KEAN: Was gilt es, bei der Einführung eines EnMS zu beachten? Was sind die zentralen Schritte?
Axel Krämer: Ein grundlegender Schritt für ein effektives Energiemanagementsystem besteht darin, dass die Entscheidungsträger, insbesondere die Geschäftsleitung, sich dazu bekennen. Ähnlich wie bei anderen Managementsystemen ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Wichtigkeit des Systems innerhalb der gesamten Organisation kommuniziert wird. Nach dem Entschluss zur Einführung eines Energiemanagementsystems folgt eine Bestandsaufnahme.
Dabei werden die Energieflüsse des Unternehmens ermittelt und die genutzten Energieträger identifiziert. Es wird analysiert, in welchen Prozessen, Maschinen oder Anlagen der größte Energieverbrauch stattfindet, um die Hauptverbraucher zu identifizieren. Ferner wird geprüft, welche Verbrauchswerte bereits messtechnisch erfasst sind und welche potenziell erfasst werden könnten/sollten. Anschließend werden klare Ziele formuliert, und die entsprechenden Maßnahmen zur Zielerreichung definiert. Die Umsetzung dieser Maßnahmen erfolgt daraufhin, und der Prozess beginnt von Neuem mit dem Ziel der kontinuierlichen Verbesserung (PDCA-Zyklus).

KEAN: Sie haben viele mittelständische Unternehmen bei diesem Prozess begleitet. Wie lange dauert der Initiierungsprozess und was sind die internen Kosten? Wie hoch sind die Kosten für externe Dienstleistungen?
Axel Krämer: Die Dauer des Initiierungsprozesses und die damit verbundenen Kosten sind ganz unterschiedlich. Beides hängt nicht nur von der Größe des Unternehmens ab, sondern auch von der Komplexität der bestehenden Prozesse und den spezifischen Anforderungen an das Energiemanagement. Ein produzierendes Unternehmen mit beispielsweise 10 verschiedenen Produktionslinien wird voraussichtlich mehr Ressourcen in die Analyse und Identifikation von Effizienzmaßnahmen investieren müssen als ein vergleichbares Unternehmen mit identischen Produktionslinien.
Unternehmen sollten mindestens sechs Monate für die Einführung einplanen. Auch die Gesamtkosten variieren entsprechend. Die Höhe und Aufteilung interner/externer Kosten sind davon abhängig, wie viel Know-how und Kapazität im Unternehmen vorhanden sind. Einige Unternehmen benötigen möglicherweise keine externe Unterstützung bei der Einführung oder beispielsweise beim Aufbau von Messstellen, während andere auf entsprechende Dienstleistungen angewiesen sind. Unabhängig davon fallen jedoch in jedem Fall (Re-)Zertifizierungskosten an.
Das BAFA hat eine Studie zur Wirkung von Energiemanagementsystemen veröffentlicht, die sich mit den Kosten und deren Verteilung beschäftigt. Das ist sicherlich ein erster Anhaltspunkt, mit dem Unternehmen rechnen können. Es existieren Firmen, die ihre Zertifizierungskosten unter 10.000 Euro halten können, während andere die in der BAFA-Übersicht dargestellten Kostenrahmen deutlich überschreiten.

Quelle: Studie zur Wirkung von Energiemanagementsystemen (2022), S. 32
KEAN: Das sind auf den ersten Blick nicht unerhebliche Aufwendungen. Mit welchen Kosteneinsparungen kann das Unternehmen kalkulieren? Wie entwickeln sich die Einsparungen im Zeitverlauf?
Axel Krämer: Das hängt auch hier stark von der Branche, Struktur und Alter eines Unternehmens ab. Die Studie des BAFA zeigt, dass die Energieeffizienzpotenziale bei einem systematisches EnMS im Zeitverlauf konstant bleiben und dauerhaft realisiert werden können. Einsparungspotenziale von 3 % bis 4 % p.a. sind durchaus realistisch und können zu entsprechenden Kosteneinsparungen führen.
KEAN: Welche technischen Voraussetzungen müssen für ein EnMS erfüllt sein?
Axel Krämer: Die Norm fordert weder eine bestimmte Anzahl an Messungen noch eine bestimmte Software zur Aufbereitung der Datensammlung. Im Bereich der Messtechnik muss sichergestellt werden, dass die erfassten Daten für die Größe und Komplexität des Energiemanagements geeignet sind. Diese Daten sollten ausreichend aussagekräftig sein, um den Betrieb zu verstehen und Verbesserungen vorzunehmen. Zusammengefasst: Wir benötigen passende Daten für eine effektive Analyse, Planung und Verbesserung.