Gutes Beispiel

Ohne Fassadendämmung geht es auch: dank Wärmepumpe energetisch fit

Lässt sich eine Wärmepumpe effizient in ein wenig saniertes, ungedämmtes Haus aus den 1930er Jahren einbauen? Petra Hundertmark und ihr Partner Detlef Schuster machten den Versuch und zeigen: Es geht! Wir stellen Ihnen ihr besonderes Haus im Landkreis Holzminden vor.

Die Grüne Hausnummer wird verliehen

Schon bald nach dem Kauf des Hauses 2017 stellte sich für die Besitzerin Petra Hundertmark die Frage, wie das 111m² große und fast 90 Jahre alte, kaum sanierte und ungedämmte Haus (Baujahr 1933) in Holzminden energetisch fit gemacht werden könnte. Sie wandte sich an einen Energieberater und lernte somit ihren Lebenspartner Detlef Schuster kennen. Schnell waren sich beide einig, dass an der einmalig verputzten Mauerwerksfassade mit Zierklinkern nichts verändert werden sollte.

Im Inneren des Hauses gingen beide jedoch engagiert mit der Renovierung ans Werk. 

Die Fakten:

  • KfW-Effizienzhaus-Niveau 100
  • Bj. ca. 1933
  • Erneuerung aller elektrischen Leitungen 
  • Neugestaltung der Sanitärbereiche
  • Anschaffung neuer und größerer Heizkörper
  • Installation einer Fußbodenheizung in „Trockenestrich“ (Gipsfaserplatten auf Hartschaumdämmung)
  • Einbau neuer Kunststofffenster mit 2-Scheiben-Isolierverglasung
  • Einbau einer Panasonic Wärmepumpe

Weitere Maßnahmen folgten: Auf die bereits mit 100mm gedämmte oberste Geschossdecke in Kehlbalkenlage wurden zusätzliche 240mm Glaswolle aufgebracht. 2017 folgte zunächst der Ausbau der alten Gasheizung gegen eine neue Gasbrennwert-Heizung, bei der sogleich ein hydraulischer Abgleich vorgenommen wurde. Diese energetisch sinnvollen Maßnahmen spiegelten sich in einer begehrten Auszeichnung wider: Im Jahr 2021 wurde der Eigentümerin die Grüne Hausnummer von der Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen verliehen.

Baujahr 1933

2021: Verleihung der Grünen Hausnummer

Panasonic Wärmepumpe

Eine Herzensangelegenheit: das Haus bekommt eine Wärmepumpe

Um dem Klimaschutz Rechnung zu tragen und auf erneuerbare Energien umzustellen, wurde im Oktober 2022 die erst fünf Jahre alte Gasbrennwertheizung gegen eine Wärmepumpe ausgetauscht. „Das war keine leichte Entscheidung, denn die Investition in die neue Gasheizung lag ja noch nicht lange zurück“, erklärt Petra Hundertmark. Der Austausch gegen eine Wärmepumpe war eine Herzensangelegenheit von Detlef Schuster, der den Einbau von Wärmepumpen im Rahmen seiner Energieberatungen häufig empfiehlt. „Ich wollte es einfach wissen. In der Theorie war mir längst bekannt, dass Wärmepumpen in Altbauten einsatzfähig sind. Aber mit diesem Selbstversuch habe ich den Beweis erbracht: Die Wärmepumpe funktioniert einwandfrei und effizient im nur wenig sanierten Bestandsgebäude!“ Seine Partnerin ergänzt: „Außerdem wollten wir unabhängig werden von fossilen Rohstoffen, das Klima schützen und unsere Heizkosten niedrig halten. Diesem Ziel kommen wir mit der Wärmepumpe immer näher“. 

Heute steht neben dem Haus des Paares eine 5kW-starke Monoblock Luft-Wasser-Wärmepumpe mit einem integrierten 3kW-Heizstab. Letzteren nutzt die Wärmepumpe nur hin und wieder zum Abtauen, denn für das Heizen und die Warmwasser-Bereitung wird er nicht benötigt. Die Jahresarbeitszahl (JAZ) der besonders klein dimensionierten Wärmepumpe beträgt 3.8. An den kältesten Tagen im Jahr betreiben die Beiden deshalb noch einen 5kW- Holzofen im Wohnzimmer, der die Wärmepumpe beim Beheizen unterstützt. Pufferspeicher oder hydraulische Weichen sind dagegen nicht verbaut: Die Vor- und Rücklaufleitungen führen direkt in die Heizung bzw. Fußbodenheizung.

 

Die Fakten Teil II:

  • Der 180 Liter große externe Warmwasserspeicher mit großem Glattrohrwärmetauscher (2,56m²) wurde  zusätzlich mit 100mm alukaschierter Glaswolle gedämmt. 
  • Alle Leitungen sind sorgfältig gedämmt, damit die Wärme nicht durch den ungeheizten Keller verloren geht.
  • Der Warmwasserspeicher hat einen integrierten 2,5 kW-Heizstab. Damit könnte bei Bedarf die Warmwasserversorgung auch unabhängig von der Wärmepumpe betrieben werden.
  • Die Warmwasserzirkulation wird mit batterielosen Funkschaltern nur bei Bedarf in Gang gesetzt. Die beiden Stränge von Bädern und Küche werden damit bedient.  
  • Alle Pumpen, auch die Umwälzpumpe der Fußbodenheizung, sind Hocheffizienzpumpen. Dennoch: Die Zirkulationspumpe soll nicht ständig das Trinkwasser durchs Haus pumpen. Gegen die Legionellen wird das System einmal in der Woche hochgeheizt.

Speicher mit alukaschierter Glaswolle im Keller

"Testlabor Schuster"

Keine „indirekte Kellerbeheizung“ - alles ist fachmännisch gedämmt

„Testlabor Schuster“: Die Wärmepumpe im Bestand bewährt sich

In diesem Jahr ist der Einbau eines 200 Liter großen Rücklauf-Pufferspeicher geplant. Dies ist notwendig, weil das Heizwasservolumen von ca. 80 Litern für das Abtauen nicht ausreicht und Detlef Schuster aktuell den Heizstab zum Abtauen benötigt. Der Rücklauf-Pufferspeicher wird im Rücklauf hängen, kurz vor dem Übergang zur Wärmepumpe nach außen. Bei Warmwasserbetrieb soll der Rücklauf über ein Drei-Wege-Ventil am Puffer vorbeilaufen, damit sich der Pufferspeicher nicht auf ca. 48°C erwärmt. Dies ist der ungefähre Rücklaufwert am Ende der Warmwasserbereitung. Danach wird wieder in den Heizbetrieb gewechselt. „Es ist weniger effizient, wenn Wasser mit hohen Temperaturen zu den Heizkörpern fließt“, erläutert Detlef Schuster. „Für alle anderen Betriebsfälle ist der Heizstab deaktiviert. Dieser schaltet sich nur dann automatisch ein, wenn die Rücklauftemperatur beim Abtauen unter einen entsprechenden Wert fällt.“, so Schuster weiter. Nach der Installation des Rücklaufpufferspeichers wird der Heizstab nicht mehr zum Abtauen benötigt.
Eine Installation von Photovoltaik auf dem Dach ist ebenfalls 2023 geplant, eine Lüftungsanlage hingegen nicht.

Jeden Abend gegen 18 Uhr führt Detlef Schusters Weg ihn in das „Testlabor Schuster“, den Heizungskeller. In detaillierten Excellisten werden die Stromverbräuche und die Leistungsfähigkeit der Wärmepumpe dokumentiert. „Beobachten, berechnen, anpassen und nachhalten aller Einstellungen machen mir große Freude.“ so Schuster. Sein Ziel: die perfekt eingestellte Wärmepumpe. Im Zusammenhang mit der Wärmepumpe spricht er von „Temperierung“ und nicht vom „Heizen“, weil hohe Temperaturen, wie wir sie mit Verbrennung erreichen, für das Erwärmen eines Hauses nicht nötig sind. Im Gegenteil: Je niedriger die Betriebstemperaturen einer Wärmepumpe, desto effizienter arbeitet sie. 

„Deshalb haben wir auch alle Heizkörper durch größere ersetzt, denn die größeren Heizflächen gleichen das wieder aus.“ erläutert Detlef Schuster. „Entgegen vieler Vorurteile zeigen wir hier in diesem alten Haus aber vor allem eines: die Wärmepumpe bewährt sich auch im nur wenig sanierten Bestand. Das freut mich als Bewohner des Hauses, aber vor allem als Energieberater! Wir haben den Charakter des Hauses bewahrt und zeigen dennoch, wie es mit moderner Wärmepumpentechnologie effizient und CO2-frei erwärmt werden kann.“ Von zentraler Bedeutung ist deshalb diese Botschaft von Petra Hundertmark: „Was wir hier in dem alten Haus zeigen, ist andernorts genauso umsetzbar.“

 

Newsletter
abonnieren