): Vortragsfolien, zum Video-Vortrag
Björn Siehlmann (Wohnungsbaugenossenschaft Osnabrück): Vortragsfolien, zum Video-Vortrag
Reno Schütt (GEWO): Vortragsfolien, zum Video-Vortrag

Kontakt

Dr. Georg K. Schuchardt

0511 89 70 39-26
georgkonrad.schuchardt [at] klimaschutz-niedersachsen.de

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