Energieeffizienz in kleinen und mittleren Unternehmen

Interview: Energiekennzahlen ermitteln in Unternehmen

Der Energieberater Alexandre Trich unterstützt seit vielen Jahren Unternehmen bei der Erstellung von Energieaudits, Energiekonzepte und bei Energiemanagementsystemen. Wir haben mit ihm über wichtige Grundlagen rund um Energieleistungskennzahlen, besser bekannt als Energy Performance Indicators (EnPIs), gesprochen.

KEAN: Wie werden Energiekennzahlen gebildet? Was gilt es zu beachten?

Alexandre Trich: Voraussetzung für die Bildung von EnPIs ist laut der ISO 50001 die sogenannte „energetische Bewertung“ - also die systematische Erfassung und Analyse der relevanten Energieverbrauchswerte des jeweiligen Unternehmens. Das Ziel ist die Identifikation der Hauptverbraucher eines Unternehmens und die entsprechende Aufdeckung von Effizienzpotenzialen. Für jeden der Hauptenergieverbraucher und dem wesentlichen Energieeinsatz, [engl. significant energy use (SEU)] werden in einem nächsten Schritt geeignete EnPIs definiert. Hierfür werden i.d.R. Verhältniskennzahlen gebildet, da absolute Kennzahlen allein, wie der Energieverbrauch in kWh, weniger aussagekräftig sind.

Bei der Bildung der EnPI sollte darauf geachtet werden, dass die gewählte Bezugsgröße für die Einheit Relevanz hat. Der spezifische Energieverbrauch pro produzierte Menge in Stück oder verarbeiteter Materialmenge (z. B. in kg) für einen Produktionsprozess etwa sind passende Beispiele. Ein weiteres Beispiel könnte der Energieverbrauch pro m2 Nutzungsfläche für ein Gebäude sein. Bei der Bildung der EnPIs sollte vor allem der Nutzen bzw. das Produkt betrachtet werden, für dessen Herstellung eine energetische Komponente aufgewandt wurde.

KEAN: Welche Einflussfaktoren sind bei der Bildung von Kennzahlen relevant?

Alexandre Trich: Neben Indikatoren wie dem Energieverbrauch gilt es, auch wesentliche statische und variable Einflussfaktoren zu berücksichtigen, die den Energieverbrauch und die Energieeffizienz der großen Endenergieverbraucher (SEU) beeinflussen. Nur dann ist eine Energieleistungskennzahl laut der ISO 50006 vollständig.

Einflussfaktoren könnten z. B. Außentemperatur oder Materialfeuchte sein. Eine typische Variable für einen Produktionsprozess ist beispielsweise die Produktionsmenge pro Stunde, welche die Maschinenauslastung und den Energieverbrauch stark beeinflusst. Ein erfahrener Techniker, der für einen Prozess im Unternehmen zuständig ist, kann normalerweise viele Einflussfaktoren und Variablen benennen. Diese sollten aber entsprechend auf Wesentlichkeit analysiert werden.

Ferner müssen EnPI, um wirklich aussagekräftig zu sein, häufig einer Normierung unterzogen werden. So sollte etwa der Energieverbrauch pro Quadratmeter anhand der Witterung (z. B. Tagesaußentemperatur) bereinigt werden. Es ist auch typisch, dass spezifischer Energieverbrauch (EnPI) sich mit der Auslastung einer Maschine wesentlich ändert, das kann auch bei einer Normalisierung berücksichtigt werden.

Abb.: Methodik zur Bildung und Verwendung von EnPI, eigene Darstellung (Quelle: Limón GmbH)

 

KEAN: Welche Kennzahlen wären aussagekräftig?

Alexandre Trich: In einem metallverarbeitenden Betrieb kann es z. B. der Energieverbrauch pro Tonne Artikel sein. Für ein größeres mittelständisches Spritzgussunternehmen wäre hingegen die Kilowattstunde pro verarbeiteter Kunststoffmenge als EnPI geeignet. Im Einzelhandel ist die Verkaufsfläche ein typischer Leistungsparameter für ein Unternehmen. Dementsprechend können die Kennzahlen pro m2 ausgelegt werden.

In der Hotel-Branche wird typischerweise ein festes Objekt mit einer konstanten Fläche betrachtet. Allerdings können unterschiedliche, für die Wirtschaftlichkeit wichtige Leistungsgrößen von der Geschäftsführung priorisiert (z.B. Zimmerbelegung) und bei der Bildung der energetischen Kennzahlen berücksichtigt werden.

Kontakt

Neele Birnbaum

0511 89 70 39-19
neele.birnbaum [at] klimaschutz-niedersachsen.de

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