- Arbeitsfelder
- Themen
- Energieberatung
- Förderprogramme
- Gesetze + Normen
- Aus der Praxis
- Aktuelles
- Veranstaltungen
- Über uns
Für die energetische Sanierung eines Mehrfamilienhauses in Nordhorn hatte GEWO-Geschäftsführer Reno Schütt im Jahr 2019 insgesamt 23 Grüne Hausnummern erhalten. Seitdem konnten mit intelligenter Technik weitere Einsparungen erzielt werden. Wie, das lesen Sie hier im Interview.
Die Wohnsiedlung „Am Strampel“ in Nordhorn ist eine Siedlung, wie es sehr viele in Niedersachsen und Deutschland gibt: Anfang bis Mitte der 1950er Jahre erbaut, in Ehren in die Jahre gekommen, fortlaufend modernisiert. "Am Strampel" wurde dann 2015 eine umfangreiche Sanierung durchgeführt. Die Mehrfamilienhäuser haben ein einheitliches Erscheinungsbild in strahlendem Weiß erhalten, Dacheindeckungen und Abstellräume wurden erneuert, Vorstellbalkone an allen Wohnungen errichtet und die Außenanlagen mit vielen Grünflächen und altem Baumbestand neugestaltet.
Die Fakten:
Doch nicht nur optisch sind die Sanierungsarbeiten sichtbar. Auch die Energiebilanz der Siedlung mit ihren über 250 Wohneinheiten hatte sich damit erheblich verbessert. So haben mit den umgesetzten Einzelmaßnahmen wie Dämmung der Kellerdecken, Außenwände und obersten Geschossdecken und Einbau neuer Fenster alle Wohngebäude der Siedlung das KfW-Effizienzhaus-Niveau 100 erreicht. Besonders erfreulich ist die erzielte Energieeinsparung: Der Heizenergieverbrauch konnte für die Bewohner und Bewohnerinnen der Siedlung um durchschnittlich 20 Prozent gesenkt werden.
Gemeinsam mit dem Landkreis Grafschaft Bentheim überreichte die Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen im Jahr 2019 insgesamt 23 „Grüne Hausnummern“ an den Geschäftsführer der GEWO (Gesellschaft für Wohnen und Bauen mbH), Reno Schütt, für die Sanierung.
Wir wollten wissen: Wie haben Sie die Energieverbräuche in den Jahren nach der Sanierung entwickelt, was ist noch verändert worden?
Die GEWO Nordhorn hatte sich nach der Sanierung und der Auszeichnung mit der Grünen Hausnummer weiter engagiert und Verbesserungen angestrebt. In diesem Zuge haben sie sich bei einem Projekt beteiligt, das ein intelligentes Mess- und Analysesystem zur Bewertung der Energieeffizienz von Heizzentralen in Mehrfamilienhäusern entwickeln wollte. Das Projekt, mit dem Kurznamen "FeBOp" fand unter der Leitung des Instituts für Solarforschung in Hameln statt, die hatte KEAN mitgewirkt. Das Projekt wurde im Jahr 2022 abgeschlossen, doch die GEWO setzt seither das entwickelte System standardmäßig ein. In Nordhorn wurde das FeBOp-System bis Mitte 2020 in acht Mehrfamilienhäusern der GEWO eingebaut.
KEAN: Herr Schütt, inwiefern hat sich das FeBOp-System für Sie bewährt?
Reno Schütt: Aufgrund des permanenten Monitorings waren wir in der Lage, unsere Heizanlagen viel effizienter einzustellen. Kleine Defekte, Fehleinstellungen oder andere Veränderungen an den Heizsystemen bilden sich in dem System sehr schnell ab und man kann reagieren, da man auf Effizienzmängel oder Verbesserungsmöglichkeiten hingewiesen wird.
KEAN: Bleiben diese Beeinträchtigungen denn sonst unbemerkt?
Reno Schütt: Dies kann tatsächlich über einen längeren Zeitraum unbemerkt bleiben. In der Regel ist es ja so, dass solange sich kein Mieter über ausbleibende Wärme in der Wohnung beschwert, wir bezüglich der Heizanlagen nicht tätig werden.
KEAN: Dass bedeutet also, hohe Energieverluste im Heizungskeller werden häufig nicht bemerkt?
Reno Schütt: Genau. In der Regel wird dies nur festgestellt, wenn die aktuellen Verbräuche aufgezeichnet und regelmäßig mit den alten Werten bzw. Erwartungswerten abgeglichen werden. Das FeBOp-System kann genau das leisten! Damit können wir darauf achten, dass unsere Mieterinnen und Mieter nicht unnötig viel für Energie zahlen, weil zu viel davon im Heizungskeller verloren geht. Aber es gibt noch zwei weitere Aspekte: Erstens: Wenn wir erneuerbare Energien einbauen, haben wir die wesentlichen Daten parat, um sie optimal einzubinden. Und zweitens: Die sonstigen Bauunterhaltungsmaßnahmen werden ggf. in einer anderen Reihenfolge geplant und umgesetzt. Je nachdem, was mehr Energie einspart bzw. in der Wirkung effizienter ist.
Heizungskeller mit FeBOp-Technik
KEAN: Hätten Sie dafür ein Beispiel für uns?
Reno Schütt: Die FeBOp-Software berechnet im Hintergrund die Dynamik der Steigerung des Energiebedarfs jedes Gebäudes bei fallenden Temperaturen. Je stärker die Veränderung, desto größer das Erfordernis, die Gebäudehülle zu verbessern. Folgt bei diesen Gebäuden die Erneuerung einer Heizung vor notwendig werdenden Dämmmaßnahmen, ist die neue Heizung überdimensioniert. Wir haben beispielsweise den Austausch von Fenstern bei einer Reihe von Gebäuden vorgezogen.
KEAN: Wie schätzen Sie das Nachahmungspotential für Mehrfamilienhäuser in Deutschland ein?
Reno Schütt: Das FeBOp-Projekt hat eine überzeugend intelligente Messtechnik entwickelt. Uns begleitete dabei eine Armada an beeindruckend neugierigen und hochspezialisierten Köpfen. Mit viel Geduld, Sorgfalt und hoher Detaillierungstiefe wurden die idealen Komponenten für ein präzises, robustes und fehlerunauffälliges System entwickelt. Es ist ein offenes Gesamtprodukt entstanden, das hardwareseitig aus gängiger Regalware besteht, die jeder handwerklich begabte Anwender nach Belieben austauschen kann. Die Software liefert in Berichten erklärende Hinweise, wenn Abweichungen von den erwarteten Werten gemessen werden. Ich hoffe, Nachahmen wird der neue Virus, denn das Potential ist enorm.
KEAN: Welche Schritte planen Sie noch?
Reno Schütt: Infiziert durch das Forschungsprojekt wollen wir unbedingt unseren gesamten Bestand messtechnisch erfassen. Das Messen hat einen unschätzbaren Wert. Es ist die Möglichkeit, klarer zu sehen. Das wirkt entspannend und reichert gleichzeitig die Bandbreite der Handlungsoptionen an.
KEAN: Herr Schütt, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.