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Die Scientists for Future haben 2022 im Auftrag des UBA und des BMUV untersucht, welche Rolle Wärmenetze bei der klimaneutralen Wärmeversorgung spielen können. Vorteile, Voraussetzungen und Grenzen für den Einsatz sowie Unterstützungsmöglichkeiten für den Aus- und Neubau von Wärmenetzen werden benannt.
Wärmeanwendungen sind für einen großen Teil der Endenergieverbräuche und der Treibhausgasemissionen Deutschlands verantwortlich. Leider werden diese Anwendungen weiterhin zu ca. 90 % fossil gedeckt. Dies steht im klaren Widerspruch zu Niedersachsens und Deutschlands Klimaschutzzielen! Das Policy Paper der Scientists for Future untersucht daher, wie die Wärmewende unterstützt werden kann.
Wärmenetze sind laut einer Vielzahl unterschiedlicher Studien ein zentrales Element der Wärmewende. Vorteile von Wärmenetzen sind, dass vor allem hoch verdichtete Stadtkerne klimaneutral mit sonst ungenutzten Wärmepotenzialen versorgt werden können. Zudem verspricht man sich aus der Nutzung nicht fossiler Wärmequellen und der Diversifizierung des Wärmebezug sowohl geringere als auch stabilere Wärmekosten als bei rein fossiler Wärmebereitstellung. Andererseits halten die Autoren des Policy Papers fest, dass die Umstellung der Fernwärme von vornehmlich fossilen auf erneuerbare Energieträger stockt. Dies gefährdet den Klimaschutzbeitrag der Wärmenetze.
Um Wärmekosten aus Wärmenetzen möglichst gering zu halten, schlagen die Autoren des Papers vor, den Wärmenetzbetrieb gemeinnützig, genossenschaftlich oder kommunal zu organisieren. Auch Auswertungen der Dänischen Energieagentur legen nahe, dass private und gewinnorientierte Unternehmen deutlich höhere Preise für Fernwärme abrufen, als gemeinnützige Wärmeversorger. Mit Blick auf den Umbau bestehender weitestgehend fossiler hin zu „nachhaltigen Wärmenetzen“ können die Autoren leider mit keiner (einfachen) Lösung aufwarten.
Grundsätzlich ist die Kommunale Wärmeplanung ein Strategieinstrument, welches vor Ort zur Umsetzung der Wärmewende anregen und motivieren soll. Dafür werden Bestands- und Potenzialanalysen als Basis für die Ableitung von Szenarien zur Entwicklung der zukünftigen Energieversorgung im gesamten Gemeindegebiet herangezogen. Fokus liegt dabei in diesem strategischen Planungsschritt auf der Identifikation potenzieller Eignungsbereiche für Wärmenetze oder Wasserstoffnetze sowie im Umkehrschluss für eine gebäudeindividuelle, dezentrale Wärmeversorgung. Wichtig: Die potenzielle Eignung für eine netzbasierte Versorgung bedeutet nicht, dass sich hier auch ein Netzbetreiber finden wird! Vielmehr gilt es auf Basis der Kommunalen Wärmeplanung genau dies mit lokalen Energieversorgungsunternehmen zu klären. Abschließend sind nach NKlimaG Umsetzungsmaßnahmen zu benennen, mit denen die Kommunalpolitik gezielt die Umsetzung der Wärmewende vor Ort vorantreiben will.
Gegenstand der i.R. kommunaler Wärmeplanungen erarbeiteten Umsetzungsplanungen sind oftmals energetische Quartierskonzepte. In diesen wird untersucht, welche verschiedenen Optionen für eine treibhausgasneutrale Wärmeversorgung bestehen. Da es jedoch weder in Niedersachsen noch im Bund, Vorgaben für die inhaltliche Ausgestaltung von Umsetzungsplanungen gibt, anbei ein paar Leitfragen die es im Rahmen kommunaler Wärmeplanungen mit Blick auf die Ergebnisse der Scientists for Future zu klären gilt:
Und auch der Blick über den Tellerrand hinaus kann hier hilfreich sein. So werden in den Niederlanden grundsätzlich fünf verschiedene Dekarbonisierungspfade i.R. von Detail- und Umsetzungsplanungen untersucht: (i) Wärmenetze mit mittlerer oder hoher Temperatur sowie (ii) Wärmenetzen mit niedriger Temperatur werden dabei Lösungen mit (iii) dezentralen elektrischen Wärmepumpen gegenübergestellt. Konzepte auf Basis von (iv) Biogas und (v) (grünem) Wasserstoff sind grundsätzlich ebenfalls zu betrachten, unterliegen jedoch starken Restriktionen.
Insbesondere die langfristige Verfügbarkeit nachhaltiger Wärmequellen wird ein sehr wichtiger Aspekt für kommunalpolitische Weichenstellungen in der Wärmewende sein. Auch daher soll der Einsatz von Biomasse und grünem Wasserstoff in den Niederlanden wohl vermieden werden, da deren Verfügbarkeit fraglich ist. Mit Blick auf die Wärmewende wäre es daher wünschenswert, wenn insbesondere für die Verfügbarkeit von Hochtemperaturpotenzialen wie Biomasse oder Wasserstoff seitens des Bundes schlüssige Konzepte vorgelegt werden.
Grundsätzlich ist aber festzuhalten: Wärmenetze können nachhaltige Wärme mit sinkender Netztemperatur besser nutzen! Insbesondere Netztemperaturen unter 60°C (kalte Wärmenetze und Niedertemperaturnetze) sind daher aus Sicht der Wärmewende optimal, um hier maximal flexibel zu bleiben (siehe Agora Energiewende, S. 5, Stand 2019). Hier können einerseits Anpassungen in der Wärmenetzstruktur (z. B. Einbindung dezentraler Wärmequellen, die hydraulische Entkopplung einzelner Netzteile) hilfreich sein. Andererseits ist in Bestandsnetzen langfristig eine Temperaturabsenkung anzustreben. Dies wiederum kann jedoch nur gelingen, wenn Wärmebedarfe und Bezugsleistungen im Netz sinken. Zudem führen alle investiven, nicht- und gering-investiven Maßnahmen zur Absenkung des notwendigen Temperaturniveaus bei den Abnehmern (z. B. hydraulischer Abgleich, Vergrößerung von Heizflächen, etc.). Auch Erfahrungen aus Dänemark mit der Kommunalen Wärmeplanung bestätigen dies. Auch deshalb sollte der Neu- und Ausbau von Wärmenetzen von vornherein für einen Betrieb mit (möglichst) niedrigen Temperaturniveaus ausgelegt werden.
Dr. Georg K. Schuchardt
0511 89 70 39-26
georgkonrad.schuchardt [at] klimaschutz-niedersachsen.de