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Unternehmen nutzen Ressourcen und Energie - und können daher auch maßgeblich zu deren Einsparung beitragen. Durch die Implementierung eines systematischen Energiemanagements lassen sich der Energieverbrauch reduzieren und Effizienzpotenziale optimal nutzen. Wie das gelingt, zeigt das folgende Interview mit Axel Krämer von der ABEMA Beratungsgesellschaft mbH!
KEAN: Herr Krämer, zunächst ganz allgemein gefragt: Was ist ein betriebliches Energiemanagementsystem (EnMS)?
Axel Krämer: Es geht im Grunde darum, den Energiehaushalt eines Unternehmens unter die Lupe zu nehmen. Man erfasst und durchleuchtet die Energieströme, schaut sich an, woher die Energie kommt und wofür sie verwendet wird. Ziel ist es, die Energieverbräuche transparent abzubilden und auf nachhaltige Weise zu optimieren und zu reduzieren. Mit einem gelebten Energiemanagement können Unternehmen durch clevere, oft kostengünstige Maßnahmen oder durch technische Upgrades beeindruckende Einsparungen erzielen.
KEAN: Und welche Energieformen umfasst ein EnMS?
Axel Krämer: Generell werden sämtliche Energieformen, also thermische, elektrische oder auch chemische Energie und die jeweiligen Energieträger, also z.B. Brennstoffe und elektrische Energie einbezogen. Der Fokus liegt auf der tatsächlich verbrauchten und für das jeweilige Unternehmen wesentlichen Energiemenge. Wenn ein Unternehmen beispielsweise für den Betrieb eines Staplers im Jahr lediglich drei Flaschen Propangas benötigt, parallel dazu aber 10 GWh elektrische Energie bezieht, liegt der Fokus in diesem Fall auf der elektrischen Energie.
KEAN: Welche Vorteile bietet ein EnMS für KMU?
Axel Krämer: Energiemanagementsysteme bringen vielschichtige Vorteile mit sich, die jedoch stark von den individuellen Gegebenheiten eines Unternehmens abhängen. Generell gewinnt die Steigerung der Energieproduktivität einen zunehmenden Stellenwert in der Gesamtwirtschaft. Gerade KMU mit signifikanten Energiekostenanteilen an den Gesamtausgaben sind in Phasen volatiler Energiepreise anfälliger und Existenzen teils bedroht. Daher ist der effiziente Einsatz von Energie von entscheidender Bedeutung, um Kosten zu kontrollieren und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Es kann daher ein großer Vorteil sein, einen guten Überblick zu haben.
KEAN: Welchen Unternehmen raten Sie, ein EnMS zu implementieren und für wen sind eher Energieaudits nach DIN EN 16247 geeignet?
Axel Krämer: Es wäre unangemessen, hier eine pauschale Aussage zu treffen. Die Entscheidung zur Einführung eines EnMS hängt stets von den spezifischen Gegebenheiten ab. Es ist wichtig, die anfänglichen Kosten für die Einführung sowie den erhöhten Aufwand bei EnMS im Vergleich zu einem Energieaudit (alle 4 Jahre) zu berücksichtigen. Die Implementierung sollte sowohl ökologisch als auch ökonomisch fundiert sein. Man sollte also vorab abwägen, wie das individuelle Kosten-Nutzen-Verhältnis aussieht. Hat das Unternehmen z. B. schon ein Managementsystem etwa nach der ISO 9001, dann ist der Sprung zum EnMS nach ISO 50001 unter Umständen gar nicht mehr so groß. Beratungsunternehmen wie unseres unterstützen Interessenten bei der Entscheidungsfindung.
Dies geschieht im Rahmen einer Erstaufnahme, bei der potenzielle Einsparungen und Vorteile identifiziert und mit den damit verbundenen Aufwänden abgewogen werden. Hierfür bieten sich als erster Schritt z. B. die kostenfreien Transformationsberatungen der KEAN sowie das Energieaudit an, welches über das Modul 1 der Bundesförderung für Energieberatung für Nichtwohngebäude, Anlagen und Systeme (EBN) förderfähig ist.
KEAN: Was gilt es, bei der Einführung eines EnMS zu beachten? Was sind die zentralen Schritte?
Axel Krämer: Ein grundlegender Schritt für ein effektives Energiemanagementsystem besteht darin, dass die Entscheidungsträger, insbesondere die Geschäftsleitung, sich dazu bekennen. Ähnlich wie bei anderen Managementsystemen ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Wichtigkeit des Systems innerhalb der gesamten Organisation kommuniziert wird. Nach dem Entschluss zur Einführung eines Energiemanagementsystems folgt eine Bestandsaufnahme.
Dabei werden die Energieflüsse des Unternehmens ermittelt und die genutzten Energieträger identifiziert. Es wird analysiert, in welchen Prozessen, Maschinen oder Anlagen der größte Energieverbrauch stattfindet, um die Hauptverbraucher zu identifizieren. Ferner wird geprüft, welche Verbrauchswerte bereits messtechnisch erfasst sind und welche potenziell erfasst werden könnten/sollten. Anschließend werden klare Ziele formuliert, und die entsprechenden Maßnahmen zur Zielerreichung definiert. Die Umsetzung dieser Maßnahmen erfolgt daraufhin, und der Prozess beginnt von Neuem mit dem Ziel der kontinuierlichen Verbesserung (PDCA-Zyklus).
KEAN: Sie haben viele mittelständische Unternehmen bei diesem Prozess begleitet. Wie lange dauert der Initiierungsprozess und was sind die internen Kosten? Wie hoch sind die Kosten für externe Dienstleistungen?
Axel Krämer: Die Dauer des Initiierungsprozesses und die damit verbundenen Kosten sind ganz unterschiedlich. Beides hängt nicht nur von der Größe des Unternehmens ab, sondern auch von der Komplexität der bestehenden Prozesse und den spezifischen Anforderungen an das Energiemanagement. Ein produzierendes Unternehmen mit beispielsweise 10 verschiedenen Produktionslinien wird voraussichtlich mehr Ressourcen in die Analyse und Identifikation von Effizienzmaßnahmen investieren müssen als ein vergleichbares Unternehmen mit identischen Produktionslinien.
Unternehmen sollten mindestens sechs Monate für die Einführung einplanen. Auch die Gesamtkosten variieren entsprechend. Die Höhe und Aufteilung interner/externer Kosten sind davon abhängig, wie viel Know-how und Kapazität im Unternehmen vorhanden sind. Einige Unternehmen benötigen möglicherweise keine externe Unterstützung bei der Einführung oder beispielsweise beim Aufbau von Messstellen, während andere auf entsprechende Dienstleistungen angewiesen sind. Unabhängig davon fallen jedoch in jedem Fall (Re-)Zertifizierungskosten an.
Das BAFA hat eine Studie zur Wirkung von Energiemanagementsystemen veröffentlicht, die sich mit den Kosten und deren Verteilung beschäftigt. Das ist sicherlich ein erster Anhaltspunkt, mit dem Unternehmen rechnen können. Es existieren Firmen, die ihre Zertifizierungskosten unter 10.000 Euro halten können, während andere die in der BAFA-Übersicht dargestellten Kostenrahmen deutlich überschreiten.
Quelle: Studie zur Wirkung von Energiemanagementsystemen (2022), S. 32
KEAN: Das sind auf den ersten Blick nicht unerhebliche Aufwendungen. Mit welchen Kosteneinsparungen kann das Unternehmen kalkulieren? Wie entwickeln sich die Einsparungen im Zeitverlauf?
Axel Krämer: Das hängt auch hier stark von der Branche, Struktur und Alter eines Unternehmens ab. Die Studie des BAFA zeigt, dass die Energieeffizienzpotenziale bei einem systematisches EnMS im Zeitverlauf konstant bleiben und dauerhaft realisiert werden können. Einsparungspotenziale von 3 % bis 4 % p.a. sind durchaus realistisch und können zu entsprechenden Kosteneinsparungen führen.
KEAN: Welche technischen Voraussetzungen müssen für ein EnMS erfüllt sein?
Axel Krämer: Die Norm fordert weder eine bestimmte Anzahl an Messungen noch eine bestimmte Software zur Aufbereitung der Datensammlung. Im Bereich der Messtechnik muss sichergestellt werden, dass die erfassten Daten für die Größe und Komplexität des Energiemanagements geeignet sind. Diese Daten sollten ausreichend aussagekräftig sein, um den Betrieb zu verstehen und Verbesserungen vorzunehmen. Zusammengefasst: Wir benötigen passende Daten für eine effektive Analyse, Planung und Verbesserung.
KEAN: Wer berät und unterstützt Unternehmen bei der Einführung eines EnMS?
Axel Krämer: Beratungsunternehmen mit Spezialisten im Bereich der Managementsysteme, z. B. mein Team der ABEMA. Leider gibt es im Gegensatz zur Energieberatung keine offiziellen Listen, auf denen nach Beratern gesucht werden kann. Die Energieeffizienz-Expertenliste (EEE) der dena kann bei der Suche aber sicherlich weiterhelfen.
KEAN: Können sich (kleine und mittlere) Unternehmen die Einführung oder Aufrechterhaltung eines EnMS fördern lassen?
Axel Krämer: Eine Förderung für die Erstzertifizierung eines Energiemanagementsystems nach ISO 50001 gibt es nicht mehr. Mein Ratschlag für Unternehmen, die nicht zur Einführung eines Energiemanagementsystems verpflichtet sind, ist die Durchführung eines Energieaudits nach Modul 1 der Bundesförderung für Energieberatung für Nichtwohngebäude, Anlagen und Systeme (EBN). Dieses kann als solide Grundlage bei der Entscheidung für oder gegen die Einführung eines Energiemanagementsystems dienen. Im Rahmen des Audits werden erste Analysen durchgeführt, aus denen sich Verbesserungsmöglichkeiten ableiten lassen.
Ein positiver Nebeneffekt besteht darin, dass bereits der erste Schritt getan ist, wenn sich Unternehmen später für die Einführung eines Energiemanagementsystems entscheiden und der Aufwand dadurch geringer ist. Die Beratung wird vom BAFA mit 80 % des förderfähigen Beraterhonorars, aber maximal 6000 Euro gefördert. Mehr Informationen
Zusätzlich besteht für Unternehmen die Option, eine Förderung für Messtechnik in Kombination mit einer aufgeführten Energiemanagementsoftware zu beantragen. Die entsprechende Förderung kann über das BAFA – speziell über Modul 3 der Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft – beantragt werden. Die Förderquote beträgt hierbei bis zu 45 %.
KEAN: Haben Sie Tipps für die erfolgreiche Antragsstellung?
Axel Krämer: Natürlich ist es ratsam, sich direkt von einem Berater unterstützen zu lassen. Ein Experte auf diesem Gebiet ist wahrscheinlich effizienter als jemand, der bisher noch keinen solchen Antrag gestellt hat. In den meisten Unternehmen, die wir betreuen, übernehmen die Berater tatsächlich die gesamte Antragsstellung. Dafür ist es erforderlich, dass das Unternehmen eine Vollmacht ausstellt.
KEAN: Der Markt für Energiemanagementsoftware ist groß. Allein die BAFA-Liste der nach Modul 3 förderfähigen Programmen umfasst mehr als 380 Softwarelösungen. Nach welchen Kriterien sollte ein Unternehmen die Software aussuchen?
Axel Krämer: Die Marktlandschaft ist tatsächlich sehr unübersichtlich. Es ist entscheidend, dass das gewählte System den spezifischen Bedürfnissen des Unternehmens entspricht.Daher ist es unerlässlich, im Vorfeld Überlegungen anzustellen und so etwas wie ein Lastenheft zu erstellen.
Fragen, die dabei berücksichtigt werden sollten, sind unter anderem:
Zudem sollten diese Fragen nicht nur auf die gegenwärtigen Anforderungen abzielen, sondern auch einen zukunftsorientierten Blick berücksichtigen. Welche Anforderungen könnten in ein paar Jahren relevant sein, selbst wenn sie zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht zwingend erforderlich sind? Die Auswahl einer Software, die das gesamte System flexibel begleiten kann, ist hierbei der effektivere Ansatz im Vergleich zu einer Lösung, bei der sich das gesamte System an die Software anpassen muss.
Energiemanagement-Software ist kein Standardprodukt und es gibt nicht den einen Preis. Die Preise für die Software variieren entsprechend – je nachdem, wie umfangreich das System ist und an welche Kundenbedürfnisse es angepasst werden soll. Es gibt Unternehmen, die Excel-Tools nutzen und neben der Anschaffung von Messstellen „nur“ Arbeitszeit investieren. Bei anderen Kunden sind Systeme im Einsatz die unter 1.000 EUR liegen, aber auch solche die bereits in der Anschaffung 10.000 EUR kosten. Dazu kommen dann ggf. noch die erforderlichen Messstellen.
Neele Birnbaum
0511 89 70 39-19
neele.birnbaum [at] klimaschutz-niedersachsen.de